21. April 2020

“Corona-Elterngeld” und Kinderbetreuung in der Krise: Rechte & Pflichten der Arbeitnehmer

Inhaltsverzeichnis

Die schrittweise Wiedereröffnung des Einzelhandels ist beschlossen. Doch der Schritt zurück in die Normalität stellt Arbeitnehmer mit Kindern vor Probleme mit der Kinderbetreuung in der Krise. Wir fassen für Sie die rechtliche Lage zusammen.

Schließlich öffnen Schulen und Kitas nicht im gleichen Umfang wie Geschäfte. Ab dem dritten Mai sollen die Schulen schrittweise wieder öffnen. Dabei werden allerdings zunächst die Abschlussklassen den Unterricht wieder aufnehmen, bei denen ohnehin kein relevantes Betreuungsproblem besteht.

Über den zeitlichen Ablauf der Wiedereröffnung auch für die jüngeren Jahrgänge oder einen Fahrplan für Kitas ist bislang nichts bekannt. Dennoch müssen nun immer mehr Arbeitnehmer mit kleinen Kindern ihre Arbeit wieder aufnehmen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsförderung (DIW) fordert daher ein “Corona-Elterngeld”. Wir fassen die gesetzlichen Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer in dieser besonderen Situation zusammen und stellen die Forderungen der DIW vor.

Pflichten des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich zur Arbeitsleistung verpflichtet (§§ 611, 613 BGB). Daran ändert auch die Corona-Krise nichts.

Ebenso ist der Arbeitnehmer auch in der Krise weiterhin verpflichtet, die Kinderbetreuung zu organisieren.

Rechte des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer ist berechtigt, die Arbeitsleistung aufgrund der Betreuungssituation zu verweigern (§ 275 Abs. 3 BGB). Dabei besteht sogar der Anspruch auf eine Lohnfortzahlung weiterhin (§ 616 BGB). Das gilt jedoch nur, wenn die Leistungsverweigerung eine “verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit” andauert.

Allerdings lässt es sich nicht eindeutig beantworten, ob die behördlich angeordnete Schließung von Kitas und Schulen die Voraussetzungen des § 616 BGB, der die Lohnfortzahlung garantiert, erfüllt.

Mögliche Ansprüche des Arbeitnehmers

Dem Arbeitnehmer stehen möglicherweise Ansprüche auf unbezahlte Freistellung oder Ansprüche auf Entschädigung aus dem Impfschutzgesetz zu. Diese sind im Einzelfall zu prüfen.

DIW fordert ein “Corona-Elterngeld”

Angesichts der aktuellen Situation fordern Ökonominnen und Ökonomen des DIW ein sogenanntes “Corona-Elterngeld”. Es soll Eltern entlasten, die ihr täglich genutztes System zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Corona-Krise nicht nutzen können. 4,2 Millionen Familien mit Kindern bis zu zwölf Jahren sind laut DIW aktuell betroffen.

Diese sollen durch eine Kombination aus “Corona-Elterngeld” und “Corona-Elternzeit” Unterstützung erhalten. Dazu schlägt das DIW vor, dass Eltern einen Rechtsanspruch auf Arbeitszeitreduzierung mit entsprechendem Kündigungsschutz und einer eventuellen Einkommensersatzleistung erhalten. Die entsprechenden Ersatzleistungen solle der Staat finanzieren.

Die Maßnahme sollten Familien, in denen beide Elternteile gemeinsam mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten, in Anspruch nehmen können. Um Geschlechterunterschiede bei Erwerbs- und Sorgearbeit nicht zu verschärfen, schlägt das DIW vor, die Gelder nur solchen Paaren zu gewähren, in denen beide Elternteile die Arbeitszeit reduzieren.

Eltern sollen die Maßnahmen beim jeweiligen Arbeitnehmer beantragen können.

Unsere Einschätzung

In der aktuellen Situation, die für Arbeitnehmer und Arbeitgeber riesige Herausforderungen mit sich bringt, sind Absprachen und Einzelfallregelungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unerlässlich.

Mit Blick auf die Situation der jeweils anderen Seite sollten Sie unkompliziert und zügig Vereinbarungen treffen, die das gegenseitige Vertrauen auch mit Blick auf die Zeit nach der Krise stärken.

Schließlich besteht ein beidseitiges Interesse daran, dass Eltern während ihrer Arbeitszeit darauf vertrauen können, dass die Kinder in guter Betreuung sind. In diesen Zeiten ist das oftmals nur mit einer Entlastung am Arbeitsplatz zu bewerkstelligen.

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

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