Die Anwendung des EMCS bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
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16. August 2023

Die Anwendung des EMCS bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

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Die Anwendung der Steuerfreiheit für grenzüberschreitende innergemeinschaftliche Lieferungen für Umsatzsteuerzwecke erfordert neben dem Warentransport auch präzise Nachweise und ein korrektes Reporting. Zur Vermeidung von Steuernachzahlungen und/oder gar Straf- und Bußgeldern sollten digitale Prozesse implementiert werden, damit alle Anforderungen berücksichtigt werden. Für harmonisierte Verbrauchsteuergüter (z. B. Energieerzeugnisse, Alkohol, Tabak) steht bereits heute das IT-Verfahren EMCS (Excise Movement and Control System), mit dem auch der Gelangensnachweis für innergemeinschaftliche Lieferungen erbracht werden kann, zur Verfügung (siehe hierzu auch das BMF-Schreiben vom 11.07.2023 – III C 3 – S 7141/21/10002 :001). Hier erfahren Sie mehr über die Anwendung und die Vorteile.

Rechtliche Grundlage für das EMCS

Für die Nachweisführung sieht die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung eine Vielzahl von Nachweismöglichkeiten vor. Sowohl die Gelangensvermutung nach § 17a Absatz 1 UStDV (Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung) als auch die Gelangensbestätigung nach § 17b Absatz 2 Nr. 2 UStDV ist mit einem hohen administrativen Aufwand und der Mitarbeit des Abnehmers verbunden. Nicht selten sind diese Nachweise – insbesondere bei händischen Prozessen – in der Praxis lückenhaft. Gemäß § 17b Absatz 3 Satz 1 Nr. 4a UStDV besteht die Möglichkeit, den für Umsatzsteuerzwecke erforderlichen Gelangensnachweis mithilfe des IT-Verfahrens EMCS zu erbringen.

EMCS: Was ist der Gelangensnachweis und wann ist er erforderlich?

Der Gelangensnachweis ist ein Dokument, das den Nachweis erbringt, dass eine Ware tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gelangt ist. Nur wenn Unternehmen diesen Nachweis erbringen können, wird die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen gewährt. Für harmonisierte Verbrauchsteuerwaren, wie beispielsweise Energieerzeugnisse, Alkohol und Tabak, steht für grenzüberschreitende Warenbewegungen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten das IT-gestützte Verfahren EMCS (Excise Movement and Control System) zur Verfügung. Dieses eigentlich für das Verbrauchsteuerrecht anzuwendende Verfahren kann man bei der Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren auch für Umsatzsteuerzwecke als Nachweis für grenzüberschreitende Warenbewegungen nutzen. Bei sogenannten „innergemeinschaftlichen Lieferungen“, bei denen man eine Ware von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen transportiert, heißt das: Man erbringt den Nachweis, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, mithilfe des EMCS. Mit diesem digitalisierten Prozess lassen sich potentielle Nachweislücken schließen. Dafür müssen die relevanten Informationen durch das EMCS-Verfahren auch digitalisiert abgebildet werden.

Vorteile und Fallstricke: Das IT-Verfahren EMCS 

Das EMCS-Verfahren gilt seit längerem bei der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung. Seit dem 13. Februar 2023 ist die Verwendung des EMCS-Verfahrens für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren des steuerrechtlich freien Verkehrs zu gewerblichen Zwecken aus dem Steuergebiet in andere Mitgliedstaaten sogar verpflichtend.

Ab diesem Zeitpunkt ist daher kein vereinfachtes Begleitdokument in Papierform mehr, sondern ein vereinfachtes elektronisches Verwaltungsdokument (v-e-VD) für die Beförderung von Energieerzeugnissen des steuerrechtlich freien Verkehrs aus anderen Mitgliedsstaaten zu verwenden.  Diese Beförderungen gelten nur dann als ordnungsgemäß zu gewerblichen Zwecken ausgeführt, wenn die Beförderung mit einem v-e-VD nach Art. 36 der Richtlinie (EU) 2020/262 erfolgt.

Der Bestimmungsort der Lieferung ist nach dem Regularium für das EMCS-Verfahren nur dann verpflichtend einzutragen, wenn es sich um

  • Lieferungen an Steuerlager, um
  • Direktlieferungen oder um 
  • Lieferungen an zertifizierte Empfänger 

handelt. 

Bei allen übrigen Lieferungen ist die Lieferadresse kein Pflichtfeld in EMCS. Eine Validierung im EMCS-Verfahren erfolgt in diesen Fällen daher auch, wenn keine Eintragung zum Bestimmungsort der Lieferung erfolgt ist. Das Fehlen des Bestimmungsortes hat dann jedoch Auswirkungen für die Nachweisführung bei der Umsatzsteuer. 

Nach dem neuen BMF-Schreiben vom 11.07.2023 (III C 3 – S 7141/21/10002 :001) kann daher eine validierte EMCS-Eingangsmeldung nur dann als umsatzsteuerlicher Gelangensnachweis anerkannt werden, wenn darin jeweils Angaben zum Bestimmungsort enthalten sind. Sofern diese Angaben fehlen, muss nach Auffassung der Finanzverwaltung der Unternehmer weitere Belege vorlegen, aus denen sich der Bestimmungsort eindeutig und leicht nachprüfbar ergibt (vgl. Änderungen zu Abschnitt 6a.5 Abs. 13 UStAE).

Unsere Einschätzung

Das EMCS bietet insgesamt effizientere Abläufe und reduziert – durch den Einsatz bereits vorhandener digitalisierter Prozesse für Verbrauchsteuern – den Verwaltungsaufwand auch für die Umsatzsteuer im Vergleich zur händischen Nachweisführung. Jedoch müssen gewisse Voraussetzungen und die korrekte Anwendung des Systems beachtet werden, um steuerliche Risiken zu vermeiden. Und genau diese Prozesse sollten sowohl für Umsatzsteuer- als auch für Verbrauchsteuerzwecke richtig und vollständig angewandt werden. Sonst drohen Steuernachzahlungen in beiden Steuerarten!

Wenn Sie Fragen zur Nachweisführung mittels EMCS haben, sprechen Sie gerne unsere Energiesteuer- und Umsatzsteuer-Experten an.

Marcus Sauer

Partner, Steuerberater, Diplom-Volkswirt

Tino Wunderlich

Associate Partner, Rechtsanwalt, Steuerberater, Bereich Energiesteuern

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