31. Januar 2022
Versicherungsmakler und Umsatzsteuer bei Büro- und Organisationsbonus
Inhaltsverzeichnis
- Die steuerfreie Vermittlungsleistung bei Versicherungsmakler:innen, Handelsvertreter:innen und Vermittler:innen
- Sonderzahlungen sind für Finanzamt steuerpflichtige Leistungen
- Tätigkeit als Versicherungsmakler oder Versicherungsvertreter für Umsatzsteuer-Befreiung entscheidend
- Versicherungsmakler Umsatzsteuer: Kern der Tätigkeit muss Versicherungsvermittlung sein
- Mittelbare Verbindung ausreichend
- Für Büro- und Organisationsbonus sind Zahlungsbedingungen entscheidend
- Unsere Einschätzung
Versicherungsmakler:innen, Versicherungsvermittler:innen und Handelsvertreter:innen nach § 84 HGB erhalten für ihre Tätigkeit in der Regel Provisionen. Zusätzlich erhalten viele noch weitere Vergütungsleistungen und sonstige Zuwendungen wie beispielsweise den Büro- und Organisationsbonus. Ob das, was den im Finanzvertrieb tätigen Vermittler:innen an Vergütungsleistung und sonstigen Zuwendungen zufließt der Umsatzsteuer unterliegt, musste das Niedersächsische Finanzgericht entscheiden. Lesen Sie hier, was das Gericht entschieden hat und was Sie als Versicherungsmakler:innen dazu wissen müssen.
Die steuerfreie Vermittlungsleistung bei Versicherungsmakler:innen, Handelsvertreter:innen und Vermittler:innen
Bei Handelsvertreter:innen oder Vermittler:innen gibt es immer wieder die Frage, ob ihre Vertriebstätigkeit insgesamt eine steuerfreie Vermittlungsleistung im Sinne des § 4 UStG ist.
Auftraggeber oder Auftraggeberinnen bezahlen Vermittler oder Vermittlerin zumeist auf Provisionsbasis. Die Provision stellt dann auch die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer hinsichtlich der Vermittlung dar.
Allerdings gilt: Nach § 4 Nr. 11 Umsatzsteuergesetz (UStG) sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter:in, Versicherungsvertreter:in und Versicherungsmakler:in grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit. Mit der Frage, ob die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG allerdings auch für einen etwaigen Büro- und Organisationsbonus gilt, musste sich zuletzt das Niedersächsische Finanzgericht beschäftigen. Das Urteil des Gerichts fiel am 19. August 2021 (Az. 11 K 190/19).
Sonderzahlungen sind für Finanzamt steuerpflichtige Leistungen
Im zu entscheidenden Fall hatte der klagende Steuerpflichtige in seiner Umsatzsteuererklärung für 2016 und seinen Umsatzsteuervoranmeldungen für 2017 alle Leistungen als steuerfreie Vermittlungsleistungen gemäß § 4 Nr. 8 und Nr. 11 angegeben. Darunter auch den sogenannten “Büro- und Organisationsbonus”. Regelmäßig handelt es sich hierbei um zusätzliche Zahlungen des Prinzipals an den Vermittler für die Unterhaltung und den Ausbau der für eine erfolgreiche Tätigkeit notwendigen Infrastruktur (Backoffice Personal, technische Geräte, Büroeinrichtung, Marketing etc.)
Dem entgegnete das zuständige Finanzamt, dass die Leistungen nicht unmittelbar für die Vermittlung, sondern für den Aufbau und die Aufrechterhaltung des Strukturvertriebs erbracht worden seien. Deshalb sind sie laut Finanzamt steuerpflichtig. Der Einspruch des steuerpflichtigen Klägers gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen wurde vom Finanzamt zurückgewiesen. Es kam zum Verfahren vor dem Finanzgericht.
Tätigkeit als Versicherungsmakler oder Versicherungsvertreter für Umsatzsteuer-Befreiung entscheidend
Im Rahmen des Verfahrens erörterte das Gericht genauer, wann die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung erfüllt sind. Es zog dabei die gefestigte Rechtsprechung heran und stellte dazu zunächst fest, dass für die Qualifizierung von Vermittlern als Versicherungsmakler:innen oder -vertreter:innen der tatsächliche Inhalt der in Rede stehenden Tätigkeit heranzuziehen sei. Die bloßen vertraglichen Regelungen reichen laut Gericht nicht aus.
Versicherungsmakler Umsatzsteuer: Kern der Tätigkeit muss Versicherungsvermittlung sein
Es müsse sich bei der in Rede stehenden Tätigkeit um den Kern einer Tätigkeit eines bzw. einer Versicherungsvermittler:in handeln. Diese Tätigkeit müsse also wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungs-Tätigkeit umfassen. Für die Anforderungen an den Kerninhalt einer steuerbefreiten Tätigkeit eines Versicherungsvermittlers sei etwa maßgeblich, Kund:innen zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen. Die Vermittlung kann in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen. Wichtig: Die Tätigkeit muss sich auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen.
Mittelbare Verbindung ausreichend
Dienstleistungserbringer:innen müssen außerdem grundsätzlich sowohl mit dem Versicherer als auch mit den Versicherten in Verbindung stehen. Diese Verbindung könne allerdings auch „lediglich“ mittelbarer Natur sein. Also beispielsweise wie Unterauftragnehmer:innen von Versicherungsmakler:innen oder Versicherungsvertreter:innen. Der Steuerfreiheit steht demnach also auch nicht entgegen, wenn Dienstleistungserbringer:innen nicht unmittelbar durch eine der Parteien des zu vermittelnden Vertrages beauftragt wurden.
Für Büro- und Organisationsbonus sind Zahlungsbedingungen entscheidend
Das Gericht entschied: Für die Umsatzsteuerfreiheit des Büro- und Organisationsbonus ist entscheidend, dass die Zahlung an den Vertriebserfolg einzelner Vermittlungsgeschäfte gekoppelt ist. Eine verallgemeinernde Aussage könne daher nicht getroffen werden. Abzugrenzen sei insbesondere von rein administrativen Tätigkeiten für Dritte, die nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Dementsprechend gehöre die Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertreter:innen, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsnehmer:innen nicht zu den Tätigkeiten von Versicherungsvertreterinnen und Versicherungsvertretern. Wobei die Vergütung nur dann steuerfrei ist, wenn die Tätigkeiten für das eigene Vertriebsgeschäft erfolgen. Das bedeutet, dass die Tätigkeit dann gerade nicht steuerfrei ist, wenn es sich um Schulungen, Betreuungen und die Überwachung von eigenständigen Vermittler:innen handelt.
Unsere Einschätzung
Das Urteil macht deutlich, wie genau Makler:innen im Einzelfall die Abgrenzung einer steuerfreien und steuerpflichtigen Tätigkeit vornehmen sollten. Es kann in keinem Fall pauschal beziehungsweise verallgemeinernd von einer Steuerbefreiung jeder Vertriebstätigkeit von Handelsvertreter:innen oder Vermittler:innen gestützt auf § 4 Nr. 11 UStG ausgegangen werden.
Das Urteil zeigt außerdem, dass eine frühzeitige Prüfung der konkreten Tätigkeit im Einzelfall sehr wichtig ist. Nur so können Sie ungewollten – und auf Betriebsprüfungen beruhenden – geänderten Umsatzsteuerbescheiden vorbeugen.
Sind Sie Versicherungsmakler oder Versicherungsmaklerin? Haben Sie Fragen rund um Umsatzsteuer und Co.? Dann sprechen Sie uns gerne an.