2. Dezember 2025
Quellensteuerabzug nach § 50a EStG im Filmgeschäft – Stockmaterial und grenzüberschreitende Gagen im Fokus
Inhaltsverzeichnis
Der Quellensteuerabzug nach § 50a EStG stellt bei internationalen Filmproduktionen Unternehmen und Steuerberater:innen regelmäßig vor Herausforderungen. Eine Steuerpflicht droht, wenn ausländische Darsteller:innen, Synchronsprecher:innen, Autor:innen oder Stock-Material-Anbietende bezahlt werden. Falsche Handhabung führt zu Nachforderungen, Rechtsstreitigkeiten und Haftungsrisiken – eine rechtzeitige Prüfung und Dokumentation sowie vertragliche Vereinbarungen zu Quellensteuereinbehalten sind deshalb Pflicht. Lesen Sie, worauf es bei grenzüberschreitenden Produktionen ankommt.
Quellensteuer: Welche Besonderheiten bestehen im Filmgeschäft?
Im Filmgeschäft entstehen zahlreiche grenzüberschreitende Zahlungen: Lizenzvergütungen für Stock-Material für ausländische Anbieter (z. B. Shutterstock, Getty Images, Pond5 und Co.), Gagen für ausländische Darsteller:innen oder Honorarzahlungen an werkschaffende Künstler:innen (z. B. Komponist:innen, Bühnenbildner:innen, Choreograph:innen).
Was regelt § 50a EStG beim Quellensteuerabzug im Filmgeschäft?
- 50a EStG regelt den Abzug der deutschen Einkommensteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen, also Personen ohne deutschen Wohnsitz. Trifft die Norm zu, hat der inländische Zahlende eine Abzugspflicht und eine Haftung für nicht einbehaltene Quellensteuern. Produktionsfirmen und ihreSteuerberater:innenmüssen deshalb schon beim Vertragsabschluss und bei der Zahlungsabwicklung prüfen, ob ein Abzug vorzunehmen ist oder ob z. B. eine Freistellungsbescheinigung vorliegt. Weitere Einzelheiten zum Quellensteuerabzug haben wir im vorherigen Blogbeitrag beleuchtet.
Quellensteuer: Was sind typische Fallkonstellationen im Filmgeschäft?
1. Welche Besonderheiten gelten bei der Nutzung von Stockmaterial (Fotos, Clips, Musik)
Zahlungen für Stockmaterial führen häufig zu Lizenzvergütungen, die unter § 50a EStG fallen. Wenn der/die Rechteinhaber:in im Ausland sitzt und nur beschränkt steuerpflichtig in Deutschland ist, besteht grundsätzlich eine Steuerabzugsverpflichtung bei der Zahlung.
Beispiel: Kauf von Bildrechten für Stockmaterial via Bezahl-Download auf einer Internet-Plattform eines US-Unternehmens.
Praxis-Tipp: Vor Zahlung stets Sitz/Ansässigkeit der Leistenden (in der Regel die Plattform) prüfen und eine Freistellungsbescheinigung oder einen Ansässigkeitsnachweis anfordern und in der Buchführung dokumentieren. Bei Unsicherheit vorherige Abstimmung mit der Steuerberatung, um Haftungs- und Nachforderungsrisiken zu vermeiden.
2. Ausländische Darsteller:innen: Wie werden grenzüberschreitende Gagen berechnet?
Bei Auftritten oder Dreharbeiten in Deutschland unterliegen Gagen für ausländische Darsteller:innen grundsätzlich dem Quellensteuerabzug nach § 50a EStG. Entscheidend ist, dass es sich um eine Darbietung in Deutschland auf freiberuflicher Basis handelt.
Bei einer festen Anstellung im Inland greift hingegen das Lohnsteuerrecht. Praktisch bedeutet das: Treten ausländische Schauspieler:innen in Deutschland auf, muss der inländische Veranstalter bzw. Produzent prüfen, ob er die Quellensteuer einbehält und abführt.
Abhilfe können Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) schaffen. Sind die Künstler:innen im Ausland ansässig und das DBA gewährt dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht, kann der Steuerabzug entfallen oder reduziert werden (Ansässigkeitsnachweis erforderlich).
Beispiel: Eine US-Schauspielerin reist für zwei Wochen nach Berlin, nimmt an einem Filmdreh teil und erhält von der deutschen Produktionsgesellschaft eine Gage in Höhe von 500.000 USD. Für die Produktion liegt damit eine in Deutschland erbrachte Darbietung vor. Die Gage ist quellensteuerpflichtig nach § 50a EStG, wenn die Schauspielerin in den USA ansässig und in Deutschland nur beschränkt steuerpflichtig ist.
