19. Mai 2021

Steuerliche Unternehmensbewertung in der Corona-Krise

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Im vierten Beitrag unserer Serie zur Unternehmensnachfolge befasst sich unser Experte Akram Juja mit der Unternehmensbewertung in der Corona-Krise. Sie erhalten einen Überblick über verschiedene Bewertungsverfahren und etwaige Einflüsse der Pandemie.

In Zeiten von Corona gibt es, wie in jeder (Wirtschafts-)Krise, Schatten aber auch Licht. Es gibt Unternehmen, denen die Aufträge wegbrechen und diese dadurch in eine Existenzkrise rutschen. Es gibt aber auch Unternehmen, die beispielsweise durch den Onlinehandel oder eine krisenbedingte Nachfragesteigerung, die Umsätze „ihres Lebens“ erzielen. Beide Varianten können sowohl den Großkonzern als auch den Handwerksbetrieb treffen.

Für eine geplante oder durch Erbschaft oder Schenkung bereits erfolgte Unternehmensnachfolge ist es zwingend notwendig, eine steuerliche Unternehmensbewertung durchzuführen. Dabei muss der Unternehmenswert richtig eingeschätzt bzw. ermittelt werden. Nur so können Sie beispielsweise Steuerbefreiungen oder eine unausweichliche Steuerbelastung richtig einschätzen.

Nicht betrachtet wird die vorrangige Ableitung des Unternehmenswertes aus Verkäufen zwischen fremden Dritten innerhalb eines Jahres, da diese mit dem Fortführungswillen der Unternehmerfamilie überwiegend nicht in der notwendigen Konkretisierung vorliegt.

Drei Verfahren der Unternehmensbewertung: Gefahr falscher Schlussfolgerungen aus dem aktuellen Geschäftsklima

Im Grundsatz ist es ja nicht abwegig, aus einer aktuell schlechten Auftragslage eine niedrigere steuerliche Unternehmensbewertung abzuleiten. Genau hier kann jedoch ein Trugschluss entstehen, denn es kommt auf das steuerlich zulässigen Bewertungsverfahren an.

Es gibt im Bewertungsgesetz grundsätzlich zwei anerkannte Bewertungsverfahren:

  • Das vereinfachte Ertragswertverfahren
  • und das Substanzwertverfahren.

Diese beiden Verfahren kommen immer als Paar zur Anwendung. Dabei ist der Substanzwert immer der Mindestwert. Nur ein höherer Ertragswert kann daher als Unternehmenswert herangezogen werden.

Gesetzeskonform ist es aber auch, andere im gewöhnlichen Geschäftsverkehr anerkannte für nichtsteuerliche Zwecke übliche Bewertungsverfahren heranzuziehen. Häufig kommt hier das sogenannte IDW-S 1-Verfahren zur Anwendung.

Drei Verfahren der Unternehmensbewertung unterscheiden sich insbesondere in der Zeitraumbetrachtung

Im Grundsatz betrachtet das vereinfachte Ertragswertverfahren die Ertragskraft der Vergangenheit. Dabei werden in der Regel die letzten drei vollendeten Wirtschaftsjahre vor der Übertragung herangezogen.

Hingegen betrachtet das Substanzwertverfahren die Bilanz-Aktiva zu gemeinen Werten abzüglich Schulden zum Zeitpunkt der Übertragung. Wobei man sich in der Regel an der Bilanz des letzten vollendeten Wirtschaftsjahres vor der Übertragung orientiert.

Das Bewertungsverfahren nach IDW-S1 ist hingegen zukunftsbetrachtend und legt zukünftige Perioden (auf Basis einer Unternehmensplanung) zugrunde.

Nachfolgend ein vereinfachtes Schaubild um Ihnen die Unterschiede in der Zeitraumbetrachtung zu verdeutlichen:

Steuerliche Unternehmensbewertung in der Corona-Krise Schaubild 1

Berechnung einer Unternehmensbewertung

Zur Ermittlung des gemeinen Werts des Unternehmens können Sie auf betriebswirtschaftliche Bewertungsverfahren, z.B. das IDW-S 1 – Verfahren oder auf das gesetzlich geregelte vereinfachte Ertragswertverfahren sowie das Substanzwertverfahren nach dem steuerlichen Bewertungsgesetz zurückgreifen.

Dabei sind die betriebswirtschaftlichen Bewertungsverfahren in den Einzelheiten recht aufwändig, sehr kostspielig und unternehmensindividuell. Der nachfolgende Fokus liegt daher bei dem vereinfachten Ertragswertverfahren und Substanzwertverfahren.

Vereinfachtes Ertragswertverfahren

Hier wird ein Vervielfältiger auf den Durchschnittsgewinn angewandt, der in den letzten drei vor dem Bewertungsstichtag endenden Wirtschaftsjahren erzielt wurde.
Nachfolgend der stark vereinfachte Rechenweg als visuelle Hilfe:

 

Steuerliche Unternehmensbewertung in der Corona-Krise Schaubild 2

Ausgangspunkt der jeweiligen Durchschnittsgewinne bildet dabei der „steuerliche Gewinn“. Dieser ermittelt sich nach den Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts.

