
3. Juni 2025
Verträge mit Aufsichtsräten nahestehenden Gesellschaften – ein Dauerbrenner im Aktienrecht
Inhaltsverzeichnis
- § 113 und 114 AktG: Was bei der Vergütung und Vertragsschließung mit Aufsichtsratsmitgliedern zu beachten ist?
- Ist auch der Vorstand der Aktiengesellschaft von den Regelungen betroffen?
- Welche Verträge sind durch den Aufsichtsrat zustimmungspflichtig?
- Welche rechtlichen Folgen drohen bei Verstößen gegen § 114 AktG?
- Unabhängigkeit und Integrität des Aufsichtsrats: Warum die Vorschriften der §§ 113, 114 AktG so praxisrelevant sind
- Wie können rechtssichere Vertragsgestaltungen sichergestellt werden?
- Neben rechtlichen Folgen droht Reputationsverlust: Unsere Einschätzung
Die Rechte und Pflichten von Aufsichtsratsmitgliedern im Rahmen ihres Mandats bestimmen sich nach dem Gesetz und ihrem Dienstvertrag. Es ist allerdings nicht selten, dass Aufsichtsräte außerhalb ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft gegenüber dieser persönlich oder durch Unternehmen, mit denen sie verbunden sind, andere Leistungen erbringen.
Diese sonstigen bzw. außerhalb der Aufsichtsratstätigkeit bestehenden rechtlichen Beziehungen sind in den §§ 113, 114 AktG (Aktiengesetz) geregelt, die als zentrales Instrument zur Sicherung der Unabhängigkeit des Aufsichtsrats dienen. Doch welche Verträge fallen konkret unter diese Regelung? Welche Rechtsfolgen drohen bei Verstößen?
§ 113 und 114 AktG: Was bei der Vergütung und Vertragsschließung mit Aufsichtsratsmitgliedern zu beachten ist?
Die Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern ist in § 113 AktG geregelt. Diese Vorschrift bestimmt, wie und unter welchen Voraussetzungen Aufsichtsratsmitglieder für ihre Tätigkeit vergütet werden dürfen. Voraussetzung ist, dass die Festsetzung der Vergütung transparent ist und durch Satzung oder einen Hauptversammlungsbeschluss geregelt ist. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Vergütung auf die amtliche Tätigkeit im Aufsichtsrat zu beschränken ist.
Wird ein Aufsichtsratsmitglied über das Mandat hinaus entgeltlich für die Gesellschaft tätig, greift § 114 AktG ein. Gemäß § 114 AktG wird ein Vertrag der Gesellschaft mit einem Aufsichtsratsmitglied, das über die bloße Aufsichtsratstätigkeit hinausgeht, nur mit vorheriger Zustimmung des Aufsichtsrates wirksam. Zu beachten ist hierbei, dass eine einheitliche Zustimmung des gesamten Aufsichtsratsgremiums zwingend erforderlich ist und diese insbesondere vor Vertragsabschluss eingeholt werden muss. Eine nachträgliche Genehmigung ist stets unzulässig.
Ist auch der Vorstand der Aktiengesellschaft von den Regelungen betroffen?
Diese Regelungen finden Anwendung auf sämtliche Aufsichtsratsmitglieder, unabhängig davon, ob sie ihre Dienste persönlich oder durch eine juristische Person, beispielsweise eine Beratungsgesellschaft, erbringen oder erbringen lassen, mit der sie wiederum verbunden sind. Aber auch der Vorstand der Aktiengesellschaft ist von dieser Regelung betroffen, da er zu prüfen hat, ob ein Vertrag des Aufsichtsratsmitglieds unter § 114 AktG fällt und somit eine Zustimmung erforderlich ist.
Zu beachten ist zudem, dass bereits eine mittelbare Beteiligung des Aufsichtsratsmitglieds an einem Vertragsabschluss mit Dritten unter Umständen zu einer Interessenkollision führen kann.
Welche Verträge sind durch den Aufsichtsrat zustimmungspflichtig?
Gemäß § 114 AktG bedürfen solche Verträge einer vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrates, die nicht die reguläre Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds betreffen. Hierzu gehören insbesondere Dienst- und Werkverträge.
Dagegen unterliegen Verträge im Rahmen der Aufsichtsratstätigkeit, beispielsweise die Vergütung für das Mandat selbst, sowie unentgeltliche Tätigkeiten keiner Zustimmungspflicht.
Welche rechtlichen Folgen drohen bei Verstößen gegen § 114 AktG?
Ein Verstoß gegen § 114 AktG kann erhebliche rechtliche Konsequenzen haben.
Ein ohne Zustimmung abgeschlossener Vertrag ist zunächst nichtig. Da der Vertrag unwirksam ist, können die Parteien hieraus weder Rechte noch Ansprüche ableiten. Sofern das Aufsichtsratsmitglied aus dem Vertrag bereits eine Vergütung erhalten hat, ist diese zurückzuzahlen.
