8. Dezember 2021

Worauf Sie als Zahnarzt bei der Umsatzsteuer achten müssen

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Einzelne von Zahnärzten und Zahnärztinnen erbrachte Leistungen führen in der Praxis mitunter zu einer Umsatzsteuerpflicht. Lesen Sie hier, worauf Sie als Zahnarzt oder Zahnärztin beim Thema Umsatzsteuer achten müssen und erfahren Sie, wie Sie vermeiden können, Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.

Oftmals wird die Umsatzsteuerpflicht in der Zahnarztpraxis ungewollt nicht erkannt. Das kann bei einer nachträglichen Entdeckung schnell teuer für den Zahnarzt oder die Zahnärztin werden und zudem zu weiterem Ärger mit dem Finanzamt führen.

Unternehmer-Eigenschaft von Zahnärzten

Aus umsatzsteuerlicher Sicht (§ 2 UStG – Einzelnorm) zählen Zahnärzt:innen – trotz ihrer Freiberuflichkeit – zu Unternehmer:innen. Somit sind sie grundsätzlich auch dazu verpflichtet, Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen beim Finanzamt einzureichen.
Der § 2 UStG nennt folgende Voraussetzung für das Vorliegen einer Unternehmer-Eigenschaft des Zahnarztes beziehungsweise der Zahnärztin, welche im Regelfall auch zweifelsfrei erfüllt ist:

  • Jede nachhaltige Tätigkeit, die der Erzielung von Einnahmen dient (auf eine Gewinnerzielungsabsicht kommt es hierbei nicht an).

Somit gelten für Zahnärzt:innen die Grundsätze der Besteuerung nach dem Umsatzsteuergesetz. Es sei denn, die erbrachten Leistungen sind explizit von der Umsatzsteuer befreit.

Als Unternehmen für Zwecke der Umsatzsteuer gelten hierbei sämtliche Tätigkeiten des Zahnarztes oder der Zahnärztin, so beispielsweise auch separate gewerbliche Tätigkeiten.

Steuerbefreiung von zahnärztlichen Behandlungsleistungen

Der überwiegende Teil der zahnärztlichen Leistungen ist – ebenso wie beispielsweise andere ärztliche Leistungen – gemäß § 4 Nr. 14a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Als Voraussetzung hierfür muss es sich bei der Heilbehandlung um eine medizinische Indikation mit einen therapeutischen Ziel handeln. Außerdem muss ein entsprechender Befähigungsnachweis des Leistenden vorliegen. Diese Voraussetzung erfüllen Zahnärzte und Zahnärztinnen durch ihre Zulassung.

Unter die nach § 14 Nr. 14a UStG befreiten Umsätze fallen alle Behandlungsleistungen, die aufgrund einer Vertrauensbeziehung zwischen Patient:innen und behandelnden Zahnärzt:innen erbracht werden.

Hierunter fallen insbesondere:

  • Leistungen der Prophylaxe, da „vorbeugende Gesundheitspflege“. Grund: Die Leistung muss hierbei nicht zwingend durch behandelnde Zahnärzte oder Zahnärztinnen erbracht werden, sondern kann auch an fachkundiges Personal delegiert werden.
  • Parodontologie
  • Prothetik (Inlays, Onlays, Veneers, Kronen, Implantate): Sofern die Praxis die Prothetik selbst im Eigenlabor erstellt und nicht über ein Fremdlabor bezieht, sind diese Leistungen nicht von der Umsatzsteuer befreit, sondern unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent.
  • Zahnärztliche Chirurgie
  • Kieferorthopädie

Ein Implantat ist als Nebenleistungen zur eigentlichen Hauptleistung „Implantatsetzung“, welche eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung darstellt, ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit.

Bei individuellen Gesundheitsleistungen (iGeL) sollte das therapeutische Endziel ebenfalls dokumentiert werden können. Dann können Zahnärzt:innen sich gegebenenfalls von der Umsatzsteuer befreien lassen.
Generell lässt sich sagen, dass wenn Leistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden, dies ein Indiz für die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Umsatzsteuerbefreiung sein kann. Das muss aber nicht zwingend so sein.

