9. Juli 2020

Umsatzsteuerliche Reihengeschäfte mit Auslandsbezug und die unangenehmen Folgen 

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Mit diesem Beitrag wollen wir Sie für ein in der Praxis oft vorkommendes, aber leider häufig unbemerktes Problem sensibilisieren: Es geht um umsatzsteuerliche Reihengeschäfte mit Auslandsbezug und die unangenehmen Folgen, die daraus resultieren können.

Viele Handelsbetriebe betreiben umsatzsteuerliche Reihengeschäfte. Nicht allen ist dies jedoch überhaupt bewusst. Dabei sind besonders Geschäfte mit Auslandsbezug oft risikobehaftet.

Wann liegen umsatzsteuerliche Reihengeschäfte vor?

Ein Reihengeschäft liegt nach der gesetzlichen Definition vor, wenn

  • mehrere Unternehmer
  • Liefergeschäfte
  • über denselben Liefergegenstand abschließen und
  • dieser Gegenstand bei der Beförderung oder beim Versand unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt.

Beispiel für ein umsatzsteuerliches Reihengeschäft

Ein Kunde (C) bestellt bei Ihnen (B) Ware, die Sie nicht vorrätig haben. Sie bestellen daraufhin die Ware bei Ihrem Lieferanten (A) im Ausland. Es wird veranlasst, dass die Ware direkt von Ihrem Lieferanten (A) zu Ihrem Kunden (C) transportiert wird. Die Ware durchläuft Ihr eigenes Lager somit zu keinem Zeitpunkt.

Umsatzsteuerliche Reihengeschäfte bleiben häufig unerkannt

Ihr steuerlicher Berater kann Reihengeschäfte oft nicht erkennen, da ihm lediglich Rechnungsbelege vorliegen. Die tatsächliche Warenbewegung ist hieraus nicht erkennbar.

Risiken und Rechtsfolgen von Reihengeschäften

Bei einem Reihengeschäft, bei dem alle Beteiligten ihren Sitz im Inland haben, gibt es in der Regel keine Probleme, wenn es nicht erkannt wird. Denn jeder fakturiert seine Leistung wie gewohnt mit deutscher Umsatzsteuer. Die Leistungsempfänger machen wie üblich die Vorsteuer in ihrer Umsatzsteuervoranmeldung geltend. Es läuft alles richtig.

Problematisch wird es, wenn einer der Beteiligten im Ausland sitzt. Denn die Steuerbefreiung für grenzüberschreitende Lieferungen (innergemeinschaftliche Lieferung oder Ausfuhr) wird in der Lieferkette nur einmal gewährt, das heißt, nur einer der Beteiligten stellt eine Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis aus. Für die anderen Lieferungen gibt es in bestimmten Fallkonstellationen umsatzsteuerliche Registrierungs- und Deklarationspflichten in anderen Staaten.

Auch wenn einer der Beteiligten nicht weiß, dass es sich um ein Reihengeschäft handelt, treten selbstverständlich die umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen ein. Oft dann, wenn der Betriebsprüfer vor Ort ist und das Problem erkennt.

Klassische Fallbeispiele sind:

  • Nachzahlungen aufgrund von irrtümlich angenommener Steuerfreiheit
  • Versagung des Vorsteuerabzugs bei unberechtigt ausgewiesener Umsatzsteuer durch den Lieferanten
  • Bußgelder oder rückwirkende Versagung der Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen, aufgrund der Nichtbeachtung von Meldepflichten
  • Zwangsbesteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs ohne Vorsteuerabzug
    Welche Rechtsfolgen im Einzelfall eintreten, hängt von der konkreten Fallkonstellation ab.

Unsere Einschätzung: Reihengeschäfte mit Bezug zum EU-Ausland oder Drittland

Für Berater sind Reihengeschäfte häufig nicht erkennbar – für Sie als Unternehmerin oder Unternehmer können die Rechtsfolgen allerdings drastisch sein. Um bösen Überraschungen durch die nachträgliche Feststellung von Reihengeschäften vorzubeugen, ist Ihre aktive Mithilfe nötig. Daher unsere Bitte: Nehmen Sie Kontakt zu Ihrem steuerlichen Berater auf, sobald Sie vermuten, dass ein Reihengeschäft vorliegen könnte.
Wir können Sie beraten, wie Sie als Beteiligter eines Reihengeschäftes alles richtig machen und damit umsatzsteuerliche Risiken vermeiden können.

Bruno Höveler

COO, CTO, Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V)

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