
18. August 2025
Mindeststeueranpassungsgesetz 2025: Neue Herausforderungen für international tätige Unternehmen
Inhaltsverzeichnis
- Was regelt das Mindeststeueranpassungsgesetz?
- Welche Unternehmen sind vom Mindeststeueranpassungsgesetz betroffen?
- Welche steuerlichen und bilanziellen Auswirkungen hat das Gesetz?
- Gruppenträgermeldung: Frist und Pflicht
- Wie können sich Unternehmen auf das Mindeststeueranpassungsgesetz vorbereiten?
- Unsere Einschätzung
Das Mindeststeueranpassungsgesetz (kurz: MinStGAnpG) ist ein zentraler Schritt Deutschlands zur Umsetzung der globalen Steuerreformen im Rahmen der OECD-Initiative. Es betrifft insbesondere die Einführung einer effektiven globalen Mindestbesteuerung für international agierende Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro. Das Gesetz bringt umfangreiche Änderungen im internationalen Steuerrecht mit sich – darunter neue Regelungen zu latenten Steuern, zur CbCR Safe-Harbour-Regelung und zur steuerlichen Behandlung grenzüberschreitender Konzernstrukturen.
Im Dezember 2023 und Juni 2024 veröffentlichte das OECD/G20 Inclusive Framework umfassende Verwaltungsleitlinien, die konkrete Umsetzungsvorgaben für die Mitgliedsstaaten enthalten. Der deutsche Gesetzgeber reagiert hierauf mit dem Entwurf zum Mindeststeueranpassungsgesetz, das auch Änderungen an bestehenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG), des Außensteuergesetzes (AStG) und des Investmentsteuergesetzes (InvStG) vorsieht.
Was regelt das Mindeststeueranpassungsgesetz?
Das Mindeststeueranpassungsgesetz setzt die EU-Richtlinie 2022/2523 in deutsches Recht um. Es regelt die Einführung und Umsetzung einer effektiven globalen Mindestbesteuerung von 15 % für große Unternehmensgruppen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Einführung sogenannter Safe-Harbour-Regelungen für Country-by-Country-Reporting (CbCR), die eine vereinfachte Beurteilung der Steuerlast einzelner Konzerngesellschaften ermöglichen sollen.
Zudem werden neue steuerliche Regeln für die Behandlung von transparenten Einheiten eingeführt, um die Ermittlung der effektiven Steuerbelastung in internationalen Konzernstrukturen zu vereinheitlichen. Auch die Berücksichtigung von latenten Steuern im MinStG wird umfassend neu geregelt, wobei das Aktivierungswahlrecht nach § 274 HGB ausdrücklich in die Mindestbesteuerung einbezogen wird. Damit haben latente Steuerpositionen künftig unmittelbaren Einfluss auf die Mindeststeuerverpflichtung – ein Paradigmenwechsel in der steuerlichen Bewertung.
Ergänzt wird der Gesetzentwurf um eine Vielzahl weiterer Detailänderungen, etwa zur Vermeidung von Umwandlungshemmnissen (steuerfreie Übernahmegewinne) und zur Präzisierung von Gewinnzurechnungen bei hybriden und transparenten Strukturen.
Welche Unternehmen sind vom Mindeststeueranpassungsgesetz betroffen?
Die Neuregelungen betreffen in erster Linie international tätige Konzerne, die unter die Schwelle des Country-by-Country Reporting fallen. Dabei handelt es sich typischerweise um Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro. Aber auch kleinere Unternehmen mit besonderen Beteiligungsstrukturen – etwa Holdinggesellschaften mit ausländischen Tochtergesellschaften – können mittelbar betroffen sein, insbesondere wenn sie in eine steuerlich relevante Struktur integriert sind.
Besonders aufmerksam sollten auch Unternehmen mit komplexen Finanzierungs- oder Beteiligungsmodellen sein, die auf hybriden Gesellschaften, transparenten Einheiten oder stillen Beteiligungen beruhen. Das neue Gesetz betrifft nicht nur die Steuerlast im Inland, sondern setzt auch auf eine koordinierte Betrachtung der Steuerwirkungen im Ausland.
Darüber hinaus müssen Organträger:innen, deren Organgesellschaften internationale Aktivitäten entfalten, die Auswirkungen auf die gewerbesteuerliche und körperschaftsteuerliche Organschaft neu bewerten – insbesondere im Hinblick auf latente Steuerpositionen und deren Behandlung im Konzernabschluss.
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Welche steuerlichen und bilanziellen Auswirkungen hat das Gesetz?
Die steuerlichen Auswirkungen der Mindestbesteuerung sind weitreichend. Unternehmen müssen künftig nicht nur eine effektive Steuerquote von mindestens 15 % sicherstellen, sondern auch eine deutlich erweiterte Dokumentationspflicht erfüllen. Die CbCR Safe-Harbour-Regelung erlaubt zwar Vereinfachungen, stellt aber auch hohe Anforderungen an die inhaltliche Qualität der Berichtsdaten.
