19. August 2020

Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2020

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Am 20.07.2020 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) veröffentlicht, welches zahlreiche Gesetzesänderungen in verschiedenen Steuergesetzen vorsieht. Im Folgenden möchten wir Ihnen einen Überblick über ausgewählte steuerliche Änderungen geben. 

Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2020: die Gründe

Die Jahressteuergesetze fassen die zahlreichen Änderungen im Bereich des Steuerrechts zusammen und haben in der Regel einen thematischen Schwerpunkt. In den letzten Jahren stand die Förderung der Elektromobilität stets im Mittelpunkt der Jahressteuergesetze. Der Entwurf zum JStG 2020 enthält in diesem Jahr unterschiedliche Änderungen, ohne einen bestimmten thematischen Schwerpunkt zu setzen.

Laut BMF ergeben sich die zahlreichen Gesetzesänderungen im Rahmen des JStG 2020 aus dem „fachlich notwendigen Gesetzgebungsbedarf“. Hierzu zählen insbesondere notwendige Gesetzesänderungen zur Anpassung an das EU-Recht, der Rechtsprechungen seitens des Europäische Gerichtshofs und des Bundesfinanzhofs. Auch die Corona-Krise hat einen entscheidenden Einfluss auf den Entwurf zum JStG 2020 genommen.

Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2020: Änderungen im Einkommensteuerrecht

Anpassung der Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG

Die bisherige Regelung des § 7g EStG ermöglicht es Unternehmern, unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 40% der voraussichtlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern gewinnmindernd zu berücksichtigen (Investitionsabzugsbetrag). Eine dieser Voraussetzungen ist die ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Wirtschaftsguts. Von einer betrieblichen Nutzung ist bislang auszugehen, wenn diese mindestens 90% beträgt.

Gemäß dem JStG 2020 soll für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2019 enden, eine 50%-ige betriebliche Nutzung bereits ausreichend sein. Ferner soll der mögliche Investitionsabzugsbetrag von 40% auf 50% erhöht werden.

Zukünftig soll ebenfalls die geltende Gewinngrenze als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags in Höhe von 125.000 Euro für alle Einkunftsarten vereinheitlicht werden.

Corona-Krise 2020 als wirtschaftliche Belastung

Da zahlreiche Unternehmer durch die Corona-Krise im Jahr 2020 wirtschaftlich belastet wurden, zielen die vorgenannten Änderungen auf eine erleichterte Anwendung der steuervorteilhaften Regelung des § 7g EStG ab. Der Investitionsabzugsbetrag mindert den steuerlichen Gewinn, sodass die Unternehmer grundsätzlich von einer geringeren steuerlichen Belastung profitieren.

Wichtig: Nichtsdestotrotz wird durch die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags gleichzeitig die steuerliche Abschreibungskapazität für die Folgejahre verringert, sodass lediglich eine zeitliche Verlagerung der Besteuerung erfolgt. Sie erreichen mit einem Investitionsabzugsbetrag also quasi nur eine Steuerstundung.

Aufwendungen bei der verbilligten Wohnraumvermietung

Wird eine Wohnung günstig vermietet, können die mit der Wohnung zusammenhängenden Kosten steuerlich zu 100% als Werbungskosten berücksichtigt werden, sofern die Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt. Liegt die Miete unter 66 %, muss die Vermietung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt werden. In diesem Fall können die Kosten nur teilweise berücksichtigt werden.

Ab dem 01.01.2021 soll die Grenze von 66% auf 50% sinken.

Liegen die Einnahmen jedoch zwischen 50% und 66% muss eine sogenannte Totalüberschussprognose vorgenommen werden. Diese entscheidet letztlich, ob die Kosten zu 100% zu berücksichtigen oder auszuteilen sind.

Stichwort Totalüberschussprognose: Die Prognoserechnung zum Nachweis einer Einkünfteerzielungsabsicht geht in der Regel über 30 Jahre, das heißt, der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass seine vermietende Tätigkeit über einen Zeitraum von 30 Jahren einen prognostizierten Totalgewinn erzielen wird.

Definition der Zusätzlichkeitsvoraussetzung bei Arbeitgeberleistungen

Viele Steuerbegünstigungen hängen davon ab, ob bestimmte Arbeitgeberleistungen „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” erbracht werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) verneint in seinen Urteilen, dass bestimmte Steuervergünstigungen für Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder -umwandlung durch die Zusätzlichkeitsvoraussetzung ausgeschlossen werden. Voraussetzung sei lediglich, dass der Arbeitslohn zugunsten verwendungs- oder zweckgebundener Leistungen des Arbeitgebers arbeitsrechtlich wirksam herabgesetzt wird. Die Finanzverwaltung wendet die für die Steuerpflichtigen günstige Rechtsprechung allerdings nicht an.

Mit der neuen Regelung durch das JStG 2020 soll nun klargestellt werden, dass nur echte zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers auch tatsächlich begünstigt sind. Damit würde die Auffassung der Finanzverwaltung für Zeiträume nach dem 31.12.2019 gesetzlich festgeschrieben sein.

Begriff der Kapitalforderung wird erweitert

Um auch gezielt Kapitalanlagen steuerlich zu erfassen, die auf Lieferungen von Gold oder anderen Edelmetallen gerichtet sind und per Zertifikatenhandel vonstattengehen, wird ab 01.01.2021 eine Ergänzung des Begriffs der Kapitalforderungen in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG vorgenommen.