Sind die zahnärztlichen Behandlungsleistungen nicht von der Umsatzsteuer befreit, müssen Zahnärzt:innen noch prüfen, ob die Leistungen dem ermäßigten Steuersatz von derzeit sieben Prozent oder dem Regelsteuersatz von derzeit 19 Prozent unterliegen.

Zu den nicht steuerbefreiten sonstigen Leistungen und Lieferungen von Zahnärzt:innen zählen beispielsweise das Bleachen von Zähnen oder der Verkauf von Prophylaxeartikeln.

Vorsteuerabzug bei Eingangsleistungen

Erbringt ein Unternehmer oder eine Unternehmerin umsatzsteuerpflichtige Umsätze, kann er oder sie aus seinen Eingangsrechnungen (= Rechnungen von Lieferanten, Dienstleistern, etc.) die darin enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen. Diese bekommen Sie dann auf die Umsatzsteuer, die sie auf ihre Ausgangsumsätze erheben müssen, angerechnet. Somit müssen sie dann nur noch den verbleibenden Differenzbetrag an das Finanzamt abführen.
Wenn nun beispielsweise ein Zahnarzt oder eine Zahnärztin sowohl umsatzsteuerfreie als auch umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, kann er oder sie die in den Eingangsrechnungen enthaltene Umsatzsteuer anteilig im Verhältnis der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze geltend machen.

Kleinunternehmerregelung bei Zahnärzt:innen

Sofern der Zahnarzt beziehungsweise die Zahnärztin steuerpflichtige Leistungen in geringem Umfang erbringt, kann er die sogenannte „Kleinunternehmer-Regelung“ in Anspruch nehmen. Diese hat zufolge, dass er oder sie auf die nicht steuerfreien Leistungen keine Umsatzsteuer erheben muss. Auf der anderen Seite kann der Zahnarzt oder die Zahnärztin aber auch keine anteilige Vorsteuer aus seinen Eingangsrechnungen ziehen.
Die Vorschriften für die Anwendung der Kleinunternehmer-Regelung sind in § 19 UStG geregelt.

Demnach kann die Kleinunternehmer-Regelung unter folgenden Voraussetzungen in Anspruch genommen werden:

  • umsatzsteuerpflichtige Leistungen im vorangegangenen Jahr lagen unter der Grenze von 22.000 Euro und
  • umsatzsteuerpflichtige Leistungen dürfen im laufenden Jahr die Grenze von 50.000 Euro nicht übersteigen.

Wird eine der Umsatzgrenzen überschritten, muss der Zahnarzt oder die Zahnärztin grundsätzlich ab dem Folgejahr Umsatzsteuer auf die umsatzsteuerpflichtigen Umsätze erheben.

Von der Umsatzsteuer befreite Leistungen sind bei der Prüfung der Einhaltung der oben genannten Umsatzgrenzen nicht mit einzubeziehen.

Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei der Behandlung von Patient:innen ist in der Regel zu empfehlen, da so die erbrachten Leistungen als Nettobetrag dem Patienten beziehungsweise der Patientin in Rechnung gestellt werden können. Und zwar ohne dass noch zusätzlich Umsatzsteuer erhoben werden muss. Dies ist natürlich auch aus Sicht der Patienten und Patientinnen zu begrüßen.

Unsere Einschätzung

Ihre zahnärztlichen Leistungen sollten Sie genauestens hinsichtlich der Erfüllung der Erfordernisse an die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14a UStG überprüfen.  Ansonsten drohen Ihnen bei späterer Entdeckung beispielsweise im Rahmen einer Betriebsprüfung hohe Umsatzsteuernachzahlungen. Mitunter kann hierdurch auch noch weiterer Ärger mit dem Finanzamt drohen – beispielsweise in Form der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens. Daher ist hierbei Vorsicht geboten.

In der Praxis bietet sich für die grundsätzlich steuerpflichtigen Leistungen von Zahnärzt:innen die Anwendung der Kleinunternehmerregelung an. Haben Sie aber aus anderen Tätigkeiten zusätzlich noch weitere grundsätzlich steuerpflichtige Umsatzerlöse, kann die Kleinunternehmergrenze auch schnell wieder überschritten werden.

Haben Sie Fragen zur Umsatzsteuer bei zahnärztlichen Leistungen? Dann sprechen Sie uns gerne jederzeit an!

Stefanie Anders

Partnerin und Steuerberaterin

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