15. Dezember 2020

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht verlängert: Infos für Unternehmen

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Die Bundesregierung hatte zu Beginn der Corona-Pandemie die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt, um den betroffenen Unternehmen Gelegenheit zur Beantragung staatlicher Corona-Hilfen zu geben. Nun wird die Insolvenzantragspflicht auch im Januar ausgesetzt. Was die verlängerte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen bedeutet, erfahren Sie hier.

Seit dem ersten Beschluss zur Aufhebung der Insolvenzantragspflicht hat der Bund die Aussetzung laufend verlängert. Nun hat die große Koalition beschlossen, die Insolvenzantragspflicht auch im Januar 2021 auszusetzen. Der Beschluss gilt für den Insolvenzgrund der Überschuldung.

Wieso wird die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht erneut verlängert?

Zur Abfederung der wirtschaftlichen Einbußen durch die Corona-Krise hat der Staat Hilfspakete versprochen, deren Auszahlung sich allerdings verzögert. Dementsprechend können durch die Corona-Krise betroffene Betriebe mit finanziellen Mitteln rechnen, die Liquidität in der Krise sichern.

Daher soll durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht über den 31. Dezember 2020 hinaus verhindert werden, dass betroffene Unternehmen Insolvenz beantragen müssten, nur weil die staatlichen November- und Dezemberhilfen noch nicht geflossen sind.

Der Bund versucht so, die von Expert:innen befürchtete Insolvenzwelle zu vermeiden. Allerdings gibt es kritische Stimmen, die lediglich eine aufgeschobene Insolvenzwelle befürchten.

Wann besteht Insolvenzantragspflicht nach üblicher Insolvenzordnung?

Laut Insolvenzordnung (§ 15a InsO) sind Unternehmen innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung dazu verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Den Antrag müssen die Geschäftsführer:innen stellen.

Die Koalition hatte im Sommer zunächst beschlossen, dass die Antragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit ab dem 1. Oktober wieder gelten soll. Nun bleibt es auch im Januar dabei, dass Zahlungsunfähigkeit keine Insolvenzantragspflicht begründet.

Rechtsgrundlage der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht

Rechtsgrundlage ist das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz.

Nach diesem Gesetz wird vermutet, dass die Insolvenzreife eines betroffenen Unternehmens auf den Auswirkungen der Corona-Krise beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Überschuldung zu beseitigen, wenn es am 31. Dezember 2019 nicht überschuldet war.

Außerdem ist in dem Gesetz eine Verordnungsermächtigung für das BMJV enthalten, wonach die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch einfache Rechtsverordnung bis höchstens zum 31. März 2021 möglich ist. Ob das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz tatsächlich davon Gebrauch macht, hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab.

Überschuldung in Unternehmen nach der Insolvenzordnung

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist aktuell also auf den Insolvenzgrund der Überschuldung beschränkt. Doch was bedeutet das in der unternehmerischen Praxis?

Die Überschuldung ist ausschließlich juristischen Personen vorbehalten. Eine Überschuldung liegt nach § 19 Insolvenzordnung vor, wenn das Vermögen des Unternehmens die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.

Maßgeblich ist also eine rechnerische Überschuldung des Unternehmens und eine positive Prognose zu dessen Fortführung. Diese Elemente müssen allerdings kumulativ vorliegen.

Zahlungsunfähigkeit in Unternehmen nach der Insolvenzordnung

Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 17 Insolvenzordnung hingegen erst dann vor, wenn ein Unternehmen nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.

Das ist in der Regel der Fall, wenn Schuldner:innen die Zahlungen eingestellt haben. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner oder die Schuldnerin nicht innerhalb von drei Wochen in der Lage ist, 90 Prozent seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten zu begleichen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 88/1).

Unsere Einschätzung

Die historisch niedrige Anzahl an Insolvenzen im Jahr 2020 belegt einen gewissen Erfolg der insolvenzverhütenden Maßnahmen.

Der Bund stellt die erneute Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für den Antragsgrund der Überschuldung bis zum 31. Januar 2021 unter die Vermutung, dass die Überschuldung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und daher zeitlich begrenzt ist. Allerdings besteht die zumindest theoretische Möglichkeit, dass missgünstige Gläubiger:innen den Versuch unternehmen, diese Vermutung zu widerlegen und bemüht sind nachzuweisen, dass die Überschuldung andere Ursachen hat. Bestehen hierfür tatsächliche Anhaltspunkte, sollten Sie nicht zwingend auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vertrauen und einen Antrag auf Verfahrenseröffnung zumindest prüfen.

Damit Sie auch im absoluten Worst Case rechtssicher durch die Pandemie kommen, prüfen unsere Expertinnen und Experten frühzeitig Ihr Insolvenzrisiko und die erforderlichen Nachweise. Wir haben ein Team aus mehreren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammengestellt, das sie in dieser außergewöhnlichen Situation bestmöglich unterstützt.

Sprechen Sie uns gerne an.

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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