Digitaler Datenaustausch mit der privaten Krankenversicherung

Ab dem 01.01.2023 soll auch der digitale Datenaustausch zwischen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern möglich sein. Hierdurch entfällt die Papierbescheinigung endgültig.

Weitere Anpassungen

Ferner sollen zukünftig Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG auch bei beschränkt Steuerpflichtigen als Sonderausgaben berücksichtigt werden.

Dies soll für Beiträge gelten, die nach dem 31.12.2020 geleistet werden.

Und es soll bei der erhöhten Absetzung bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen bzw. denkmalgeschützten Objekten (§§ 7h und 7i EStG) sichergestellt werden, dass eine offensichtlich rechtswidrige Bescheinigung nicht als Nachweis anerkannt wird und keine Bindungswirkung entfaltet.

Diese Regelungen sollen (rückwirkend) erstmals ab dem 01.01.2020 gelten.

Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2020: Änderungen im Umsatzsteuerrecht

„Mehrwertsteuer-Digitalpaket“

Das sogenannte „Mehrwertsteuer-Digitalpaket“ soll ab 01.01.2021 weiter umgesetzt und digitale Schnittstellen in diesem Zusammenhang weiter ausgedehnt und zeitgleich neu eingeführt werden.

Der Mini-One-Stop-Shop (MOSS) soll nun auf Lieferungen innerhalb eines Mitgliedstaats über eine elektronische Schnittstelle, innergemeinschaftliche Fernverkäufe und alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet ausgedehnt werden. Und für Fernverkäufe von Gegenständen bis 150 Euro aus einem Drittland (nicht EU) wird ein neuer Import-One-Stop-Shop (IOSS) eingeführt.

Unternehmer, die die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung innerhalb der EU beginnt und endet, durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle unterstützen, wird es zur Verringerung von Verwaltungsaufwand erlaubt sein, das One-Stop-Shop-Verfahren in Anspruch zu nehmen, um Umsatzsteuer auf inländische Lieferungen, bei denen die Beförderung oder Versendung der gelieferten Gegenstände im selben Mitgliedstaat beginnt und endet, anzumelden und zu entrichten.

Reverse-Charge-Verfahren bei Telekommunikationsdienstleistungen

Die Umkehr der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger soll ab dem 01.01.2021 auch für Telekommunikationsdienstleistungen gelten. Allerdings wird diese Regelung auf Wiederverkäufer beschränkt und soll nicht allgemein gelten.

Rechnungsberichtigung kein rückwirkendes Ereignis

Im Rahmen einer Gesetzesänderung in § 14 Abs. 4 S.4 UStG soll nun ausdrücklich geregelt werden, dass eine Rechnungsberichtigung kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S.1 Nr.2 AO darstellt. Die Änderung soll somit die Finanzverwaltungsauffassung klarstellen, dass die Berichtigung einer Rechnung nicht dazu führt, dass ein Steuerbescheid unbegrenzt änderbar ist.

Dieses soll ab dem Tag der Gesetzesverkündung gelten.

Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2020: Änderungen im Erbschaftsteuerrecht

Ausgleichsforderung im Rahmen der Zugewinngemeinschaft

Um eine Doppelbegünstigung im Rahmen des Zugewinnausgleichs auszuschließen, soll eine fiktive Ausgleichsforderung von der Steuerbefreiung abgezogen werden. Nach § 5 Abs. 1 ErbStG besteht eine Steuerbefreiung in Höhe der Ausgleichsforderung nach § 1371 Abs. 2 BGB im Rahmen einer Zugewinngemeinschaft. Hierfür wird das Verhältnis zwischen dem um die Steuerbefreiungen geminderten Wert des Endvermögens und dem Wert des Endvermögens zugrunde gelegt.

Dieses soll ab dem Tag der Gesetzesverkündung gelten.

Berücksichtigung früherer Erwerbe

Wird die Steuerfestsetzung für einen sogenannten Vorerwerb (frühere Schenkung oder Erbschaft innerhalb von 10 Jahren) aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert, soll nun eine Änderungsmöglichkeit zur Korrektur einer Steuerfestsetzung für den nachfolgenden Erwerb geschaffen werden. Dadurch soll erreicht werden, dass eine entsprechende Steuerfestsetzung für den Nacherwerb geändert werden kann.

Dieses soll ab dem Tag der Gesetzesverkündung gelten.

Schulden und Lasten werden anteilig berücksichtigt

Schulden und Lasten sind im Rahmen der Erbschaft-/Schenkungsteuer dann nicht abzugsfähig, sofern diese ganz oder teilweise mit steuerfreien Erwerben in Verbindung stehen. Durch eine Änderung soll nun eine nur anteilige Kürzung möglich sein, wenn diese nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögenswerten stehen.

Dieses soll ab dem Tag der Gesetzesverkündung gelten.

Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2020: Unsere Einschätzung

Der Entwurf zum Jahressteuergesetz 2020 beschreibt umfassende Anpassungen und Änderungen. Die oben genannten Maßnahmen sollen Ihnen einen ersten Eindruck geben. Mit der Veröffentlichung des finalen JStG 2020 werden wir Sie gerne über weitere relevanten Aspekte unterrichten.

 

 

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