Mindeststandard recyclinggerechtes Design: Konsultationsverfahren 2023 gestartet
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4. Juli 2023

Mindeststandard recyclinggerechtes Design: Konsultationsverfahren 2023 gestartet

Kategorien: Arbeitgeber

Die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) hat am 5. Juni das diesjährige Konsultationsverfahren zur Ausgabe 2023 des Mindeststandards für recyclinggerechtes Design gestartet. Der Mindeststandard ist ein wichtiges Instrument zur Bemessung der Recyclingfähigkeit systembeteiligungspflichtiger  Verpackungen und hat daher insbesondere für die dualen Systeme, die Hersteller:innen und Unternehmen, die Verpackungen in Deutschland in Verkehr bringen besondere Relevanz.

Anreizsystem für die Hersteller:innen

Ein Ziel von Vorschriften zur erweiterten Produktverantwortung ist es, den Hersteller:innen Anreize zu geben, bereits beim Produktdesign die Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus hinweg zu berücksichtigen. Das Verpackungsgesetz stellt in diesem Kontext einen monetären Anreiz durch die verpflichtende Teilnahme an dualen Systemen, die hierfür entsprechende Systementgelte von den Unternehmen verlangen, die Verpackungen in Verkehr gebracht haben.

Das Verpackungsgesetz schreibt vor, dass die Systeme bei der Festlegung der Beteiligungsentgelte Anreize schaffen müssen, die Recyclingfähigkeit von Verpackungen zu erhöhen. Der Gesetzgeber verzichtet hierbei bewusst auf gesetzliche Vorgaben bspw. in Form von Zu- oder Abschlägen, da diese regelmäßig an den Stand der Technik angepasst werden und weiterhin einen intensiven Eingriff in die wettbewerbsrechtlich geschützte Preisgestaltungsfreiheit der Systeme bedeuten würden.

Um aber dennoch eine eindeutige Vorgabe für die Bemessung der Recyclingfähigkeit im Sinne des § 21 VerpackG zu machen, veröffentlicht die ZSVR gem. § 21 Abs. 3 VerpackG jährlich im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt einen Mindeststandard hierzu. Dieser ist am 1. September 2019 erstmals veröffentlicht worden und wird seitdem jährlich inhaltlich fortentwickelt, um den praktischen Erfahrungen Rechnung zu tragen. Ziel ist es, dass ausschließlich Verpackungen als recyclingfähig eingestuft werden, die auch tatsächlich recycelt werden können.

Wann ist eine Verpackung recyclingfähig?

Bemessungsgegenstand des Mindeststandards ist die unbefüllte Verpackung einschließlich aller dazugehörenden Komponenten wie bspw. Etiketten, Siegelfolien, Deckel, Verschlüsse oder Klebstoffapplikationen nach bestimmungsgemäßem Gebrauch durch die Endverbraucher:innen. Eine Betrachtung einzelner Komponenten ist nur dann zulässig, wenn sie zum Ge- oder Verbrauch notwendigerweise und unwiderruflich getrennt werden müssen oder üblicherweise bei Transport- und Sortiervorgängen automatisch voneinander getrennt werden.

Neuerungen im Mindeststandard 2023

Der Mindeststandard 2023 sieht für eine Vielzahl von Verpackungen vor, dass diese nur noch dann als recyclingfähig gelten, wenn hierfür ein Einzelnachweis erbracht wird. Dies betrifft u.a. Becher, Schalen und Flaschen aus Polystyrol (PS), Tüten, Beutel und Schlauchbeutel aus Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP). Schließlich fallen auch bestimmte faserbasierte Verbundverpackungen wie kaschierte Faltschachteln, Kombidosen und beschichtete Papiere hierunter.

 All diese, unter 3 B fallenden Verpackungen, werden von dem neuen Mindeststandard nur dann als recyclingfähig eingestuft, wenn ein entsprechender „Einzelnachweis“ die Recyclingfähigkeit bestätigt. Bisherige Einstufungen der betroffenen Verpackungen als recyclingfähig und deren Auslobungen auf der Verpackung nach dem derzeitigen Mindeststandard dürften bei Inkrafttreten des neuen Mindeststandards (ab dem 1. September 2023) nicht mehr gültig sein.

Konsultation bis zum 14. Juli 2023

Bis zum 14. Juli 2023 besteht die Möglichkeit schriftliche Stellungnahmen bei der ZSVR einzureichen. Die ZSVR bittet in diesem Jahr insbesondere um Rückmeldung zur geplanten Umstellung im Zusammenhang mit der Kategorisierung des Vorhandenseins einer Recyclinginfrastruktur.

Auswirkungen des Mindeststandards

Fraglich ist, ob sich der Mindeststandard unmittelbar auf die Hersteller:innen bzw. deren Verpackungen auswirkt. Hierzu bedürfte es einer Umsetzung des § 21 Abs. 1 VerpackV, nach dem die Betreiber:innen Dualer Systeme verpflichtet sind, im Rahmen der von ihnen erhobenen Lizenzentgelte Anreize auf Basis der Recyclingfähigkeit von Verpackungen zu schaffen. Derzeit werden von den Systembetreiber:innen Bonus- bzw. Malusregelungen für gut bzw. weniger gut recycelbare Verpackungen diskutiert, aber bislang nicht umgesetzt. Der Grad der Recycelbarkeit würde sich dann nach dem jeweils geltenden Mindeststandard richten.

Vor diesem Hintergrund können auch die Verpackungen, die nach dem geplanten Mindeststandard 2023 nicht mehr ohne Einzelnachweis als recyclingfähig gelten, weiterhin in Verkehr gebracht werden und es müssen einstweilen hierfür auch keine Malusregeln bei der Lizenzierung befürchtet werden. Jedoch geht von dem neuen Mindeststandard sicherlich eine Signalwirkung und damit zumindest eine mittelbare Auswirkung auf die betroffenen Materialien aus. Der Grad der Recycelbarkeit einer Verpackung und damit die Lizenzentgelte würden sich bei Umsetzung des 21. Abs. 1 VerpackG nach dem jeweils geltenden Mindeststandard richten – mit den entsprechenden Folgen für weniger gut recycelbare Verpackungstypen / Materialarten. Zudem kann es beispielsweise sein, dass Handelshäuser den neuen Mindeststandard als Vorlage für Ihre Design for Recycling-Vorgaben nutzen und somit von den Hersteller:innen vorab die Compliance mit dem aktuellen Mindeststandard fordern.

 Sprechen Sie uns bei Fragen gerne an.

 

Thilo Marenbach

Partner, Vorstand, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sustainability Auditor

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Thilo Marenbach

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