Sonderbetriebsvermögen
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6. Juni 2024

Sonderbetriebsvermögen und Nachfolge

Kategorien: Steuerberatung

Wie in allen steuerlichen Bereichen ist auch im Rahmen einer Nachfolgeplanung die Gesellschaftsform relevant. Zwischen Personengesellschaften auf der einen und Kapitalgesellschaften auf der anderen Seite sind bei der steuerlichen Beurteilung Unterschiede zu beachten, die auf den ursprünglich verschiedenen zivilrechtlichen Grundlagen der beiden Rechtsformen beruhen. Bei Personengesellschaften kann insbesondere das Sonderbetriebsvermögen ein Risiko darstellen, da dieses lediglich im Steuerrecht vorkommt und dem Zivilrecht unbekannt ist. Dieser Blogbeitrag erläutert die Probleme, die sich im Rahmen einer Unternehmensnachfolge durch das Sonderbetriebsvermögen ergeben können und zwingend beachtet werden sollten.

Das steuerliche Sonderbetriebsvermögen

Das steuerliche Betriebsvermögen einer Personengesellschaft umfasst neben den Wirtschaftsgütern, die zum Gesamthandsvermögen gehören, auch das sog. Sonderbetriebsvermögen. Zum Sonderbetriebsvermögen zählen alle Wirtschaftsgüter, die einem, mehreren oder allen Mitunternehmern gehören und entweder

  • unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft dienen (SBV I) oder
  • unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des jeweiligen Mitunternehmers an der Personengesellschaft eingesetzt werden (SBV II).

Forderungen im Sonderbetriebsvermögen bei der Verbundvermögensaufstellung

Gemäß § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG ist die Steuerbefreiung für Unternehmensvermögen des § 13a ErbStG vollständig nicht zu gewähren, wenn das Unternehmen zu mindestens 90% aus Verwaltungsvermögen besteht. Zum Verwaltungsvermögen gehören u.a. gem. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG die sog. Finanzmittel, zu denen auch die Forderungen des Unternehmens zählen. Da die Prüfung der sog. 90%-Grenze vor der Verrechnung der im Unternehmen enthaltenen Finanzmittel mit den vorhandenen Schulden erfolgt, können Forderungen des Mitunternehmers gegenüber der Gesellschaft bei Personengesellschaften zu Problemen führen. Im Regelfall hat der Mitunternehmer solche Forderungen im Sonderbetriebsvermögen auszuweisen.

Zur Vermeidung von Benachteiligungen bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen hat der Gesetzgeber für die Prüfung der 90%-Grenze grundsätzlich die konzerninterne Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten zugelassen. Eine konzerninterne Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten ist allerdings ausgeschlossen, soweit eine der Positionen im SBV eines Mitunternehmers bilanziert ist. Eine im SBV enthaltene Forderung gegenüber der Gesellschaft, die als Finanzmittel zum Verwaltungsvermögen zu zählen ist, kann daher nicht mit der korrespondierenden Verbindlichkeit verrechnet werden. Im Ergebnis erhöht sich dadurch die für die Prüfung der 90%-Grenze maßgebliche Bruttoverwaltungsvermögensquote. Dies kann im schlimmsten Fall zur vollständigen Versagung der Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG führen.

Junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel im Sonderbetriebsvermögen

Gem. § 13b Abs. 7 S. 2 ErbStG ist das junge Verwaltungsvermögen ebenso wie die jungen Finanzmittel nicht begünstigungsfähig. Bei dem jungen Verwaltungsvermögen handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die zum Verwaltungsvermögen gehören und innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Bewertungsstichtag eingelegt wurden. Die jungen Finanzmittel ermitteln sich durch den positiven Bestand der Einlagen abzüglich der Entnahmen (Saldo) in den letzten zwei Jahren vor dem Bewertungsstichtag.

Junge Finanzmittel und junges Verwaltungsvermögen entstehen u.a., wenn ein Mitunternehmer einer Personengesellschaft ein Darlehen zur Verfügung stellt, welches dem SBV zuzurechnen ist. Aus Sicht des Mitunternehmers handelt es sich dabei um eine Einlage in dessen SBV und bei der Forderung um ein Finanzmittel i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG. Sofern die Einlage dieser Forderung innerhalb von zwei Jahren vor dem Bewertungsstichtag erfolgt, erhöhen sich dadurch die jungen Finanzmittel und letztlich die Belastung mit Erbschaft- oder Schenkungssteuer.

