1. März 2022

Rückwirkende Anpassung beim Zinssatz für Zinsen nach § 233a AO

Kategorien: Allgemein

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat den Entwurf eines “Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung” veröffentlicht. Hintergrund ist die verfassungswidrige Vollverzinsung für Steuernachzahlungen. Darüber hatten wir berichtet. Nun soll also der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO für Zeiträume ab dem 1. Januar 2019 rückwirkend auf 0,15% pro Monat (1,8% pro Jahr) gesenkt werden.

Update vom 23 Juni 2022:

Der Bundestag hat am Abend des 23. Juni 2022 beschlossen, die Zinssätze rückwirkend zum 1. Januar 2019 von 6,0 Prozent auf 1,8 Prozent pro Jahr zu senken. Der Bundesrat muss dieser neuen Regelung allerdings noch zustimmen.

Update vom 12 Juli 2022: 

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 8.7.2022 dem „Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ (Zinsanpassungsgesetz) zugestimmt. Das Gesetz kann nach der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten noch im Juli in Kraft treten. Rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 bestimmt das Gesetz den Zinssatz nach § 233a AO auf 0,15 Prozent pro Monat – also 1,8 Prozent pro Jahr. Die Angemessenheit des neuen Zinssatzes wird künftig evaluiert.

Hintergrund zur rückwirkenden Anpassung beim Zinssatz

Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hatte letztes Jahr entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit 0,5% pro Monat beziehungsweise 6% pro Jahr verfassungswidrig ist. Die Verfassungswidrigkeit gilt grundsätzlich seit dem Jahr 2014, allerdings wurde eine Neuregelung samt rückwirkender Korrektur allerdings erst ab 2019 gefordert.
Die nach dem Urteil ergangene Auffassung des BMF und der Handhabung bis zu einer gesetzlichen Neuregelung hatten wir Ihnen ebenfalls bereits dargestellt.

Der Einwurf des BMF für eine Neuregelung nach § 233a AO

Nun also hat das BMF einen Einwurf für eine Neuregelung der Norm vorgelegt. Folgende Regelungen sind geplant:

  • Der Zinssatz für Zinsen gemäß § 233a AO soll für Zeiträume ab dem 1. Januar 2019 (rückwirkend) 0,15% pro Monat beziehungsweise 1,8% pro Jahr betragen.
  • Die Angemessenheit der Zinssätze soll alle drei Jahre unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes gemäß § 247 BGB überprüft werden. Diese Überprüfung soll erstmals für den 1. Januar 2026 vorgenommen werden.

Die geplanten Neuregelungen beziehen sich gemäß dem Entwurf nur und ausschließlich auf Nachzahlungs- sowie Erstattungszinsen. Ausdrücklich nicht neu gefasst werden andere Tatbestände, die zu einer Verzinsung führen, wie Stundungszinsen nach § 234 AO, Hinterziehungszinsen nach § 235 AO sowie Aussetzungszinsen nach § 237 AO. Das Bundesverfassungsgericht hatte die verfassungsgemäße Höhe der anderen Verzinsungstatbestände nämlich nicht geprüft. Ob der Gesetzgeber diese Tatbestände eventuell im Nachgang mit einem separaten Gesetzesvorhaben ebenfalls noch anpassen will, ist aktuell nicht bekannt.

Auch das Thema etwaige Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge wird mit dem Gesetzesentwurf nicht aufgegriffen. Wir hatten auch über dieses Thema berichtet.

Unsere Einschätzung

Das Gesetz muss nun vom Bundeskabinett beschlossen werden und wird anschließend in den Bundestag eingebracht. Es bleibt abzuwarten, ob während des Gesetzgebungsprozesses noch Änderungen vorgenommen werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Haben Sie Fragen rund um die rückwirkende Anpassung beim Zinssatz für Zinsen nach § 233a AO?

Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!

 

 

Lars Rinkewitz

Prokurist, Steuerberater, Diplom-Kaufmann

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