Besonders brisant ist die Behandlung von latenten Steuern im MinStG: Anders als im klassischen Steuerrecht beeinflussen temporäre Differenzen – wie beispielsweise Abschreibungen oder Abweichungen zwischen Steuer- und Handelsbilanz – unmittelbar die Beurteilung, ob die Mindeststeuer erreicht wurde. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Aktivierungswahlrecht nach § 274 HGB bei der Ermittlung der Steuerbasis berücksichtigt werden kann. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Bewertung und den Aktivüberhang latenter Steuern innerhalb der steuerlichen Konsolidierung detailliert zu dokumentieren.
Bilanzielle Auswirkungen zeigen sich insbesondere bei Umstrukturierungen. Durch die steuerfreie Behandlung von Übernahmegewinnen bei Verschmelzungen wird künftig vermieden, dass rein buchhalterische Gewinne eine Steuerpflicht auslösen. Allerdings bleiben sogenannte Umkehrverluste steuerlich unbeachtlich, was die Gestaltungsmöglichkeiten einschränken kann.
Gruppenträgermeldung: Frist und Pflicht
Die Gruppenträgermeldung im Rahmen von Pillar 2 ist für inländische Gesellschaften, die Teil einer internationalen Unternehmensgruppe sind, von besonderer Bedeutung. Sie dient der offiziellen Mitteilung, welche Einheit als Gruppenträger für die Erfüllung der Meldepflichten in Deutschland verantwortlich ist. Für Unternehmen mit kalenderjährlichem Geschäftsjahr endete die Abgabefrist für diese Meldung am 28. Februar 2025. Auch wenn dieser Termin bereits verstrichen ist, besteht weiterhin die Möglichkeit und Verpflichtung, die Meldung vorzunehmen – allerdings sollte dies zeitnah geschehen.
Wir prüfen für Sie gerne, ob für Ihre deutschen Gesellschaften eine Abgabeverpflichtung zur Gruppenträgermeldung besteht, und übernehmen auf Wunsch auch direkt die Einreichung beim Bundeszentralamt für Steuern. So stellen wir sicher, dass Ihre Meldepflichten vollständig und korrekt erfüllt werden. Aufgrund der bereits abgelaufenen Frist ist zeitnahes Handeln empfehlenswert, damit Ihre Unterlagen vollständig vorliegen. Sprechen Sie uns gerne an – wir begleiten Sie durch den Prozess.
Wie können sich Unternehmen auf das Mindeststeueranpassungsgesetz vorbereiten?
Unternehmen sollten frühzeitig aktiv werden, um die Einhaltung der neuen Vorschriften sicherzustellen. Die folgenden Maßnahmen sind aus Beratungssicht besonders wichtig:
- Analyse der bestehenden Beteiligungsstruktur hinsichtlich der effektiven Steuerquote in allen Ländern, in denen Tochtergesellschaften aktiv sind.
- Bewertung und Dokumentation latenter Steuern, einschließlich der Anwendung des Aktivierungswahlrechts nach § 274 HGB, um steuerliche Risiken bei temporären Differenzen zu minimieren.
- Implementierung eines internen Prozesses für das CbCR-Reporting unter Einbeziehung der neuen Safe-Harbour-Regelungen.
- Überprüfung bestehender Umstrukturierungspläne im Hinblick auf steuerliche Auswirkungen unter dem neuen Recht – insbesondere bei Verschmelzungen, Spaltungen oder Einbringungen.
Nicht zuletzt ist eine enge Abstimmung zwischen Steuerabteilung, Bilanzierung, Controlling und ggf. Rechtsberatung erforderlich. Die Vielzahl an Anpassungen betrifft nicht nur die Steuerquote, sondern auch internationale Compliance-Pflichten, Meldepflichten und strategische Bilanzierungsentscheidungen.
Unsere Einschätzung
Das Mindeststeueranpassungsgesetz zeigt deutlich: Steuerplanung wird internationaler, komplexer und transparenter. Die neuen Vorgaben zur globalen Mindestbesteuerung und die Einbeziehung von latenten Steuern führen dazu, dass steuerliche Spielräume stärker begrenzt und gleichzeitig transparenter dokumentiert werden müssen.
In der Praxis bringt das Gesetz für Unternehmen sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Die Möglichkeit, latente Steuern zu aktivieren und in die Ermittlung der Mindeststeuerquote einzubeziehen, kann sich positiv auswirken – verlangt aber eine tiefgehende Kenntnis handels- und steuerbilanzieller Zusammenhänge. Gleichzeitig bedeutet das neue Recht, dass steuerliche Fehlbewertungen oder nicht optimal gewählte Strukturen zu echten Mehrbelastungen führen können.
Unsere Empfehlung: Unternehmen sollten jetzt eine strukturierte Bestandsaufnahme durchführen, steuerliche Wahlrechte dokumentieren und die internationale Steuerquote regelmäßig analysieren. Auch die Anpassung interner Kontroll- und Berichtssysteme ist ratsam. So können Mandant:innen frühzeitig auf Risiken reagieren – und Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb des neuen Rechtsrahmens nutzen. Wenden Sie sich bei Fragen an unseren Experten Dennis Bork.