14. Oktober 2020

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei Filmproduktionen

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Das aktuelle Prinzip der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung existiert seit 2008. Hier erfahren Sie alles zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung bei Filmproduktionen, wieso diese besonders betroffen sind und was Sie bei Erhalt des Steuerbescheids zur Gewerbesteuer tun sollten.

Was das Finanzamt nach § 8 Nr.1 Gewerbesteuergesetz für Zinsen, Mieten, Pachten oder Lizenzen gewinnbringend zum Gewerbeertrag hinzurechnet, hat immer wieder zu juristischen Auseinandersetzungen geführt. Dazu ist es wichtig, die gewerbesteuerliche Hinzurechnung grundsätzlich zu verstehen.

Was bedeutet gewerbesteuerliche Hinzurechnung?

Das aktuelle Prinzip der Hinzurechnung zum Gewerbeertrag gibt es seit 2008. Es besagt, dass alles, was sich gewinnmindernd als Finanzierungsaufwand auswirkt, anteilig dem Gewerbeertrag hinzugerechnet wird.

Warum Filmunternehmen besonders von der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung betroffen sind

Neben Schuldzinsen müssen zum Beispiel Miet- und Pachtzinsen, dazu gehören auch Leasingraten, für die Benutzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens hinzugerechnet werden. Zudem Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (Lizenzen). Dabei werden Lizenzen, die bereits der Künstlersozialkasse unterlegen haben, glücklicherweise nicht erneut berücksichtigt.

Der Gesetzgeber spricht von fiktivem Anlagevermögen. Hätte die Filmproduktion den Gegenstand gekauft anstatt gemietet, würde dieser im Anlagevermögen aktiviert. Deshalb stellt dies eine Finanzierung des Unternehmens dar und fließt in die gewerbesteuerliche Hinzurechnung ein.

Unterschiedliche Höhe der Gewerbesteuersätze der Städte zur Hinzurechnung

Die überwiegende Zahl der Filmunternehmen sind GmbHs. Für diese Gesellschaften ist die Gewerbesteuer oft höher als die Körperschaftsteuer. In München, Köln und Hamburg ist das zum Beispiel der Fall. In Berlin liegt die Gewerbesteuerlast etwa 1,5 Prozent unterhalb der körperschaftsteuerlichen Belastung. Umso ärgerlicher: Die Finanzverwaltung erweitert die Bemessungsgrundlage durch die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen.

Erhöhung des Hinzurechnungsfreibetrags auf 200.000 Euro sorgt für Entlastung, aber …

Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen uns, dass selbst bei kleineren Filmproduktionsgesellschaften die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen regelmäßig bei 60.000 bis 200.000 Euro liegen können. Daraus resultieren steuerliche Mehrbelastungen von nicht selten 30.000 Euro. Die Erhöhung des Hinzurechnungsfreibetrags auf 200.000 Euro sorgt für Entlastung. Darüber haben wir in unserem Blog bereits berichtet. Zu einer vollständigen Entlastung führt dies aber nicht, da der Freibetrag im Rahmen der steuerlichen Systematik auf einer unteren Ebene Berücksichtigung findet.

Diese Aufwendungen stehen bei gewerbesteuerlicher Hinzurechnung im Fokus

Bei Filmproduktionen sind nahezu sämtliche Gegenstände, die für eine Produktion angemietet werden, betroffen. Dazu zählen unter anderem:

  • Kameras,
  • Licht,
  • Kostüme,
  • Sprechfunkgeräte,
  • Arbeitsbühnen,
  • Motivmieten,
  • PKW,
  • LKW,
  • Schneideraum und Schnitttechnik,
  • sogar Tiere.

Ausnahme vom Prinzip der Hinzurechnung sind Lizenzzahlungen an Musikproduzenten, Autoren oder andere Personen. Die fallen raus, da sie bereits der Künstlersozialkasse unterliegen. So wird zumindest eine doppelte Belastung von Unternehmen der Filmbranche verhindert.

Alle Aufwendungen, die im Rahmen der Filmherstellung anfallen, gelten buchhalterisch als Aufwendungen. Sie werden häufig in der Projektbuchhaltung über die SESAM-Software erfasst. Unsere Empfehlung: Definieren Sie die betroffenen Konten schon im Vorfeld klar. Vermischen Sie Betriebskosten wie Kraftstoffe und Pkw-Mieten nicht miteinander. Filmgeschäftsführer sollten sich mit dem Thema Hinzurechnungen auskennen, um unschöne Überraschungen zu vermeiden. Erfolgt keine klare Trennung, kann die Finanzverwaltung die Beträge schätzen. Das sollten Sie unbedingt vermeiden.

Erfolgreiche Klagen gegen das fiktive Anlagevermögen in der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung

Die Finanzverwaltung spricht vom fiktiven Anlagevermögen. Hierzu gibt es bereits erfolgreiche Klagen. Jüngst hat das Finanzgericht Münster in einem Urteil vom 9. Juni2020 entschieden, dass es sich bei der Anmietung von Messestellplätzen nicht um fiktives Anlagevermögen handelt, da diese nicht permanent vorhanden sind.

Wie verhält es sich mit Kostümen der Requisite? Kann dieser Grundsatz auch für die Anmietung von Kostümen gelten? Sie werden individuell angefertigt und meist nicht für ein weiteres Filmprojekt verwendet. Es sind noch eine Reihe weiterer Verfahren vor Gerichten anhängig. Seit längerem werden die Gewerbesteuer-Messbetragsbescheide mit einem Vermerk versehen.

Besondere Bedeutung für die Filmbranche hat ein seit dem 18.05.2018 beim BFH anhängiges Verfahren, dass in der Vorinstanz vor dem FG Berlin-Brandenburg am 25. Oktober 2017 entschieden wurde. Hier hat eine Filmproduktionsgesellschaft gegen die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen bei der Anmietung von Räumlichkeiten, technischer Ausstattung, Requisiten und Kostümen zur Herstellung von Filmen geklagt. Das Verfahren wurde zunächst vor dem Finanzgericht verloren. Da eine Revision zugelassen wurde, muss sich nunmehr der Bundesfinanzhof damit beschäftigen und kann höchstrichterlich darüber urteilen. Die Grundsatzfrage ist auch hier: Handelt es sich bei den angemieteten Gegenständen um fiktives Anlagevermögen oder nicht? Eine Entscheidung bleibt abzuwarten.

Unsere Einschätzung

Halten Sie die betroffenen Gewerbesteuer-Messbetragsbescheide offen. Wenn die Bescheide nicht vorläufig festgesetzt werden, legen Sie beim zuständigen Finanzamt Einspruch ein und beantragen Sie ein Ruhen des Verfahrens. Sollte der Bundesfinanzhof zugunsten der Filmbranche entscheiden, profitieren Sie nur davon, wenn die Bescheide noch geändert werden können. Achten Sie auch darauf, dass die Bescheide nach einer Betriebsprüfung weiterhin vorläufig bleiben.

Sprechen Sie uns an! Wir unterstützen Sie gerne.

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