Darüber hinaus können solche Verstöße auch zu Haftungsansprüchen gegen die beteiligten Personen führen. So kann das Aufsichtsratsmitglied in manchen Fällen sogar persönlich in Haftung genommen werden, wenn er gegen seine Sorgfaltspflicht als ordentliches und gewissenhaftes Aufsichtsratsmitglied verstoßen und hierbei vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die nichtgenehmigte Tätigkeit das Vertrauen in die Integrität der Unternehmensführung massiv beeinträchtigt und zu einer negativen Auswirkung auf die öffentliche Wahrnehmung geführt hat.
Ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft kann ggf. insbesondere dann begründet sein, wenn das Eingehen des nicht zugestimmten Vertrages zu einer konkreten Schädigung der Gesellschaft geführt hat. In besonders schweren Fällen ist sogar eine strafrechtliche Konsequenz denkbar.
Unabhängigkeit und Integrität des Aufsichtsrats: Warum die Vorschriften der §§ 113, 114 AktG so praxisrelevant sind
Die Regelung der §§ 113, 114 AktG sind in der Unternehmenspraxis sehr bedeutsam und von hoher Relevanz.
Die Vorschriften dienen der Sicherstellung einer unabhängigen und unvoreingenommenen Überwachung der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat, indem potenzielle Interessenkonflikte und hierbei insbesondere die Beeinträchtigungen der Kontrollfunktion des Aufsichtsratsmitgliedes vermieden werden sollen.
Ziel der Regelung ist die Unabhängigkeit und Integrität des Aufsichtsrats zu schützen und eine Beeinträchtigung der Überwachungs- und Kontrollfunktion zu verhindern. So soll die Neutralität eines Aufsichtsratsmitglieds steht gewährleistet und die Transparenz insbesondere in Bezug auf die Vergütung dieser geschützt werden. Zusätzliche Leistungen und sog. versteckte Erfolgsprämien sollen vermieden und rechtliche Risiken verhindert werden.
Wie können rechtssichere Vertragsgestaltungen sichergestellt werden?
Folgende Maßnahmen sind hilfreich:
- Eindeutige Regelungen: In vielen Fällen ist es sinnvoll, interne Richtlinien zur Offenlegung von Nebentätigkeiten aufzustellen, um von vornherein eine elementare Transparenz über wirtschaftliche Verflechtungen zu schaffen. Um die Unabhängigkeit und Transparenz im Aufsichtsrat zu gewährleisten, empfiehlt es sich, sich am Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) zu orientieren.
- Sorgfältige Prüfung: Vor Abschluss eines Vertrags sollte geprüft werden, ob dieser unter die Zustimmungspflicht des § 114 AktG fällt: Betrifft der Vertrag eine Tätigkeit außerhalb des Aufsichtsratsmandats? Ist das Aufsichtsratsmitglied Vertragspartei? Ist eine Vergütung vorgesehen?
- Rechtzeitige Einholung der Zustimmung: Damit der Vertrag wirksam wird, ist die Zustimmung des gesamten Aufsichtsrats erforderlich. Um die Transparenz und Verlässlichkeit zu gewährleisten, sollte diese Zustimmung unbedingt schriftlich protokolliert werden. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass sich die Zustimmung auf den konkreten Vertrag bezieht.
- Transparenz: Der Vertrag sollte eine eindeutige Formulierung aufweisen, die die vereinbarten Leistungen sowie die Vergütung klar definiert. Die Verwendung von unklaren oder missverständlichen Klauseln kann die Rechtsrisiken potenziell erhöhen. Es empfiehlt sich, die Zustimmung des Aufsichtsrates unter Beachtung des § 114 AktG in den Vertrag aufzunehmen.
Diese Schritte können dazu beitragen, rechtliche Konflikte zu vermeiden und die Integrität der Unternehmensführung zu wahren.
Neben rechtlichen Folgen droht Reputationsverlust: Unsere Einschätzung
Die Vorschrift des § 114 AktG stellt ein zentrales Kontrollinstrument zur Sicherung der Unabhängigkeit des Aufsichtsrats dar und gewährleistet eine funktionierende Struktur der Gesellschaft. Unzulässige Einflussnahmen und wirtschaftliche Verbindungen von Aufsichtsratsmitgliedern sollen verhindert und klaren Verantwortlichkeiten sowie transparenten Strukturen geschaffen werden.
Eine Missachtung von § 114 AktG kann nicht nur rechtliche Folgen wie die Unwirksamkeit des Vertrags nach sich ziehen, sondern auch die Reputation der Gesellschaft beeinträchtigen. Daher sollte diese Vorschrift sorgfältig eingehalten werden.
Sie haben Fragen zur praktischen Umsetzung oder zur Vertragsgestaltung im Zusammenhang mit § 114 AktG? Gerne stehen wir Ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung und unterstützen Sie bei einer rechtssicheren Gestaltung. Nehmen Sie einfach Kontakt auf.