Erbschaftssteuer: Berliner Testament mit Jastrowscher Klausel
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9. April 2024

Erbschaftsteuer: Berliner Testament mit Jastrowscher Klausel

Kategorien: Steuerberatung

Eine weit verbreitete Regelung zur Nachlassplanung bei Ehegatten ist das sogenannte Berliner Testament. Vereinfacht ausgedrückt ist der andere Ehegatte beim ersten Erbfall Alleinerbe. Die Kinder sind dann im Erbfall nach dem verbliebenen Ehegatten die Erben.

Jedoch können die Kinder im ersten Erbfall auf die Idee kommen, ihren Pflichtteil geltend zu machen. Um dies zu vermeiden, kann im Berliner Testament eine sog. „Jastrowsche Klausel“ aufgenommen werden. In einem kürzlich veröffentlichten Urteil hat der BFH Stellung zu den erbschaftsteuerlichen Folgen eines bei Verwendung dieser Klausel entstandenen betagten Vermächtnisses genommen.

Das Berliner Testament

Bei einem Berliner Testament setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein und regeln, dass der länger lebende Ehegatte über den Nachlass des Erstversterbenden und über sein eigenes Vermögen frei verfügen kann. Im zweiten Schritt werden bei einem Berliner Testament die Kinder der Ehegatten als Schlusserben nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehegatten eingesetzt. Dadurch wird das Vermögen zunächst zwischen den Ehegatten und zuletzt an die Kinder weitervererbt.

Die „Jastrowsche Klausel“

Durch den Ausschluss von Kindern als Erben können sich allerdings Probleme mit dem gesetzlichen Pflichtteil ergeben. Wird ein Kind des Erblassers durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen, so hat es einen Anspruch auf einen Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. In der Konstellation eines Berliner Testaments liegt dann der Fall vor, dass der verbliebene Ehegatte im ersten Erbfall zwar Alleinerbin ist, jedoch die geltend gemachten Pflichtteile auszahlen muss.

Dies soll die sog. „Jastrowsche Klausel“ verhindern: Sie regelt, dass Kinder, die nach dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangen, auch vom Nachlass des Längerlebenden (2. Erbfall) nur den Pflichtteil erhalten sollen. Die Sanktionierung besteht also darin, dass diese Kinder maximal zwei Pflichtteile bekommen können.

Die Besonderheit bei dem BFH-Urteil vom 11.10.2023 war zudem, dass die zu Erben eingesetzten Kinder, die ihren Pflichtteil nicht geltend machen, im zweiten Erbfall wiederum ein Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils aus dem Nachlass des oder der Erstverstorbenen erhalten. Dieses Vermächtnis wird allerdings erst beim Tod des zuletzt versterbenden Ehegatten fällig. Es wird daher auch als „betagtes Vermächtnis“ bezeichnet.

Steuerliche Folgen des betagten Vermächtnisses

In dem vom BFH entschiedenen Urteilsfall lag ein solches Berliner Testament mit Jastrowscher Klausel vor. Zudem wurde bei dem Tod des zuerst verstorbenen Vaters von einem enterbten Kind der Pflichtteil verlangt, wodurch ein betagtes Vermächtnis zugunsten der Schlusserben entstand. Bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer nach dem Tod des Vaters (1. Erbfall) wurde das Vermächtnis mangels Fälligkeit nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen. Nach dem Tod der Mutter (2. Erbfall) fiel dann neben dem Nachlass der Mutter auch das fällig gewordene Vermächtnis an. Zur Ermittlung der Erbschaftsteuer wurde das Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt, während die Schlusserben das Vermächtnis zusätzlich zum gesonderten Erwerb von Todes wegen versteuern mussten.

Die Schlusserben wendeten sich gegen diese Festsetzung, da das Vermächtnis faktisch doppelt mit Erbschaftsteuer belastet sei. Zum einen entstehe Erbschaftsteuer, wenn das Vermögen nach dem Tod des Vaters ohne Abzug des Vermächtnisses als Nachlassverbindlichkeit auf die Mutter übergeht und zum anderen entstehe nach dem Tod der Mutter erneut Erbschaftsteuer für dieses Vermächtnis.

Doppelte Erbschaftsteuer als Folge der „Jastrowschen Klausel“

Vom BFH wurde jedoch entschieden, dass der Sachverhalt korrekt beurteilt wurde. Ein Abzug des betagten Vermächtnisses als Nachlassverbindlichkeit im ersten Erbfall sei zu Recht nicht erfolgt, da das Vermächtnis zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig war und die Erbin demnach nicht wirtschaftlich belastet hat. Im zweiten Erbfall nach dem Tod der länger lebenden Mutter habe das Kind den Erwerb des betagten Vermächtnisses als von dieser kommend zu versteuern. Zeitgleich kann das Vermächtnis im Rahmen dieses zweiten Erbfalls als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt werden. Die zweifache Entstehung von Erbschaftsteuer für das betagte Vermächtnis „über zwei Erbfälle“ sei demnach nicht zu beanstanden und gehe mit der verspäteten Fälligkeit des betagten Vermächtnisses einher.

Unsere Einschätzung

Eine Nachlassregelung mit einem Berliner Testament und Jastrowscher Klausel ist aus zivilrechtlicher Sicht durchaus sinnvoll, um das Vermögen innerhalb der Familie geregelt weiterzugeben und die Willensumsetzung des Erblassers zu untermauern. Aus steuerlicher Sicht besteht allerdings die Gefahr einer vermeidbaren Mehrbelastung. Daher erfordert diese Nachlassregelung eine vorausschauende steuerliche Planung. Kommen Sie bei Fragen jederzeit auf Akram Juja und Marcus Büscher zu.

 

 

Akram Juja

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Master of Science, Leiter Unternehmens- und Vermögensnachfolge

Marcus Büscher

Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Expert:innen zu diesem Thema

Akram Juja

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Master of Science, Leiter Unternehmens- und Vermögensnachfolge

Stephanie Ernst

Prokuristin, Steuerberaterin, Diplom-Finanzwirtin, Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)

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