5. Juni 2020

Senkung der Umsatzsteuer: Die Krise lehrt, was politisch möglich ist

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Für uns war die aktuell beschlossene Senkung der Umsatzsteuer eine Überraschung. In den vergangenen Jahren tat sich die Politik gerade mit diesem Thema sehr schwer. Es war schon zäh, Güter sinnvoll dem Katalog des ermäßigten Steuersatzes zuzuordnen und bestehende Regelungen zu überprüfen – und das, obwohl genau dies ein öffentlich erklärtes politisches Ziel war. Viel passiert ist trotzdem nichts. Und jetzt plötzlich das.

Die Senkung der Umsatzsteuer ist eine große Lösung und sie kann große Wirkung entfachen

Die Herabsetzung der Umsatzsteuersätze kann jedem Verbraucher eine spürbare steuerliche Entlastung bringen. Sie kann die Konsumbereitschaft während der Corona-Krise ankurbeln. Und jetzt kommt das Aber: Es funktioniert nur unter einer Voraussetzung: Unternehmen müssen die Steuersenkung eins zu eins an ihre Kunden weitergeben und die Preise senken.

Dafür könnten sechs Monaten vielleicht etwas knapp sein. Vielleicht wäre noch mehr politischer Mut gefragt und ein Zeitraum von zwölf Monaten besser gewesen? Vielleicht behält sich die Politik diese Verlängerung nach erneuter Analyse der Situation vor?

Denn so ist im Moment nicht klar, ob Unternehmen für diese kurze Zeitspanne ihre Preise tatsächlich senken. Der bürokratische Aufwand ist hoch. Unternehmer müssen Preislisten, Kataloge, Speisekarten oder die Programmierung der Kassensysteme für sechs Monate ändern und dann alles wieder auf Anfang setzen. Und das ist nicht alles.

  • Kassen- und Abrechnungssysteme sowie Faktura- und Warenwirtschaftssysteme müssen auf den 1.7.2020 vorbereitet werden. Es ist weniger als ein Monat Zeit.
  • Externe Fachleute und Systemtechniker werden noch gefragter sein als sie es eh schon sind. Bekommt man noch Termine?
  • Kassendokumentationen müssen angepasst, Programmierprotokolle neu angefertigt werden.
  • Werden aber ab dem 1. Juli 2020 Belege mit 19 Prozent statt von 16 Prozent und 7 Prozent statt 5 Prozent ausgestellt, dann schuldet das Unternehmen auch diesen höheren Steuerbetrag nach § 14c Umsatzsteuergesetz. Das Prinzip haben wir hier bereits beschrieben und das gilt nun für alle!
  • Unternehmen sollten sich über Tax Compliance Gedanken machen. Alle Leistungen oder Lieferungen haben ab dem 1.7.2020 einen niedrigeren Steuersatz und ab dem 1.1.2021 wieder einen höheren. Sie müssen rechtlich einwandfrei und sauber zugeordnet werden. Existiert ein Monitoring? Wer ist verantwortlich?

Weshalb die Senkung der Umsatzsteuer dennoch ein positives Zeichen ist

Obwohl wir diese Liste weiter fortsetzen könnten, möchten wir nicht bürokratischer wirken als wir sind. Denn es bleibt dabei: Die Senkung der Umsatzsteuer kann ein großer Wurf sein. Sinkende Preise sind ein wirksamer Schritt hin zu einer branchenübergreifenden Belebung der Wirtschaft. Die Senkung der Umsatzsteuer ist eine große Lösung, viel besser als das Werkeln in Teilbereichen, zum Beispiel in Form einer Abwrackprämie.

Wenn wir wissen, wie die Umsetzung im Gesetzesentwurf aussieht, können wir mehr dazu sagen.
Die hier skizzierten praktischen Probleme greifen wir in den nächsten Tagen noch einmal auf und bieten Ihnen pragmatische Lösungen an. Die Bundesregierung macht es in dieser Zeit ja genauso.

Thomas Müller

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)

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