22. April 2024
Wachstumschancengesetz: Änderungen bei Vermächtnissen im Erbschaftsteuergesetz
Am 22.03.2024 hat das Wachstumschancengesetz durch die Zustimmung des Bundesrates die letzte Hürde im Gesetzgebungsverfahren genommen. Durch das Wachstumschancengesetz soll der Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt und das Steuersystem an zentralen Stellen vereinfacht und modernisiert werden. Auch im Bereich der Erbschaft- und Schenkungssteuer wurden Änderungen beschlossen. Alles Wissenswerte finden Sie hier.
Beschränkte Steuerpflicht bei Vermächtnissen
Anlass für die erste relevante Gesetzesänderung war ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23.11.2022. Darin verfügten weder die Erblasserin noch Vermächtnisnehmerin über einen Wohnsitz oder dauerhaften Aufenthalt in Deutschland (Inländer). Lediglich das Vermächtnis umfassende Vermögen befand sich in Deutschland. Wird Inlandsvermögen (i.S.d. § 212 BewG) vererbt und ist weder Erblasser:in noch Erb:in Inländer:in, liegt die sogenannte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht vor. Damit hat Deutschland das Besteuerungsrecht über das „deutsche Inlandsvermögen“ in diesem Erbfall. Hier wird jedoch nicht der Erbe bzw. die Erbin, sondern der bzw. die Vermächtnisnehmer:in betrachtet, der/die ebenfalls nicht Inländer:in ist.
Der BFH hat entschieden, dass die Voraussetzungen der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht bei einem Erwerb von Inlandsvermögen durch Vermächtnis nicht erfüllt seien. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG (in der aktuellen, vor Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes gültigen Fassung) setzt für die Begründung einer beschränkten Steuerpflicht voraus, dass Inlandsvermögen im Sinne des § 121 Bewertungsgesetz (BewG) vorliegt. Durch ein Vermächtnis erwerbe der/die Vermächtnisnehmer:in allerdings kein solches Inlandsvermögen, sondern lediglich den schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung von Inlandsvermögen. Dieser Anspruch auf Übertragung sei allerdings in keine der im § 121 BewG aufgezählten Kategorien einzuordnen, sodass es sich „definitorisch“ nicht um inländisches Vermögen handelte.
Erbschaftsteuer und Vermächtnisse: Inkrafttreten der Gesetzesänderungen
Die Gesetzesänderung tritt am Tag der Verkündigung der Gesetzesänderung in Kraft. Der neu gefasste § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem Tag der Verkündung entsteht.
Unsere Einschätzung
Der Gesetzgeber reagiert auf dieses Urteil nun, indem er die Vorschrift der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG anpasst. Durch diese Gesetzesänderung unterliegt nun auch der Erwerb von Inlandsvermögen durch Vermächtnis nach dem klaren Wortlaut der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht. Im Ergebnis werden dadurch in- und ausländische Vermächtnisnehmer:innen gleichgestellt. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich gerne an Akram Juja.