25. Juni 2021

Schadensersatz für entgangene Chance auf Bonuszahlung

Kategorien: Allgemein

Arbeitnehmer:innen können Schadensersatz verlangen, wenn mit ihnen keine genaue Zielvereinbarung hinsichtlich eines ihnen zustehenden Bonus vereinbart wurde. Lesen Sie hier weitere Details zum Schadensersatz für entgangene Chancen auf Bonuszahlungen.

Grundlage hierfür bildet ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 17. Dezember 2020 (BAG Urt. v. 17.12.2020 – 8 AZR 149/20), zudem jetzt die schriftliche Begründung veröffentlicht wurde. Das Gericht hat mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und konkretisiert. Schon mit einer Entscheidung vom 12. Dezember 2007 (BAG Urt. v. 12.12.2007 – 10 AZR 97/07) hatte das Bundesarbeitsgericht einen Schadensersatzanspruch wegen einer entgangenen erfolgsabhängigen Vergütung bei einer nicht getroffenen Zielvereinbarung nicht ausgeschlossen.

Bonus im Arbeitsvertrag, aber fehlende Zielvereinbarung

Hat ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin mit seinem, beziehungsweise ihrem Arbeitgeber eine Bonusregelung im Arbeitsvertrag vereinbart, die noch eine gesonderte Ausgestaltung in Form einer Zielvereinbarung erfordert und kommt aber eine solche Zielvereinbarung nicht zustande, so ist der Arbeitgeber nach Ablauf der vereinbarten Periode verpflichtet, dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin wegen der entgangenen Bonuszahlung Schadensersatz zu leisten.

Entgangene Chance auf Bonuszahlung – Arbeitgeber:in verletzt Pflichten

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Bonusklausel im Arbeitsvertrag so angelegt werden muss, dass die Parteien jährlich eine individuelle Zielvereinbarung treffen. Bei dieser individuellen Zielvereinbarung legen sie die jeweiligen Voraussetzungen für die Zusatzvergütung fest. Arbeitnehmer:innen habe also jährlich einen Anspruch auf eine Bonuszahlung, wenn denn tatsächlich die Zielvereinbarung geschlossen wird.

Eine unterbliebene Vereinbarung über die nähere Ausgestaltung der Bonuszahlung stellt laut BAG eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar. Denn eine Bonusregelung sei ihrem Sinn und Zweck nach dazu gedacht, Arbeitnehmer:innen zu Höchstleistungen zu reizen. Es sei davon auszugehen, dass Arbeitnehmer:innen die festgelegten Ziele auch erreicht hätten. Die Höhe des zu ersetzenden Schadens liege daher grundsätzlich in Höhe des Höchstbonus.

Im zu entscheidenden Fall sprach sich das Bundesarbeitsgericht für einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers in Höhe von 90 Prozent des Bonus aus. Indes müsse sich der Arbeitnehmer 10 Prozent aufgrund eines Mitverschuldens anrechnen lassen, weil er nicht auf ein Gespräch mit seinem Arbeitgeber hinsichtlich der Zielvereinbarung gedrängt habe.

Unsere Einschätzung

Wird in einem Arbeitsvertrag eine Zielvereinbarung mit Bonuszahlung vereinbart, müssen Arbeitgeber:innen eine solche Vereinbarung auch tatsächlich schließen. Nur so können sie Schadensersatzansprüche von Arbeitnehmer:innen ausschließen.
Umgekehrt sind Arbeitnehmer:innen gut darin beraten, das Gespräch mit dem oder der Arbeitgeber:in zu suchen, um eine Anrechnung eines Mitverschuldens zu umgehen. Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs ist auch noch einige Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich.

Sollten Sie Fragen hinsichtlich der Ausgestaltung von Bonuszahlungen in Arbeitsverträgen haben, sprechen Sie uns gerne an.

 

Jens Bühner

Associate Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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