18. Juni 2021
Reform des Stiftungsrechts: Familienunternehmen fordern Nachbesserungen statt neue Rechtsform
Inhaltsverzeichnis
- Das Stiftungszivilrecht soll im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt werden
- Verbände begrüßen die Reform und kritisieren missverständliche Formulierungen im neuen Stiftungszivilrecht
- Reform des Stiftungsrechts beleuchtet eine Stiftung als Lösung einer Nachfolgeberatung und Restrukturierung
- GmbH im Verantwortungseigentum als Alternative zu Stiftungen bleibt
- Unsere Einschätzung
Bei der Reform des Stiftungsrechts fordern Familienunternehmen Nachbesserungen statt neue Rechtsformen. Hier erfahren Sie, worum es bei der geplanten Reform des Stiftungsrechts geht.
In einer öffentlichen Anhörung am 05. Mai 2021 im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz haben sich Sachverständige für umfangreiche Nachbesserungen an dem Gesetzesentwurf vom 31. Februar 2021 ausgesprochen. Zwar ist das Reformvorhaben grundsätzlich begrüßenswert, jedoch ist der Entwurf in Teilen noch missverständlich und problematisch.
Das Stiftungszivilrecht soll im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt werden
Das Stiftungszivilrecht soll durch die Reform im BGB geregelt werden. Bisher gab es dazu sowohl in den Landesstiftungsgesetzen als auch im BGB Regelungen. Dieses „Nebeneinander“ von Bundes- und Landesrecht führte in der Praxis oft zur Rechtsunsicherheit, da eine einheitliche und klare gesetzliche Grundlage für Stiftungen in Deutschland nicht existiert.
Mit der Reform werden neue Regelungen geschaffen hinsichtlich
- dem Namen der Stiftung
- dem Sitz und Vermögen der Stiftung
- Änderungen der Stiftungssatzung
- Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen.
Zudem werden viele bestehende Vorschriften geändert. Geplant ist darüber hinaus die Einführung eines zentralen Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung.
Verbände begrüßen die Reform und kritisieren missverständliche Formulierungen im neuen Stiftungszivilrecht
Die Verbände begrüßen zwar die Reform, kritisieren jedoch, dass einzelne geplante Gesetzesformulierungen problematisch und missverständlich seien. Sie kritisieren auch, dass der Entwurf teilweise durch die Sichtweise der Aufsichtsbehörden geprägt ist.
Hier sehen die Verbände Änderungsbedarf:
- Dem individuellen Stifterwillen bleibt in der aktuellen Novelle nur wenig Raum. Es fehlt eine Regelung, die Stiftungen in Niedrigzinsphasen unterstützt.
- Den finanziellen Möglichkeiten von Stiftungen wird bisher zu wenig Rechnung getragen.
- Die Gesetzeslücke, mit der durch die Wahl der Rechtsform einer Stiftung die unternehmerische Mitbestimmung ausgeschlossen werden kann, wurde nicht geschlossen.
- Der aktuelle Entwurf trägt nicht zur Entbürokratisierung bei.
Das Fazit der Verbände: Es besteht Bedarf für wesentliche Nachbesserungen und Klarstellungen.
Reform des Stiftungsrechts beleuchtet eine Stiftung als Lösung einer Nachfolgeberatung und Restrukturierung
Die Reform des Stiftungsrechts wirft in der Praxis das Licht auch wieder auf die Stiftung als Lösung im Rahmen der Nachfolgeberatung und Restrukturierung. Da Stiftungen häufig im Bereich der Gemeinnützigkeit verortet sind, stellen sie in der Beratungspraxis mittlerweile einen wichtigen Baustein zukünftiger Lösungen dar. Hier gibt es unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten, etwa als Familienstiftung, Beteiligungsträger- oder Unternehmensträgerstiftung. Bei der Gestaltung von Stiftungen ist bedeutsam, dass die Vermögenswerte über Generationen bewahrt werden müssen und die gewünschte Zweckerfüllung ebenso dauerhaft erhalten bleibt.
GmbH im Verantwortungseigentum als Alternative zu Stiftungen bleibt
Da sich eine grundlegende Reform des Stiftungsrechts verzögert bzw. das Reformbedürfnis nur teilweise befriedigt wird, wurden Alternativen entwickelt. Eine davon ist die GmbH im Verantwortungseigentum (GmbH-VE). Unter dem Stichwort „Purpose Economy“ wird die Profitorientierung der Anteilseigner der Zweckverwirklichung und dessen nachhaltiger Verwirklichung untergeordnet. Die Gesellschafter haben hierbei ein Stimm- und Teilhaberecht, keinen Anspruch auf Gewinnausschüttung oder einen Liquidationserlös. Die Struktur einer GmbH-VE deckt sich in weiten Teilen mit der einer Stiftung. Befürworter der GmbH im Verantwortungseigentum verweisen auf das starre Stiftungsrecht und die Kontrollinstanz der Stiftungsaufsicht, um die Vorteile dieser Alternative hervorzuheben.
Während bei privatnützigen Stiftungen das Interesse der Destinatäre im Vordergrund steht, so steht bei der GmbH-VE das Interesse der Gesellschaft und aller Beteiligter (u.a. der Mitarbeiter:innen) im Vordergrund.
Ob es dafür jedoch einer neuen Gesellschaftsform bedarf, ist fraglich.
Unsere Einschätzung
Eine GmbH-VE ist einen strukturierten Gedanken Wert, schafft aber auch komplexe Probleme. Fest steht aber auch, dass sich mit einer angepassten Reform des Stiftungsrechts die Ziele einer GmbH im Verantwortungseigentum ebenso verwirklichen lassen. Obwohl das starre Gefüge des Stiftungsrechts häufig als belastend wahrgenommen wird, ist die Organisationsform Stiftung in weiten Teilen für die Ewigkeit rechtssicher aufgestellt. Den Grundgedanken einer Stiftung auf die Organisationsform GmbH auszuweiten, schafft in der Praxis komplexe Strukturen. Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen sagt: „Stiftungen eröffnen Unternehmern die Möglichkeit, das Unternehmen und dessen Werte zu bewahren sowie von ihnen definierte Ziele zu verfolgen – und das unabhängig von familiären Konstellationen. Es braucht dafür keine neue Rechtsform, wohl aber ausgewählte Änderungen im Stiftungsrecht.“ Dieser Einschätzung folgen wir, obwohl wir die alternative Organisationsform einer GmbH-VE nicht grundsätzlich ablehnen. Entscheidend für Ihre individuelle Aufstellung wird sein, wie weit die Stiftungsreform geht und wie profund sie ausfällt.
Haben Sie Feragen? Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!