17. November 2022
Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Grundstücken
Inhaltsverzeichnis
In der Praxis ist die Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Grundstücken bisweilen Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren. Dies liegt an einer Vielzahl von Gesetzeslücken und unterschiedlicher Rechtsauffassungen. Nun hat das Bundesministerium der Finanzen seine Auslegung präzisiert. Wie Sie fortan in der Praxis die Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Grundstücken vornehmen sollten, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Unklare Rechtslage bei Vorsteueraufteilung
Aufgrund zahlreicher Gesetzeslücken und unterschiedlicher Rechtsauffassung wurde eine weitere präzisiere Auslegung zum § 15 Absatz 4 UStG, durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF), manifestiert. Dies geschah aufbauend auf den vorangegangenen Rechtsprechungen. Im BMF-Schreiben vom 20. Oktober 2022 wird insbesondere bei der Vorsteueraufteilung die Anwendung der Flächen- und Umsatzschlüssel konkretisiert.
Grundsatz der Vorsteueraufteilung
Unternehmer:innen, die steuerpflichtige Umsätze ausführen, sind dazu berechtigt, die Vorsteuerbeträge abzuziehen. Dies gilt, wenn sie Leistungen als Unternehmer:innen für Ihr Unternehmen beziehen.
Tätigen Unternehmer:innen sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Ausgangsumsätze haben in der Regel keinen vollen Vorsteuerabzug. Ein Beispiel hierfür ist die Vermietung von gemischt genutzten Gebäuden. Um beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen, ist der Zeitpunkt des Leistungsbezugs entscheidend. In der Praxis geht man von folgenden drei Fällen aus:
- Sobald die Vorsteuerbeträge den Umsätzen zuzurechnen sind, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist der Vorsteuerbetrag in voller Höhe abziehbar.
- Sind die Vorsteuerbeträge ausschließlich Umsätzen zuzuordnen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist der Vorsteuerbetrag vom Abzug ausgeschlossen.
- Des Weiteren unterscheidet man die übrigen Vorsteuerbeträge, die sowohl mit Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch mit Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.
Dies bedeutet, dass ein vollständiger Vorsteuerabzug ausscheidet, wenn die bezogenen Eingangsleistungen sowohl für steuerpflichtige als auch steuerfreie Ausgangsleistungen verwendet werden. Diese übrigen Vorsteuerbeträge sind nach dem Flächenschlüssel, Umsatzschlüssel oder ggf. nach dem umbauten Raum aufzuteilen. Die präzisere Aufteilungsmethode muss hierfür verwendet werden.
Wann verwendet man den objektbezogenen Flächenschlüssel?
Nach Auffassung der Finanzverwaltung erfolgt die Vorsteueraufteilung in der Regel bei gemischt genutzten Grundstücken nach dem Verhältnis des Gebäudes (Flächenschlüssel). Die Flächenberechnung setzt sich aus allen Räumen inkl. Tiefgaragen zusammen. Dies ist unabhängig davon, ob es sich um Wohn- oder Gewerbefläche handelt.
Unberücksichtigt bleiben Flächen, die zur Versorgung des Gebäudes verwendet oder gemeinsam benutzt werden. Dazu zählen etwa die Technikräume, das Treppenhaus, die Fahrradabstellräume und die Außenstellplätze. Die Fläche der Terrassen sowie Balkonen zählen nach Auffassung der Finanzverwaltung nur zur Hälfte zur Grundfläche, während Dachschrägen in vollem Umfang bei der Grundfläche anzusetzen sind. Wichtig ist, dass die Berechnung einheitlich, nachvollziehbar und sachgerecht durchgeführt wird.
Wann verwendet man den objektbezogenen Umsatzschlüssel?
Nach Auffassung der Finanzverwaltung kommt die Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel nur unter einer bestimmten Bedingung in Betracht. Diese ist gegeben, wenn die Ausstattungen der unterschiedlich genutzten Räume erheblich voneinander abweichen.
Erhebliche Unterschiede in der Ausstattung können angenommen werden, wenn:
- die Dicke der Decken
- die Dicke der Wände
- die Innenausstattung
voneinander abweichen.
Ein erheblicher Unterschied in der Ausstattung ist beispielsweise, wenn die einen Räume schlicht ausgebaut sind, während die anderen Räume eher luxuriöser ausgestattet sind. Ein weiteres Beispiel ist, wenn ein Schwimmbad eingebaut wird, welches nur durch den Mieter des Wohnbereichs genutzt werden kann. In der Regel weichen in solchen Fällen die Höhe des Bauaufwands sowie die tatsächlich erzielbaren Mieteinnahmen voneinander ab. Wichtig ist, dass der Wohneinheit, die sich unterscheidet, kein entsprechender funktions- und wertähnlicher Aufwand gegenübersteht.
Was gilt es beim umbauten Raum zu beachten?
Besteht eine erhebliche Abweichung in der Geschosshöhe, kann die Vorsteueraufteilung nach dem umbauten Raum in Betracht gezogen werden. Ein Beispiel ist, wenn Gebäudeteile mit unterschiedlichen Geschosshöhen, aber ansonsten ohne erhebliche Unterschiede in der Ausstattung zu beurteilen sind.
Ein Praxishinweis zur Wahl der Aufteilungsmethode
Laut der Finanzbehörde ist die Verwendung des Flächenschlüssels bei gemischt genutzten Grundstücken präziser als die Verwendung des Umsatzschlüssels.
Wenden Unternehmer:innen eine andere Aufteilungsmethode an und erfüllen beim Finanzamt ihre obliegenden Mitwirkungspflichten, muss das Finanzamt urteilen, ob die gewählte Aufteilungsmethode ein präziseres Ergebnis liefert als der Flächenschlüssel. Steuerpflichtige sind nicht verpflichtet, der zuständigen Finanzverwaltung darzulegen, welche Aufteilungsmethode zur Aufteilung der Vorsteuer bei gemischt genutzten Grundstücken präziser ist. Die Beweislast trägt die Finanzverwaltung.
Unsere Einschätzung
Unternehmer:innen sollten prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verwendung des Umsatzschlüssels bei der Vorsteueraufteilung vorliegen. So können sie in der Regel einen höheren Vorsteuerabzugsbetrag im Vergleich zum Flächenschlüssel geltend machen.
Diese Vorgehensweise entbindet jedoch nicht davon, den Vorsteuerschlüssel anhand der zugrunde gelegten Methode regelmäßig zu überprüfen und bei Änderungen entsprechend anzupassen. Sollten Sie Fragen zur Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Immobilien haben, sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.