Anschließend wird der Gewinn durch spezielle Hinzurechnungen und Kürzungen dahingehend angepasst, dass vereinfacht gesagt, außergewöhnliche / unregelmäßige Gewinnsteigerungen und –minderungen ausgeglichen werden. Denn das Bewertungsgesetz strebt an, den regulären Unternehmenswert zu ermitteln. Dabei versucht es, Einmaleffekte durch diese Hinzurechnungen und Kürzungen auszugrenzen.

Im Anschluss erfolgt eine für bewertungszwecke pauschale jährliche Besteuerung von 30 %.

Einer besonderen Berücksichtigung unterliegen hingegen Wirtschaftsgüter, die nicht betriebsnotwendig sind (d.h.: die aus dem Unternehmen herausgelöst werden können, ohne die eigentliche Unternehmenstätigkeit zu beeinträchtigen). Zudem auch solche Wirtschaftsgüter, die innerhalb von zwei Jahren vor der Übertragung eingelegt wurden oder Beteiligungen an anderen Gesellschaften. Diese Wirtschaftsgüter wirken sich entsprechend bedeutend mit ihren gemeinen Werten auf den Ertragswert aus.

Substanzwertverfahren

In einer notwendigen Parallelberechnung zum vereinfachten Ertragswertverfahren ist der sogenannte Substanzwert zu ermitteln. Der Substanzwert stellt dabei den Mindestwert der Unternehmensbewertung dar. Die Berechnung ist mit einem einfachen Satz beschrieben: Die Summe der gemeinen Werte der bilanziellen Aktivseite abzüglich der Schulden (bilanzielle Passivseite ohne Eigenkapital) ergibt den Substanzwert.

Corona als Krisen-Faktor Ihrer Unternehmensbewertung

Im Rahmen der Coronakrise haben Sie im Jahr 2020 immense Umsatzeinbußen hinnehmen müssen. Eventuell mussten Sie sogar existenziell notwendige Schulden aufnehmen. Sie vermuten aber, dass bei Wegfall der Corona-Krise die Umsätze auf alte Höhen steigen werden.

In diesem Fall würde das vereinfachte Ertragswertverfahren den vermutlich geringsten Unternehmenswert hergeben, da die Corona-Krise in den Zeitraum der drei rückblickenden Bewertungsjahre fällt.

Auch würde Ihnen wahrscheinlich kein hoher Substanzwert (als Mindestwert) „in die Quere kommen“, da Sie ggf. Schulden aufnehmen mussten.

Corona-Krise als Boom Ihrer Unternehmensbewertung

Im Rahmen der Corona-Krise haben Sie außergewöhnliche Umsatzsteigerung erlebt, wissen aber auch, dass dies ein einmaliger Umsatzsprung war. Sie würden nach der Corona-Krise wieder auf „normales“ Niveau fallen.

Hier würde sich eine IDW-S 1-Bewertung anbieten. Die Zukunftsbetrachtung dieses Verfahrens führt dazu, dass sich der vergangene Corona-Boom nicht oder nur gering auf den Unternehmenswert auswirkt.

Unsere Einschätzung

Wir empfehlen Ihnen, regelmäßig ein sogenanntes Probesterben im Rahmen unseres Monitoring-Programms durchzuführen. Der Vorteil für Sie besteht darin, den steuerlich günstigsten Moment für eine Übertragung „erwischen“ zu können. Hierdurch können Sie nicht nur mögliche Steuerbefreiungen in Anspruch nehmen, sondern auch die Auswirkungen einer hohen oder niedrigen Bewertung einschätzen.

Zudem bietet das Monitoring-Programm den Vorteil, dass wir, beispielsweise bei einem jährlichen Monitoring, hinsichtlich der Erstellung nicht bei „Null“ anfangen müssen und auf dem Vorjahr aufbauen können. Dadurch reduzieren sich die Beratungskosten für das einzelne jährliche Probesterben erheblich und Sie erhalten regelmäßige Einschätzungen zur Ihrer geplanten oder getätigten Unternehmensnachfolge.

Gerne beraten wir Sie dahingehend, ob ein Monitoring-Programm oder das klassische „einmalige“ Probesterben für Sie steuerlich aber auch wirtschaftlich Sinn ergibt.

Blogreihe

  1. Lohnsumme in der Coronakrise: Vorsicht bei bereits getätigten Übertragungen
  2. Chancen für geplante Übertragungen durch niedrige Lohnsummen in der Corona-Krise
  3. Verschonung von Unternehmensübertragungen und unser Monitoring-Programm
  4. Steuerliche Unternehmensbewertung in der Corona-Krise
  5. Übertragung einer GmbH als begünstigte Vermögensübertragung durch Zahlung einer Versorgungsleistung
  6. Die Familienheimschaukel in der Vermögensnachfolge
Akram Juja

Associate Partner und Steuerberater

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