8. November 2022
Viertes Corona-Steuerhilfegesetz und die Verlustverrechnung
Der Bundestag veröffentlichte am 19. Juni 2022 das vierte Corona-Steuerhilfegesetz – darin findet sich auch eine Verlängerung und Änderung zur Verlustverrechnung nach § 10d EStG. Welche Auswirkungen die Verlängerung und Änderungen haben, erfahren Sie hier.
Die steuerliche Verlustverrechnung kurz erklärt
Steuerpflichtige haben die Möglichkeit, erzielte Verluste eines Jahres mit Gewinnen eines anderen Jahres zu verrechnen. Dabei unterscheidet man zwischen dem Verlustrücktrag und dem Verlustvortrag. Beim Verlustrücktrag werden die Verluste aus dem aktuellen Jahr mit den Gewinnen aus dem Vorjahr verrechnet. Beim Verlustvortrag können die Verluste eines Jahres mit Gewinnen in der Zukunft verrechnet werden.
Mit beiden Varianten können Steuerpflichtige ihre Steuerlast im Jahr der Verrechnung beträchtlich senken. Ohne gesonderten Antrag sieht das Gesetz automatisch die Verrechnung des erzielten Verlustes mit Gewinnen des Vorjahres vor. Die Begrenzung der Verlustverrechnung mit Gewinnen des Vorjahres zur Nutzung des Verlustpotenzials für zukünftige Jahre kann jedoch gezielt durch einen Antrag vorgenommen werden. Bis zum Veranlagungszeitraum 2022 war es möglich, durch den Antrag die Höhe des Verlustrücktrags zu begrenzen. Durch Nutzung von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen in den Gewinnjahren war es möglich, nur einen geringeren Teil der Verluste zu verwenden. Weitere Verluste konnten so in nachfolgende Jahre übertragen und so später genutzt werden.
Hintergrund der Neuregelung
Die Folgen der Corona-Pandemie belasten weiterhin viele Unternehmen. Der bereits durch vorherige Hilfs-Pakete temporäre angepasste Verlustrücktrag wurde nun durch ein neues Gesetz dauerhaft erweitert. Damit wird ist es nun möglich, die Verluste zwei Jahre zurückzutragen. Somit kann ein Verlust aus dem aktuellen Steuerjahr in den letzten beiden Veranlagungszeiträumen berücksichtigt werden. Dadurch ergeben sich neue Gestaltungsoptionen, in denen sich die Verluste optimaler einsetzen lassen.
Die neue Systematik des Verlustrücktrags
Der neue Verlustrücktrag sieht eine zweistufige Verrechnung der Verluste vor. Zunächst sollen die entstandenen Verluste unmittelbar mit den positiven Einkünften aus dem Vorjahr verrechnet werden. Der verbleibende Verlust wird anschließend mit den positiven Einkünften aus dem Zweitvorjahr (also das Jahr vor dem Vorjahr) verrechnet. Ein danach verbleibender Betrag würde in den nächsten Veranlagungszeitraum vorgetragen werden.
Eine gezielte betragsmäßige Begrenzung durch einen Antrag ist in der neuen Fassung nicht mehr vorgesehen. Dadurch geht ein Großteil der Flexibilität und damit in Einzelfällen ein Teil des Verlustvolumens unter.
Durch die neue zweistufige Verrechnung wird der zurückzutragende Verlust abhängig von den positiven Einkünften des Vorjahres gemacht. Die Verluste werden, soweit positive Einkünfte vorliegen, damit verrechnet. Der Nachteil daran ist, dass sich Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und andere steuerliche Minderungen im Zeitraum der Verlustverrechnung unter Umständen nicht mehr auswirken.
Verlagerungsmöglichkeiten
Die Anwendung der Neuregelung können Steuerpflichtige durch einen Antrag verhindern. Durch den Antrag wird der Verlust aus dem Veranlagungszeitraum vollständig in das Folgejahr vorgetragen. Der Verlust könnte somit zum Teil kontrolliert verbraucht werden. Sollte der Verlust dennoch mit Verlusten des Vorjahres verrechnet werden, könnten Steuerpflichtige – durch Ausübung bestimmter Wahlrechte – die Verlustverrechnung teilweise optimieren. Folgende Möglichkeiten stehen hierfür beispielsweise zur Verfügung:
- Verzicht auf Anwendung der GWG Regelung nach § 6 Abs. 2 EStG. Die Gegenstände werden dadurch über ihre Nutzungsdauer abgeschrieben,
- Hinzurechnung bestehender Investitionsabzugsbeträge,
- Verteilung von größeren Erhaltungsaufwendungen bei Wohngebäuden auf mehrere Jahre.
Unsere Einschätzung
Auf den ersten Blick scheint die Änderung der Regelungen zur Verlustverrechnung nach § 10d EStG vorteilhaft für Steuerpflichtige zu sein. Denn sie können Verluste nun zwei Jahre zurücktragen. Im Ergebnis wird der Verlustabzug durch die Änderung der Regelungen jedoch eher komplizierter und eingeschränkt nutzbarer. Insbesondere weil es nicht mehr möglich ist, einen nur anteiligen Verlustrücktrag vorzunehmen. Um einen ungewollten Verlustrücktrag zu verhindern, ist es daher umso wichtiger, den Antrag auf Verzicht auf den Verlustrücktrag rechtzeitig einzureichen. Damit die steuerlichen Vorteile nicht untergehen, ist es von großer Bedeutung, die Fristen im Blick zu haben. Außerdem wird eine Günstigerrechnung zwischen den Alternativen des vollumfänglichen Verlustrücktrags oder des Verzichts darauf unerlässlich. Hierdurch lässt sich zuverlässig bestimmen, inwieweit die Verluste aufgeteilt werden, um ein optimales Ergebnis zu erreichen.
Benötigen Sie eine Günstigerrechnung der Verlustverwendung oder möchten Sie bei der für Sie zuständigen Finanzverwaltung einen Antrag auf Verzicht auf den Verlustrücktrag stellen? Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!
Wir unterstützen Sie gerne!