23. September 2020

Neukundengewinnung per E-Mail und SMS rechtssicher gestalten

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Die Neukundengewinnung oder auch -akquise gehört für viele Unternehmen zur Königs- und Schicksalsdisziplin gleichermaßen. Doch es gelten strenge juristische Grenzen. Hier erfahren Sie, wie Unternehmen ihre Neukundengewinnung per E-Mail und SMS rechtssicher gestalten.

In Zeiten der COVID-19-Pandemie ist das Werben um neue Kunden versandet oder zumindest erheblich schwieriger geworden. Gerade jetzt arbeiten existenzbedrohte Unternehmen mit aller Kraft an der Neukundenakquise. In den ersten beiden Teilen unserer Serie „Neukundengewinnung rechtssicher gestalten” ging es um rechtssichere Neukundengewinnung per Post und am Telefon.

Was Sie bei der Neukundengewinnung per E-Mail beachten müssen

Die elektronische Kommunikation ist aus dem unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht mehr wegzudenken. Allerdings ist es rechtlich längst nicht so unproblematisch, wie allgemein angenommen, E-Mails oder SMS zur Versendung von Werbung zu verwenden. Neben den umfassenden datenschutzrechtlichen Anforderungen, die an anderer Stelle erörtert werden sollen, sind weitere rechtliche Stolpersteine zu beachten. Dabei ist es unerheblich, ob Sie sich an Privat- oder Geschäftskunden wenden.

Hinweis: Wenn das Gesetz von „elektronischer Post“ spricht, sind damit E-Mails, SMS- und MMS-Nachrichten gemeint.

Keine E-Mails ohne ausdrückliche Opt-In-Verfahren

Aufmerksame Leser dieser Blogreihe können sich bereits vorstellen, dass der Kunde auch bei der elektronischen Akquise nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht in unzumutbarer Weise belästigt werden darf. Der Gesetzgeber bezieht sich insbesondere auf die Werbung per elektronischer Post.

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ist eine unzumutbare Belästigung stets dann anzunehmen, wenn Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten versandt wird.

So stellte der BGH in seinem Urteil vom 10. Juli 2018 (VI ZR 225/17) unmissverständlich klar, dass die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung ohne Einwilligung des Empfängers grundsätzlich einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellt!

Achtung: Die DSGVO-konforme Einwilligung zur Datenverarbeitung enthält keine Erlaubnis zur Versendung von Werbenachrichten. Dazu benötigen Sie besondere Genehmigungen des Kunden, die sogenannten „Opt-Ins“.

Unsere Empfehlung: Erstellen Sie mit unserer Hilfe ein wasserdichtes „Double-Opt-In“-Verfahren, um auf der sicheren Seite zu sein.

Werbung per E-Mail und SMS muss transparent sein

Wenn Sie die Zustimmung des Kunden eingeholt haben und die Werbenachricht formulieren, tritt § 6 Telemediengesetz (TMG) hinzu. Danach müssen Sie klar zu erkennen geben, dass es sich bei Ihrer elektronischen Nachricht um kommerzielle Kommunikation (§ 2 S. 1 Nr. 5 TMG) handelt. Ebenso klar muss Ihre Person bzw. Ihr Unternehmen dabei identifizierbar sein. Beides ist bereits in der Kopf- und Betreffzeile anzugeben!

Sie müssen ganz besonders vermeiden, dass der Empfänger vor Einsichtnahme in den Inhalt der Nachricht keine oder irreführende Informationen über die tatsächliche Identität des Absenders oder den kommerziellen Charakter der Nachricht erhält.

Ausnahmen für Bestandskunden bei Neukundengewinnung per E-Mail oder SMS

Der Gesetzgeber hat in § 7 Abs. 3 UWG allerdings auch einen (strengen) Ausnahmefall für Bestandskunden geregelt, bei dem eine Werbemail zulässig sein kann. Dies ist dann der Fall, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Sie die elektronische Postadresse des Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten haben,
  • Sie die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwenden,
  • der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat, und
  • der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Hierzu konkretisierte der BGH (Urteil vom 10. Juli 2018, VI ZR 225/17) bereits, dass es dem Verwender einer E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nach Abschluss einer Verkaufstransaktion zumutbar sei, dem Empfänger den Widerspruch zu ermöglichen, bevor er auf diese Art mit Werbung in die Privatsphäre des Empfängers eindringt. Ansonsten ist der Eingriff grundsätzlich rechtswidrig!

Unsere Einschätzung

Die elektronische (Online-)Ansprache ist Kernbestandteil moderner Vertriebsmodelle. Sie ist allerdings genauso schnell entworfen und gestartet, wie sie auch rechtliche Schwierigkeiten einbringen kann. Bereits die erste unzulässige E-Mail oder SMS begründet einen Unterlassungsanspruch.

Geboten ist daher eine Anwendung mit Augenmaß und eine regelmäßige rechtliche Begleitung des gewählten Akquisemodells. Eine erfolgreiche Strategie der Geschäftsvergrößerung sollte Ihnen neue Kunden und keine Abmahnungen, Bußgeld- oder gar Strafverfahren einbringen. Unsere Experten im Vertriebsrecht eruieren Ihr Online-Akquisemodell und beraten Sie konkret über rechtssichere Kundenansprache. Sprechen Sie uns gerne an.

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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