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28. Januar 2025

Betriebliche Altersvorsorge: So minimieren Sie als Arbeitgeber:in Ihre Haftungsrisiken

Kategorien: Rechtsberatung

In der Praxis wird oft die Forderung gestellt, die betriebliche Altersvorsorge (bAV) solle „ohne Haftung“ sein. Nun ist die bAV, einschließlich der Gehaltsumwandlung, jedoch eine Welt mit vielfältigen Rechten und Pflichten, für deren Umsetzung und Einhaltung jemand die Verantwortung und – wenn etwas falsch gelaufen ist – die Haftung übernehmen muss. Eine bAV „ohne Haftung“ gibt es folglich nicht. Das Ziel kann daher nur sein, die Risiken zu kennen und vorausschauend zu handeln, um die Eintrittswahrscheinlichkeit zu minimieren. Deshalb ist es ratsam, eine betriebliche Altersvorsorge unter Begleitung von bAV-Expert:innen einzurichten und diese kontinuierlich begleiten zu lassen. Zielführend ist in der Regel die Einrichtung einer firmenindividuellen Versorgungsordnung. 

Was sind typische Haftungsquellen für Arbeitgeber:innen in der betrieblichen Altersvorsorge?  

Diese können etwa in der Verletzung gesetzlicher Vorschriften oder in inhaltlichen Abweichungen zwischen der erteilten Zusage und dem abgeschlossenen (Versicherungs-)Produkt bestehen. Als gesetzliche Vorschriften sind insbesondere das Betriebsrentengesetz sowie arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen zentral. Aber auch Fragen der Gleichbehandlung, des Datenschutzes und der Informationspflichten des Arbeitgebenden gegenüber den Mitarbeitenden spielen eine Rolle. Werden die geltenden Regelungen in der Umsetzung einer bAV beachtet, so können mögliche Haftungsrisiken reduziert oder sogar eliminiert werden. Für diese eher administrativen Risiken sollten entsprechende Prozesse und Abläufe zusammen mit einem Profi implementiert werden. 

Inhaltliche Abweichungen entstehen, wenn die arbeitsrechtlich erteilte Zusage nicht deckungsgleich mit dem zugunsten des Mitarbeitenden abgeschlossenen Vertrag ist. Plakativ ist dies der Fall, wenn z. B. eine Rente für den Fall der Berufsunfähigkeit zugesagt wurde, aber nur eine Beitragsbefreiung im Vertrag vereinbart ist. Die dann entstehenden Abweichungen gehen bei einem Nachteil für den Mitarbeitenden zu Lasten des Arbeitgebenden. Daher sollten die Produktinhalte inklusive der Versicherungsbedingungen Teil der Zusage sein. Zu wertmäßigen Abweichungen kann es u. a. kommen, wenn die Zeitpunkte der Zusage und deren Umsetzung voneinander abweichen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Zusage mit Firmeneintritt erteilt wird, die abzuschließende Versicherung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen wird. In einem solchen Fall entstehen von Anfang an Abweichungen. 

Die verschiedenen Zusageformen und ihre Haftungsrisiken 

Das Betriebsrentengesetz ermöglicht zur Umsetzung einer bAV vier Zusageformen, die alle grundsätzlich die sogenannte Einstandspflicht des Arbeitgebenden enthalten. Durch eine entsprechende Auswahl und Gestaltung lässt sich das Haftungsrisiko für die:den Arbeitgeber:in minimieren.  

  • Bei einer Leistungszusage sagt die:der Arbeitgeber:in eine fest definierte Leistung zu, etwa in Form eines Festbetrags oder in einer gehaltsabhängigen Form. Der Arbeitgeber kennt die zugesagte Verpflichtung und muss dafür sorgen, dass die erforderlichen Mittel zum Zeitpunkt der Zahlung zur Verfügung stehen. In der Finanzierung der Leistungen ist der Arbeitgeber frei.  
  • Bei einer beitragsorientierten Leistungszusage wird ein zugesagter Beitrag mittels versicherungsmathematischer Kalkulation in eine Leistung umgerechnet. Die:der Arbeitgeber:in verpflichtet sich, die ermittelte Leistung zu erbringen. Kalkulatorisch verlässt sich die:der Arbeitgeber:in darauf, dass die:der Produktanbieter:in die ermittelte Leistung erbringt und sich sein Aufwand faktisch auf die gezahlten Beiträge begrenzt.
  • Bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung wird ein zugesagter Beitrag ebenfalls mittels versicherungsmathematischer Kalkulation in eine Leistung umgerechnet. Abweichend zu einer beitragsorientierten Leistungszusage wird eine Mindestleistung bestimmt, die der Summe der gezahlten Beiträge abzüglich möglicher, biometrischer Risikokosten entspricht. Die:der Arbeitgeber:in verpflichtet sich, diese Mindestleistung zu erbringen. Kalkulatorisch verlässt sich der Arbeitgebende auch hier darauf, dass die:der Produktanbieter:in die Mindestleistung erbringt und sich der Aufwand auf die gezahlten Beiträge begrenzt.
  • Als neuste Zusage gibt es die reine Beitragszusage. Diese kann aktuell nur im Zusammenspiel mit den Sozialpartner:innen eingerichtet werden. Dabei verpflichtet sich die:der Arbeitgeber:in zur Zahlung der zugesagten Beiträge. Die Beiträge werden mittels versicherungsmathematischer Kalkulation in Leistungen umgerechnet, die jedoch nicht garantiert sind.
  • Bei einer Leistungszusage ist die mögliche Haftung offensichtlich, wobei auch hier Lösungen gefunden werden können. Beitragsorientierte Zusageformen werden in der Regel mittels externer Versorgungsträger:innen durchgeführt, der die zuzusagenden Leistungen ermittelt und erbringt. Insoweit muss die:der Arbeitgeber:in bei der Anbieterwahl darauf achten, dass die Leistungen auch sicher erbracht werden. Dabei ist es wichtig, dass die zugesagten Leistungen den garantierten Leistungen des Versicherers entsprechen. Eine Haftung des Arbeitgebenden für Leistungen aus einer beitragsorientierten Leistungszusage beziehungsweise Leistungszusage mit Mindestleistung sind formal nicht auszuschließen, durch die Einbindung eines Versicherers aber weniger wahrscheinlich.  

Unsere Einschätzung: Haftungsrisiken minimieren durch professionelle Beratung 

Es ist sinnvoll, sich als Arbeitgeber:in vor Einführung und Umsetzung einer bAV umfassend beraten zu lassen. So gelingt der Überblick über die verschiedenen Zusageformen und Fehler und damit auch Haftungsfälle können begrenzt werden. 

Haben Sie Fragen zur betrieblichen Altersvorsorge oder zur Entgeltumwandlung und möchten Sie sich deshalb beraten lassen? Unsere Rechtsanwältin Louisa Reitemeier steht Ihnen mit Rat und Tat zur Seite und beantwortet Ihnen alle Ihre Fragen. 

Über den Autor

Co-Autor Thorsten Schöcke arbeitet seit September 1996 für Swisslife-Select und ist Netzwerkpartner der ECOVIS KSO. Nachdem er anfangs in der Privatkundenberatung tätig war, hat er sich 1999 auf Firmenkundenberatung spezialisiert.

Seit vielen Jahren unterstützt er mit seinen Partner:innen im KompetenzCenter für betriebliches Versorgungsmanagement in Dortmund Unternehmen beim Einrichten von Versorgungswerken.

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