Urteil des FG Hamburg zur Unternehmensverschonung ➔ Steuerbefreiung bei mittelbarem Erwerb über Personengesellschaften jetzt geklärt.
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17. September 2024

Unternehmensverschonung bei mittelbarem unentgeltlichem Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften

Kategorien: Steuerberatung

Für die Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gilt im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht eine Steuerbefreiung für Unternehmensvermögen, die sogenannte Unternehmensverschonung. Streitig ist bisher, ob die Steuerbefreiung auch für solche Anteile an Kapitalgesellschaften gilt, die Erwerber:innen im Fall einer disquotalen Einlage mittelbar über seine Beteiligung an einer Personengesellschaft erwirbt. Über diesen Fall hat Finanzgericht (FG) Hamburg in seinem Urteil vom 27.02.2024 entschieden.  

Disquotale Einlage in Personengesellschaften: Auswirkungen auf Steuerbefreiung von Betriebsvermögen und Unternehmensanteilen

Bei der disquotalen Einlage in eine Personengesellschaft im Urteilsfall führte ein Gesellschafter einer KG dem Gesellschaftsvermögen im Wege einer Einlage einen bisher von ihm persönlich gehaltenen GmbH-Anteil zu. Am Vermögen der KG war der Gesellschafter nur zu 20% beteiligt. Die Mitgesellschafter leisteten keine vergleichbare Einlage. In solchen Fällen kann sich eine freigiebige Zuwendung des Einlegenden an die übrigen Gesellschafter ergeben, da es zu einer über die Gesamthand vermittelten Vermögensverschiebung zwischen dem einlegenden und den übrigen Gesellschafter kommt. Letztere sind objektiv auf Kosten des einlegenden Gesellschafters bereichert.  

Begünstigungsfähiges Vermögen: Steuerbefreiung für Anteile an Kapitalgesellschaften nach §§ 13a, 13b ErbStG

Die Anwendung der Steuerbefreiung der §§ 13a, 13b ErbStG setzt das Vorliegen von begünstigungsfähigem Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG voraus. Zum begünstigungsfähigen Vermögen zählen gem. § 13b Abs. 1 Nr. 3 u. a. Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung des Erblassers oder Schenkers zum maßgeblichen Stichtag über 25 % liegt. Vorliegend war der Schenker mit einem Anteil von 25,17% an der GmbH beteiligt.  

Mittelbarer Erwerb und Steuerbefreiung: FG Hamburg zur Begünstigung

Das FG Hamburg hat in seinem Urteil nun entschieden, dass die Steuerbefreiung nicht voraussetzt, dass der Erwerber auch zivilrechtlicher Inhaber der Anteile wird. Stattdessen ist auch der mittelbare Erwerb über eine Personengesellschaft begünstigt, wenn die Mindestbeteiligungsquote von 25 % auf Seiten des Erblassers/Schenkers erfüllt ist. Nach Ansicht des FG erscheine es nicht konsequent, die Bereicherung der Personengesellschaft zwar einerseits auf die Mitgesellschafter durchschlagen zu lassen, diesen jedoch andererseits die Anwendung der Begünstigung zu verwehren.  

Auch nach dem Sinn und Zweck der Steuerbefreiung erscheine diese Auslegung geboten, da im Mittelpunkt der Begünstigung von Betriebsvermögen die Sicherung der Liquidität und Arbeitsplätzen in den Unternehmen steht. Dabei sei Betriebsvermögen, das auf eine Personengesellschaft übertragen werde, nicht weniger förderungswürdig.  

ACHTUNG: Anders ist es bei Einlagen in Kapitalgesellschaften. Bei einer solchen Einlage in eine Kapitalgesellschaft liegt der Tatbestand einer Quotenschenkung nach § 7 Abs. 8 ErbStG vor. Nach Ansicht der Finanzverwaltung (RE 7.5 Abs. 13 ErbStR 2019) ist bei einer solchen Quotenschenkung die Unternehmensverschonung nach den §§ 13a, 13b ErbStG zu verwehren. 

Unsere Einschätzung zur Steuerbefreiung bei Unternehmensübertragungen

Die Entscheidung des FG Hamburg stellt eine sinnvolle Auslegung der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen dar. Richtigerweise wird in dem Urteil ausgeführt, dass eine Begünstigung bei einem mittelbaren Erwerb durch einen Gesellschafter einer Personengesellschaft geboten ist, da auch die Bereicherung der Personengesellschaft auf die Mitgesellschafter durchschlägt. Zudem kann der Zweck der Steuerbefreiung nur erreicht werden, wenn der Übergang von Betriebsvermögen und dessen Sicherung bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen unabhängig von der Ausgestaltung der Übertragung begünstigt ist. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Finanzverwaltung dem Urteil des Finanzgerichts folgt oder entgegenwirkt. 

Haben Sie Fragen oder möchten Sie sich beraten lassen? Unsere Experten Akram Juja und Julian Heesemann stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung. 

 

Vermerk: Bitte beachten Sie, dass in diesem Dokument bei den durch Gesetze festgeschriebenen Begriffen auf das Gendern verzichtet wird, um die juristische Präzision und Klarheit zu wahren. In allen anderen Textteilen wird eine gendergerechte Sprache verwendet, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern. 

Akram Juja

Partner und Steuerberater

Julian Heesemann

Associate Partner und Steuerberater

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