3. April 2024
Gewerbliches Mietrecht: Und wieder grüßt das Schriftformerfordernis
Nach den Reformplänen des Bundesjustizministeriums sollte das Schriftformerfordernis für Mietverträge nach dem IV. Bürokratieentlastungsgesetz endgültig gestrichen werden. Hatte das Justizministerium unter Justizminister Marco Buschmann (FDP) noch in einem sogenannten Eckpunktepapier vom 30.08.2023 medienwirksam die Abschaffung der Schriftform proklamiert, entschied das Bundeskabinett Anfang März 2024 aber fast unbemerkt über die Beibehaltung der Schriftform.
Die Bundesregierung hatte sich schon vorher gegen die Streichung des Schriftformerfordernisses ausgesprochen. Das Argument: § 550 S. 1 BGB diene dem Schutz des/der Käufer:in, der nach dem Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ in das bestehende Mietverhältnis nebst allen vereinbarten Verpflichtungen eintritt.
Umso wichtiger ist es jetzt für Vermieter:innen, beim Abschluss eines Mietvertrages und bei Vertragsänderungen auf die Einhaltung der Schriftform zu achten. Was Sie zum Schriftformerfordernis wissen sollten, lesen Sie hier.
Welche Anforderungen stellt die gesetzliche Schriftform überhaupt?
Gemäß §§ 578, 550, 126 BGB bedarf ein Mietvertrag mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr der Schriftform. Demnach muss zunächst die äußere Form des Vertrages gewahrt sein, also:
- die eigenhändige Unterschrift beider Parteien auf einer Urkunde,
- der räumliche Abschluss der Unterschriften unter dem Urkundentext,
- die körperliche Verbindung der einzelnen Seiten und fortlaufende Paginierung,
- die ausdrückliche Verweisung auf Anlagen zum Mietvertrag,
- die elektronische Form nur mit elektronischer Signatur der Parteien nach §§ 126 Abs. 3, 126 a BGB.
Erforderlich ist zudem, dass die wichtigsten Vertragsbestimmungen und alle wesentlichen Vertragsänderungen dem Schriftformerfordernis entsprechen. Beispiele für die wesentlichen Änderungen, die der Schriftform unterliegen, sind
- jede Form der rechtsgeschäftlichen Änderung der Vertragsparteien,
- grundsätzlich jede Änderung der Mietfläche (z.B. Erweiterung oder Reduzierung der vermieteten Flächen oder Anmietung von Außenflächen),
- die nachträgliche Zusicherung von Eigenschaften,
- jede Form von Zahlungsumstellung der Miete (Fälligkeitstermin),
- jede Änderung der Umlage und Abrechnung von Betriebskosten,
- jede Verlängerung des Mietvertrages über ein Jahr hinaus,
- nachträgliche Erlaubnis der Untervermietung.
Wesentlich sind nach der Rechtsprechung die Vertragsänderungen, die sich auf den Mietgegenstand, die Miete, den Mietzweck, die Vertragsparteien und die Laufzeit erstrecken. Darüber hinaus gibt es zahlreiche unwesentliche Änderungen, die nach der Rechtsprechung der Schriftform unterliegen.
Welche Rechtsfolgen hat ein Verstoß gegen die Schriftform?
Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis ergeben sich direkt aus dem Gesetz. So heißt es in § 542 Abs. 1 BGB: „Ist die Mietzeit nicht bestimmt, so kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis nach den gesetzlichen Vorschriften kündigen.“ Wurde die Schriftform verfehlt, ist das Mietverhältnis mit den gesetzlichen Fristen kündbar. Im gewerblichen Mietverhältnis sind das in der Regel sechs Monate zum jeweiligen Quartalsende. Längere, im Vertrag vorgesehene Kündigungsfristen sind nicht anzuwenden (BGH, NZM 2000, 545). Dem oder der Mieter:in ist es also möglich, den Mietvertrag vorzeitig zu kündigen. Er bzw. sie ist nicht bis zum Ablauf der Befristung an den Mietvertrag gebunden. Grundsätzlich darf sich jede Vertragspartei auch noch Jahre nach Abschluss des Mietvertrages darauf berufen, dass die für den langfristigen Mietvertrag vorgesehene Form nicht eingehalten ist.
Gewerbliches Mietrecht: Können Schriftformmängel geheilt werden?
Ja, aber nur ein formgerechter Nachtrag, der ursprüngliche Mängel der Schriftform beseitigt, führt zur Wahrung der Schriftform (BGH, NZM 2021, 472 Rn.15; 2009, 515; OLG Düsseldorf, OLGR 2008, 171). Dies jedoch nur dann, wenn er eine Bezugnahme auf die Schriftstücke enthält, aus denen sich sämtliche wesentlichen Vereinbarungen ergeben (BGH, NZM 2008, 484; s.o. Rz. 92).
Die ehemals weit verbreiteten Schriftformheilungsklauseln, nach denen die Vertragsparteien sich verpflichten, sich nicht auf Schriftformmängel zu berufen, sind nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 2017, 3772; NZM 2018, 515) unwirksam. Eine sog. salvatorische Klausel führt ebenfalls nicht zur Heilung von Formmängeln. Nach dem Bundesgerichtshof liege nämlich keine Unwirksamkeit vor, sondern es sei nur eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit gegeben.
Unsere Einschätzung
Die Reformpläne zur Streichung des Schriftformerfordernisses scheinen nun endgültig vom Tisch zu sein.
Auch wenn wir uns das im Sinne des Bürokratieentlastungsgesetzes anders gewünscht hätten. Es ist deshalb dringend dazu zu raten, bei jeder nachträglichen Änderung eines Miet- oder Pachtvertrages im Hinblick auf die vertragswesentlichen Elemente (Vertragsparteien, Mietobjekt, Miete und Laufzeit des Vertrags) darauf zu achten, dass die Vereinbarung verschriftlicht wird. Das gilt besonders bei gewerblichen Miet- und Pachtverträgen, die den wirtschaftlichen Wert einer Immobilie abbilden.