Vorschläge der Expertenkommission zur Steuerreform, die Bürokratie abbaut und Digitalisierung fördert.
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19. August 2024

Steuerreform der Zukunft: Expertenkommissionen legen umfassende Berichte vor

Kategorien: Steuerberatung

In den vorangegangenen neun Monaten haben Expert:innen aus Wissenschaft, Steuerpraxis und Wirtschaft Vorschläge für ein modernes und zukunftsfestes Steuersystem in Deutschland erarbeitet. Die Kommissionen setzten sich aus Vertreter: innen von Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft zusammen. 

Die Abschlussberichte zeigen mögliche Vereinfachungsschritte im Steuerrecht und strukturelle Maßnahmen auf, um im Besteuerungsverfahren Bürokratie abzubauen, Digitalisierung voranzutreiben und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu steigern. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) wird die Vorschläge der unabhängigen Kommissionen nun auf ihre Umsetzbarkeit und ihre Auswirkungen hin prüfen und gegebenenfalls entsprechende Umsetzungsvorschläge vorlegen. 

 Vorschläge der Expertenkommission “Bürgernahe Einkommensteuer” 

  • Vermehrte Typisierung und Pauschalierung. 
  • Stärkere Angleichung des Lohnsteuerabzugsverfahrens an das Ergebnis der Steuerveranlagung. 
  • Weiterentwicklung der vorausgefüllten Steuererklärung hinzu einem Erklärungsverzicht für bestimmte Gruppen, d.h. automatische Veranlagung mit der Möglichkeit ergänzende Angaben zu machen. 
  • Einführung des Once-Only-Prinzips im Besteuerungsverfahren: allen relevanten Stellen stehen Daten zur Verfügung; Digital-First: Schnittstelle zwischen Bürger:innen und Verwaltung durch Digitalisierung unterstützen. 
  • Vereinfachung für Freiberufler:innen, Selbständige und Gewerbetreibende durch Zusammenführung der Einkunftsarten; Anhebung/Ausweitung der Grenzen für die vereinfachte Gewinnermittlung. Anpassung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter; Klarere Abschreibungsmöglichkeiten (keine Überschneidungen) und Gleichlauf von Aufzeichnungspflichten; Ggf. Wegfall der Afa-Tabellen. Erleichterter Zugang zu Stundungen und Ratenzahlungen. 
  • Einführung einer festen Arbeitstagspauschale (in der Entfernungspauschale [ausgenommen Pauschalregelung für Fernpendler], Arbeitszimmer und Homeoffice-Regelung aufgehen) und die einen Großteil der abhängig Beschäftigten besserstellen soll; 
  • Pauschale Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bspw. durch Anhebung der Werbungskostenpauschale. 
  • Entlastung von Rentner:innen durch Reduzierung der Anzahl der Rentnerinnen und Rentner, die eine Steuererklärung abgegeben müssen; Einführung eines einheitlichen Pauschbetrages für Renten und Pensionen. 
  • Evaluierung der Tatbestände des § 35a EStG. 
  • Vereinfachung des Sonderausgabenabzugs und Abschaffung des Abzugs sonstiger Vorsorgeaufwendungen bzw. Einführung eines Pauschbetrages/Anpassung des Höchstbetrages; Evaluierung des Höchstbetrages bei Kinderbetreuungskosten; Integration des Sonderausgabenabzugs der Kirchensteuer in das Lohnsteuerabzugsverfahren. 

Vorschläge der Expertenkommission “Vereinfachte Unternehmensteuer

  • Erweitertes Optionsmodell: Ermöglicht auch nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften die Option zur transparenten Besteuerung, d.h. freie Wahl zwischen der Körperschaftsteuerpflicht der Gesellschaft oder der Zurechnung des Unternehmensgewinns an die Gesellschafter #
  • Deutliche Ausweitung (zeitlich und betragsmäßig) des Verlustrücktrags und uneingeschränkte Gewährung des Verlustvortrags, um das Unternehmenssteuerrecht dem Ideal der Entscheidungsneutralität anzunähern und es gleichzeitig deutlich krisenfester zu machen. 
  • Entschlackung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer durch verstärkten Verzicht auf Hinzurechnungen und Kürzungen, außerdem Anrechnung der Gewerbesteuerlast bei der Körperschaftsteuer: Pauschale Berücksichtigung der Gewerbesteuer, um die Gesamtbelastung ohne vollständige Marginalisierung der Körperschaftsteuer unter 30 Prozent zu senken, möglichst in Richtung einer international wettbewerbsfähigen Zielgröße von 25 Prozent. 
  • Neues Leitmodell für die Mitunternehmerbesteuerung: Steuerliche Anerkennung von Leistungsbeziehungen zwischen Personengesellschaften und Gesellschaftern bis zur Grenze der verdeckten Gewinnausschüttung. 
  • Anhebung der Grenzwerte für die Anwendung der vereinfachten steuerlichen Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) 
  • Stärkere steuerneutrale Umstrukturierung von Unternehmen: Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Steuerpflichtigen; Außerdem Verkürzung und Vereinheitlichung von Haltefristen im Umwandlungssteuerrecht 
  • Vermeidung von Doppelbesteuerungen und anderen Mehrbelastungen im internationalen Steuerrecht, unter anderem: 
  • Anrechnung ausländischer Steuern und bessere Verrechnung ausländischer Betriebsstättenverluste, 
  • Anrechnung bestimmter im Ausland erwirtschafteten Einkünften bei der Gewerbesteuer, 
  • Vortrag nicht genutzter Anrechnungsbeträge

Revision der ATAD auf EU-Ebene: u.a. Zurückführung der Hinzurechnungsbesteuerung bei der ATAD auf eine transaktionsbezogene Missbrauchsregel 

Unsere Einschätzung

Wir begrüßen den Vorstoß des Bundesfinanzministers diese Kommissionen ins Leben zu rufen und freuen uns über die konkret erarbeiten Vorschläge der Kommissionen, die nun vorgestellt wurden. Allerdings kann dies nur ein erster Schritt für eine grundlegende Überarbeitung des Einkommensteuer – und Unternehmenssteuerrechts sein. 

Es kann nun nur noch die Aufgabe des Bundesfinanzministers sein, dass sich mit den gemachten Vorschlägen auseinandergesetzt wird und in die konkrete Umsetzung zu gehen. Insofern ist es sehr zu begrüßen, dass konkrete Regelungsinhalte definiert wurden. Daher ist es aus unserer Sicht nur noch ein kleiner Schritt zur tatsächlichen gesetzgeberischen Umsetzung. 

Darüber hinaus ist es sicherlich sinnvoll – wie auch von der Expertenkommission selbst gefordert – eine umfassende Steuerreformkommission einzusetzen. Denn aufgrund der engen zeitlichen Vorgaben für die Expertenkommission waren es diesen sicherlich nicht möglich, umfassend sich mit allen Bereichen auseinanderzusetzen und zu allen Bereichen umfassende Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. 

Es steht unseres Erachtens in der Verantwortung der gesetzgebenden Instanzen in Bund und Ländern, nun die konkreten Verbesserungsvorschläge zeitnah umzusetzen. Daneben natürlich die dringende Bitte an die Politik, sich der Aufgabe einer grundlegenden Reform des Unternehmenssteuerrechts zu stellen und dabei auf eine entsprechende Expertenkommission zurückzugreifen. Wenn Sie Fragen zu dem Thema haben, wenden Sie sich an Steuerberater Michael Simon. 

Michael Simon

Partner und Steuerberater

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