Praxis-Tipp: Vereinbaren Sie im Vertrag klare Pflichten zur Vorlage eines Ansässigkeitsnachweises und ausdrückliche Regelungen bezüglich eines etwaigen Quellensteuereinbehalts.
3. Wie werden Honorare für werkschaffende Künstler:innen eingeordnet?
Ein weiterer wichtiger Praxis-Fall sind die werkschaffenden Künstler:innen. Auf die Vergütung, die für die Schaffung eines Werkes gezahlt wird, fällt zwar direkt keine Quellensteuer an. Honorare für werkschaffende Künstler:innen (z. B. Komponist:innen, Bildgestalter:innen, Cutter:innen) können jedoch trotzdem unter § 50a EStG fallen, wenn diese im Ausland ansässig sind. Denn regelmäßig werden die Künstler:innen nicht nur für die Schaffung eines Werkes entlohnt, sondern auch für die anschließende Nutzung bzw. Verwertung (z. B. Nutzung des Bühnenbildes oder des Musikstückes im Rahmen einer TV-Produktion). Die Quellensteuer betrifft dann den Teil der Vergütung, der als inländische Nutzungsvergütung (Rechteüberlassung) zu verstehen ist.
Es liegt also eine gemischte Leistung vor. Entscheidend ist die rechtliche Einordnung: In welchem Umfang handelt es sich um die eigentliche Werkschaffung und in welchem um die Überlassung von Verwertungsrechten (Lizenz/Nutzungsvergütung)?
Beispiel: Ein US-Regisseur wird für einen sechswöchigen Dreh in München engagiert und erhält ein Honorar von 50.000 USD. Entscheidend ist, inwieweit die Vergütung für seine persönliche Leistung bzw. als Vergütung mit Lizenzcharakter (z. B. Übertragung von Urheber-/Verwertungsrechten) zu qualifizieren ist.
Praxis-Tipp: Vertraglich klar den jeweiligen Leistungsgegenstand definieren und die Aufteilung dokumentieren, eine entsprechende Rechnung und Leistungsnachweis verlangen und ggfs. einen Ansässigkeitsnachweis bzw. eine Freistellungsbescheinigung verlangen.
Quellensteuer: Wie Tätigkeitsvergütungen und Lizenzgebühren voneinander abzugrenzen sind
Ob eine Zahlung als Lizenzvergütung oder als Tätigkeitsvergütung zu qualifizieren ist, bestimmt die steuerliche Behandlung nach § 50a EStG und hat direkte Folgen für Abzugspflicht und Haftung. Die Aufteilungsproblematik betrifft auch Darstellungen, z. B. Live-Auftritte in TV-Shows oder auf Konzerten, wenn diese im Anschluss als Aufzeichnung verwertet werden. Häufig ist diese Streitfrage Gegenstand einer steuerlichen Prüfung durch die Finanzverwaltung.
Im besten Fall ist eine Aufteilung vertraglich klar geregelt. In der überwiegenden Anzahl der Fälle wird jedoch nur eine einheitliche Vergütung vereinbart. Die Finanzverwaltung stellt in seinen Verwaltungsanweisungen klar, dass bei solchen gemischten Zahlungen eine sachgerechte Aufteilung vorzunehmen ist. Die Frage, welcher Teil als Lizenz- bzw. Tätigkeitsvergütung zu qualifizieren ist, entscheidet nicht nur über den nationalen Quellensteuerabzug, sondern auch über Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen und damit der Zuteilung des Besteuerungsrechts.
Wenn die Aufteilung von Tätigkeits- und Lizenzvergütung unklar ist
Kann im konkreten Einzelfall ein objektiver Aufteilungsmaßstab nicht ermittelt werden, kann der Rechteanteil geschätzt werden. Bei der Schätzung sind die konkreten Umstände des Einzelfalls jedoch stets zu berücksichtigen. Zur Hilfe genommen werden können unter Umständen die folgenden Verwaltungsanweisungen: Finanzverwaltung: Aufteilung bei Darstellungen
Falls keine Anhaltspunkte für eine anderweitige Aufteilung vorliegen (z. B. Dienstleistungs- und Verwertungsvertrag wird mit verschiedenen Vertragspartnern abgeschlossen), können 80 Prozent der persönlich ausgeübten Tätigkeit und 20 Prozent deren Verwertung (Lizenzüberlassung) zugeordnet werden. Finanzverwaltung: Aufteilung bei Werkschaffungen
Bei werkschaffenden Künstler:innen (z. B. Bühnenbildner, Choreographen) können 40 Prozent der persönlich ausgeübten Tätigkeit und 60 Prozent deren Verwertung (Lizenzüberlassung) zugeordnet werden, falls keine Anhaltspunkte für eine anderweitige Aufteilung vorliegen.
