Freistaat Bayern klagt gegen die Erbschaftssteuer 
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2. Juni 2023

Bayern klagt gegen die Erbschaftssteuer 

Kategorien: Steuerberatung

Seit dem ersten Januar 2023 gilt das neue Bewertungsverfahren für Immobilien, wodurch das Erben von Immobilien vermeintlich teurer werden könnte. Bayern drohte bereits vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Am Dienstag verkündete Ministerpräsident Markus Söder, dass die Klage gegen die Erbschaftssteuer im Juni erhoben werden soll. Was ist Hintergrund der Klage?

Warum klagt Bayern gegen das Erbschaftsteuergesetz und was ist das Ziel?

Bayern – und auch andere Bundesländer – sind von den Neuregelungen der Grundbesitzbewertung betroffen, wenn bisher keine Daten der Gutachterausschüsse veröffentlicht worden sind. Nach Auffassung von Ministerpräsident Markus Söder sind die Grundstückswerte besonders in Bayern durch die Neubewertung stark angestiegen und der Freistaat sei dadurch im Vergleich zum Rest Deutschlands massiv benachteiligt. Dadurch, dass die persönlichen Freibeträge nicht angehoben wurden, besteht die Sorge, dass Normalverdiener:innen ihr Erbe nicht behalten könnten und so Söder „Haus und Hof“ verkaufen müssten.

Mit der Klage strebt Bayern unter anderem an, dass Freibeträge angehoben werden und dass das Erben eines Einfamilienhauses steuerfrei bleibt. Immerhin seien die Freibeträge seit 2008 nicht erhöht worden und im Gegensatz dazu seien Immobilienwerte stark angestiegen. 

Der CSU gehe es mit der Klage nicht um die Abschaffung der Erbschaftsteuer, sondern um den Schutz von Eigentum und Mittelstand. Superreiche sollen weiterhin Erbschaftsteuer zahlen, so Söder auf der Pressekonferenz.

Was ist die Erbschaftssteuer?

Die Erbschaftssteuer ist eine Steuer, die auf das Vermögen anfällt, das jemand durch Erbschaft oder Schenkung erhält. Wenn eine Person stirbt und ihr Vermögen an eine andere Person übergeht, fällt die Erbschaftssteuer an. Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Wert des Vermögens und kann sowohl auf finanzielle Werte als auch auf Sachbezüge und Wertgegenstände erhoben werden.

Es gibt auch Freibeträge (und Steuerbefreiungen), die bei Antritt eines Erbes geltend gemacht werden können. Bezüglich der Freibeträge variieren diese je nach dem Grad der familiären Nähe von Erblasser:innen. Zum Beispiel hat ein:e Ehepartner:in nach dem Tod des Gatten bzw. der Gattin einen Freibetrag von 500.000 Euro und Kinder des Erblassers bzw. der Erblasserin haben jeweils einen Freibetrag von 400.000 Euro.

Wie hoch ist die Erbschaftssteuer?

Die Höhe der Erbschaftssteuer in Deutschland hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter dem Wert des Erbes, der Steuerklasse des Empfängers oder der Empfängerin und der Anwendung von Freibeträgen. Dies sind die grundlegenden Steuersätze nach Steuerklassen:

  • Steuerklasse I (Ehepartner:in, Kinder, Stiefkinder, Enkel): Die Steuersätze variieren zwischen 7 Prozent und 30 Prozent. Für Ehepartner gibt es einen Freibetrag von 500.000 Euro, für Kinder und Stiefkinder einen Freibetrag von 400.000 Euro und für Enkel einen Freibetrag von 200.000 Euro.
  • Steuerklasse II (Eltern, Geschwister, Schwiegereltern und -kinder, geschiedene Ehepartner:innen): Die Steuersätze liegen zwischen 15 Prozent und 43 Prozent. Der Freibetrag für diese Klasse beträgt 20.000 Euro.
  • Steuerklasse III (alle anderen Personen): Die Steuersätze liegen zwischen 30 Prozent und 50 Prozent. Der Freibetrag für diese Klasse beträgt ebenfalls 20.000 Euro.

Der Wert des Erbes basiert auch auf Bewertungen, die unter anderem. Bei Grundbesitz und Unternehmensvermögen erfolgen müssen. Nur so kann der geerbte Wert dieser Vermögensgegenstände festgestellt werden.

Unsere Einschätzung

Bayern klagt nicht gegen das Bewertungsverfahren, sondern beantragt mit der Klage eine Überprüfung von Freibeträgen und Steuersätzen und die Öffnung für eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer. Hat Bayern mit der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg, führt dies zu Steuermindereinnahmen für den Staat. 

Wenn Sie Fragen rund um das Thema Erbschaftssteuer haben, kommen Sie gerne auf uns als Spezialisten zur Erbschaftsteuer bei ECOVIS NRW zu. Wir beraten Sie.

 

Akram Juja

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Master of Science, Leiter Unternehmens- und Vermögensnachfolge

Stephanie Ernst

Prokuristin, Steuerberaterin, Diplom-Finanzwirtin, Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)

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