Sonderbetriebsvermögen bei der Option zur Körperschaftsteuer gem. § 1a KStG

Für Personengesellschaften besteht seit dem 01.01.2022 die Möglichkeit, auf Antrag nach dem KStG besteuert zu werden. Für den Übergang zur Körperschaftsbesteuerung vollzieht die optierende Personengesellschaft einen fiktiven Formwechsel. Dabei ist es notwendig, dass funktional wesentliche Betriebsgrundlagen, die sich im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers befinden, auf die Personengesellschaft übergehen. Bei diesem Übergang handelt es sich um eine Einlage, die junge Finanzmittel oder junges Verwaltungsvermögen begründen kann.

Sofern der Wechsel zur Körperschaftsbesteuerung innerhalb von zwei Jahren vor der Übertragung eines Unternehmens erfolgt, kann sich demnach auch dadurch die Steuerbelastung erhöhen. Zu beachten ist dabei außerdem, dass die Einlage von Finanzmitteln im Rahmen des fiktiven Formwechsels nicht durch eine Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen neutralisiert wird, da die optierte Personengesellschaft kein Sonderbetriebsvermögen besitzt. In die Abwägung, ob die Option zur Körperschaftsteuer ausgeübt werden sollte, sind daher auch eventuelle Nachfolgeplanungen einzubeziehen.

Beteiligungen im Sonderbetriebsvermögen

Zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen gehören gem. § 13b Abs. 4 Nr. 2 ErbStG auch Anteile an Kapitalgesellschaften von nicht mehr als 25%. Innerhalb von Konzernstrukturen sind für die Prüfung, ob eine 25%ige Beteiligung vorliegt, sämtliche im Konzern gehaltenen Anteile einzubeziehen.

Etwas anderes gilt jedoch, wenn Anteile (teilweise) im Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft bilanziert werden. An dieser Stelle nimmt die Finanzverwaltung eine Trennung zwischen im Gesamthandsvermögen und im Sonderbetriebsvermögen bilanzierten Anteilen vor und rechnet diese zur Prüfung der 25%igen Beteiligungsgrenze nicht zusammen. Dies kann dazu führen, dass Anteile (aufgrund der unterschiedlichen Bilanzierung) zum Verwaltungsvermögen zu zählen sind, obwohl die Anteile insgesamt die 25%ige Beteiligungsgrenze übersteigen.

Dieses Problem lässt sich durch eine sorgfältige Bilanzierung der Anteile oder über den Abschluss eines Poolvertrages umgehen. Ein Poolvertrag bestimmt, dass über die Anteile insgesamt nur einheitlich verfügt werden darf und das Stimmrecht nur einheitlich auszuüben ist.

Unsere Einschätzung

Insbesondere aus der Existenz des Sonderbetriebsvermögens ergibt sich für die Unternehmensnachfolge bei Personengesellschaften ein erhöhtes Risiko, welches eine sorgfältige Nachfolgeplanung erfordert. Um eine möglichst steuerneutrale Übertragung sicherzustellen und ungewollte steuerliche Belastungen zu vermeiden, empfiehlt es sich direkt, die steuerlichen Folgen der Unternehmensnachfolge frühzeitig abzuklären und die Unternehmensstruktur für die Unternehmensnachfolge zu optimieren.

Haben Sie Fragen zur Ihrer Unternehmensnachfolge oder benötigen ein passendes Konzept? Sprechen Sie Akram Juja und Julian Heesemann gerne an.

Akram Juja

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Master of Science, Leiter Unternehmens- und Vermögensnachfolge

Julian Heesemann

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für die Umstrukturierung von Unternehmen (IFU /ISM gGmbH), Diplom-Finanzwirt, LL.M.

Expert:innen zu diesem Thema

Akram Juja

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Master of Science, Leiter Unternehmens- und Vermögensnachfolge

Michael Simon

Partner, Steuerberater, Diplom-Finanzwirt

Stephanie Ernst

Prokuristin, Steuerberaterin, Diplom-Finanzwirtin, Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)

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