Total-Buy-out-Rechtsprechung: Wie sind Lizenzüberlassung und Lizenzübertragung voneinander abzugrenzen?
In Abgrenzung zur Lizenzüberlassung liegt bei einer grenzüberschreitenden Lizenzübertragung kein quellensteuerpflichtiger Sachverhalt vor. In Verträgen für TV- oder Filmproduktionen ist regelmäßig eine vollständige Rechteübertragung vorgesehen, da der Filmhersteller alle Rechte bei sich wissen will.
Für steuerliche Zweck hat der BFH in zwei Verfahren (I R 69/16 und I R 83/16, jeweils Urteile vom 24.10.2018) klargestellt, dass ein vertraglich als sog. „total buy out" bezeichnetes Pauschalentgelt nicht automatisch zu einer rechtlichen oder wirtschaftlichen Veräußerung der Urheber-/ und Verwertungsrechte führt.
Maßgeblich ist die wirtschaftliche Substanz des Rechtsübergangs. Entscheidend ist, ob der Erwerber tatsächlich die für das wirtschaftliche Eigentum typischen Befugnisse und die tatsächliche Herrschaft über das Recht erlangt hat. Im Steuerrecht ist dieser Prüfungsmaßstab, als Zurechnungsregel im Rahmen des § 39 AO (wirtschaftliches Eigentum / Zurechnung von Wirtschaftsgütern), ein wesentliches Element.
Liegt nach dieser Würdigung steuerlich weiterhin eine bloße, wenn auch umfassende Nutzungsüberlassung vor, ist Quellensteuer einzubehalten. Nur wenn das wirtschaftliche Eigentum übergegangen ist, liegt eine quellensteuerfreie Veräußerung bzw. Übertragung der Rechte vor.
Praxis-Tipp: Wer einen „total buy out" auch wirtschaftlich gegenüber Finanzverwaltung und Finanzgerichten durchsetzen will, sollte die vertraglichen und wirtschaftlichen Strukturen sorgfältig prüfen und dokumentieren.
Wann greift bei Lizenzen eine Quellensteuerbefreiung?
Das Gesetz eröffnet für Vergütungen für Rechteüberlassungen eine vereinfachte Freistellungsoption: Ist die Summe der im Kalenderjahr an denselben ausländischen Vergütungsgläubiger zufließenden Vergütungen von geringer Bedeutung, muss der inländische Schuldner keinen Steuerabzug vornehmen, soweit im Doppelbesteuerungsabkommen eine günstigere Regelung enthalten ist (sog. Prüfungsoption gemäß § 50c Absatz 2 Nummer 2 EStG).
Mit Wirkung für Zahlungen nach dem 31.12.2023 wurde die relevante Freigrenze von zuvor 5.000 EUR auf 10.000 EUR je Kalenderjahr und Vergütungsgläubiger angehoben. Damit sind viele Kleinsachverhalte (z. B. einzelne Stock-Lizenzen) von der Abzugspflicht befreit.
Steueranmeldungspflicht bleibt unberührt
Die Befreiung entbindet nicht von der Pflicht zur Steueranmeldung beim Bundeszentralamt für Steuern (sog. Null-Meldung) und einer entsprechenden internen Dokumentation. Unternehmen sollten die Zahlungsflüsse und die Identität des Empfängers nachvollziehbar dokumentieren, damit bei Prüfungen die Anwendung der Freistellungsoption nachvollziehbar ist.
Wie Sie Nachforderungsrisiken und Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung vermeiden können: Unsere Einschätzung
Die frühzeitige Prüfung von Verträgen und Zahlungsprozessen reduziert Haftungs- und Nachforderungsrisiken sowie Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung erheblich. Die Behandlung von Stockmaterial, ausländischen Darbietungen und Honoraren werkschaffender Künstler:innen unter § 50a EStG ist häufig ein Streitthema. Die nationale Rechtsfolge und Anwendbarkeit von Doppelbesteuerungsabkommen hängen von der konkreten Vertrags- und Sachverhaltsgestaltung ab.
Bei Unklarheiten empfehlen wir eine zeitnahe steuerliche Prüfung. Ob bei der Vertragsgestaltung, der Analyse von Quellensteuersachverhalten, bei Anträgen an das Bundeszentralamt für Steuern oder der Begleitung von Betriebsprüfungen – unsere Steuerberaterin Aleksandra Curi und Steuerberater Tim Weyers unterstützen Sie gern.
Nehmen Sie einfach Kontakt auf.



