Unternehmensbewertung: Wie werden strittige Zollabgaben berücksichtigt?
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19. März 2024

Unternehmensbewertung: Wie werden strittige Zollabgaben berücksichtigt?

Kategorien: Steuerberatung

Inhaltsverzeichnis

Für die Erbschaftsteuer werden Unternehmen und Anteile an Kapitalgesellschaften oft nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren bewertet. Das ist immer dann der Fall, wenn der Substanzwert als Mindestwert nicht zum Tragen kommt (Unternehmensbewertung). Was Sie zu vereinfachten Ertragswertverfahren und strittigen Zollabgaben wissen müssen, finden Sie hier.

Wie funktioniert die Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren? 

Elementar für das vereinfachte Ertragswertverfahren ist auch die Auslegung außerordentlicher Aufwendungen. Liegen die vor, kann es zu einer höheren Bewertung kommen. In einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 05.12.2023 hat das FG Münster Stellung zu diesem Rechtsbegriff genommen.

Bei der Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren wird der zukünftig erzielbare Jahresertrag aus dem in der Vergangenheit tatsächlich erzielten Durchschnittsertrag abgeleitet. Dazu wird der Gewinn der letzten drei, vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre als Ausgangswert zugrunde gelegt und über gesetzlich festgelegte Korrekturen angepasst.

Wie werden außergewöhnliche Aufwendungen oder Erträge hinzugerechnet oder gekürzt? 

Der Gesetzgeber verfolgt die Zielsetzung, dass Extremwerte, die keine Aussage über die Güte des Geschäftsmodells preisgeben, korrigiert werden. Damit soll eine Verfälschung des Unternehmenswertes durch Einzeleffekte vermieden werden.

Darum wird bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses eine Hinzurechnung der im Ausgangswert enthaltenen außerordentlichen Aufwendungen vorgenommen; die kann wertsteigernd sein.

Spiegelbildlich werden außerordentliche Erträge wertmindernd abgezogen.

Im aktuellen Urteilsfall hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass vom ausländischen Staat festgesetzte und strittige Zollabgaben samt Nebenleistungen und Verzugszinsen außergewöhnliche Aufwendungen sind. Im Gegenzug sei eine dafür erhaltene Versicherungsleistung zum Rechtsstreit als außergewöhnlicher Ertrag abzuziehen. 

So wird der Begriff außergewöhnlichen Aufwendungen vom FG Münster ausgelegt

Nach Ansicht des FG Münster erfordert der Begriff außergewöhnliche Aufwendungen nicht zwingend, dass es sich um einmalig anfallende Aufwendungen handelt. Ausreichend sei bereits, wenn die Aufwendungen nach Art und Höhe nur in sehr großen, unregelmäßigen Zeitabständen anfallen können. Nach dem Gesetzeszweck sollen über die Hinzurechnungen und Kürzungen eben solche Sondereffekte ausgeblendet werden und somit keinen Einfluss auf den nachhaltig erzielbaren Ertrag haben.

Im Streitfall sei eine Hinzurechnung daher vorzunehmen, da im Bewertungszeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte dafür bestünden, dass in einem absehbaren Zeitraum erneut ähnliche Aufwendungen anfallen würden. 

Unsere Einschätzung

Für die Praxis ist diese Fragestellung höchst relevant, da eine Beurteilung außerordentlicher Aufwendungen und die damit verbundene Hinzurechnung zu einem höheren Unternehmenswert und folglich zu einer höheren Belastung mit Erbschaft-/Schenkungssteuer führt. Bei Fragen steht Ihnen Akram Juja zur Verfügung.

Akram Juja

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Master of Science, Leiter Unternehmens- und Vermögensnachfolge

Expert:innen zu diesem Thema

Akram Juja

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Master of Science, Leiter Unternehmens- und Vermögensnachfolge

Stephanie Ernst

Prokuristin, Steuerberaterin, Diplom-Finanzwirtin, Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)

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