28. August 2023
Betriebsprüfung: Hinzuschätzung wegen nicht fortlaufenden Rechnungsnummern?
Inhaltsverzeichnis
- Rechnungsnummern: Rechnungen müssen als einmalig identifizierbar sein
- Fortlaufende Rechnungsnummern: Diese Ausnahmen werden anerkannt
- Verfahrensdokumentation: So dokumentieren Sie lückenhafte Rechnungsnummern
- Fortlaufende Rechnungsnummern: Ein Beispiel aus der Praxis
- Diese Umstände können zu Hinzuschätzungen nach Betriebsprüfung führen
- Unsere Einschätzung:
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Beschluss X B 111/22 vom 31.05.2023 dargelegt, dass es bei nicht fortlaufenden oder lückenhaften Rechnungsnummern immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Welche Umstände das sind, warum die Finanzverwaltung fortlaufende Rechnungsnummern fordert und warum Sie zur Vermeidung von Hinzuschätzungen darauf achten sollten, erfahren Sie im zweiten Teil unserer Serie zur Betriebsprüfung.
Rechnungsnummern: Rechnungen müssen als einmalig identifizierbar sein
In § 14 Abs. 4 Nr. 4 UStG (Umsatzsteuergesetz) steht, dass eine Rechnung „eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer)“, enthalten muss. Die Finanzverwaltung erläutert in ihrem Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) unter 14.5 als zentrale Aussage:
„Durch die fortlaufende Nummer (Rechnungsnummer) soll sichergestellt werden, dass die vom Unternehmer erstellte Rechnung einmalig ist. Bei der Erstellung der Rechnungsnummer ist es zulässig, eine oder mehrere Zahlen- oder Buchstabenreihen zu verwenden. Auch eine Kombination von Ziffern mit Buchstaben ist möglich.“ Dann geht es weiter ins Detail. Separate Nummernkreise sind zulässig, solange eine Rechnung eindeutig einem solchen zugeordnet werden kann und die Rechnungsnummer eindeutig ist. Bei Dauerrechnungen sind auch einmalige Objekt- oder Mietnummern erlaubt. Bei einer Gutschrift vergibt der Gutschriftsersteller die Rechnungsnummer. Nur Kleinbetragsrechnungen brauchen keine fortlaufende Nummer.
Wer diese Grundsätze einhält, umgeht Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung, zum Beispiel im Rahmen einer Betriebsprüfung.
Fortlaufende Rechnungsnummern: Diese Ausnahmen werden anerkannt
Allerdings kann es im täglichen Geschäft auch Gründe geben, warum die lückenlose Folge von Rechnungen mit Angabe der Rechnungsnummern nicht eingehalten werden kann.
Beispiele aus der Praxis:
- Das EDV-System stürzt ab und kann nicht wiederhergestellt werden.
- Ein System- oder Softwarewechsel erzwingt neue Rechnungsnummernkreisläufe.
- Es wird ein neues Rechnungsjahr oder eine neue organisatorische Struktur implementiert.
Wichtig ist, dass die Gründe mit umfangreichen Erläuterungen dokumentiert und einem Betriebsprüfer im Fall der Fälle vorgelegt werden können. Die Dokumentation ist auch für Unternehmer:innen als Gedankenstütze hilfreich. Sie werden sich im Zweifel nicht mehr erinnern können, warum vor drei bis fünf Jahren die Rechnungsnummernverläufe lückenhaft gewesen sind.
Verfahrensdokumentation: So dokumentieren Sie lückenhafte Rechnungsnummern
Die grundsätzliche Vorgehensweise Ihrer Rechnungslegung als Prozessbeschreibung inklusive Erläuterung der strukturellen Voraussetzungen, ist ein wesentlicher Bestandteil Ihrer Verfahrensdokumentation. Mit einer Verfahrensdokumentation können Sie Betriebsprüfer:innen plausibel darlegen, dass alle Maßnahmen zur Vergabe fortlaufender Rechnungsnummern getroffen wurden. Abweichungen werden dann auf nicht vorhersehbare Fehler oder Unfälle zurückgeführt. Das hilft im Zweifel bei der Abwendung eines Mehrergebnisses bei Ihrer Betriebsprüfung.
Fortlaufende Rechnungsnummern: Ein Beispiel aus der Praxis
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte die Thematik in einem Fall zu klären. Ein Hausmeisterservice wurde vom Finanzamt geprüft. Der Gewinn wurde durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermittelt. Im Rahmen dieser Betriebsprüfung stellte das Amt fest, dass die Rechnungsnummern der Ausgangsrechnungen lückenhaft waren und nicht fortlaufend vergeben wurden. Darüber hinaus existierten Fehlbeträge und ungeklärte Einlagen des Einzelunternehmers, die im Rahmen einer Geldverkehrsrechnung entdeckt wurden. Im Klageverfahren beim Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 2. September 2022, Az: 3 K 154/18) legte der Unternehmer Belege vor, die die Hinzuschätzung verminderten. Aber es blieb bei einer Hinzuschätzung.
Nun musste der BFH also entscheiden, ob bei Einnahmen-Überschuss-Rechnungen eine Pflicht zur Vergabe fortlaufender und lückenloser Rechnungsnummern besteht und ob Lücken das Finanzamt zu einer Hinzuschätzung berechtigen. Im Ergebnis sagt der BFH: Es kommt auf den jeweiligen Einzelfall an und wird nicht grundsätzlich beantwortet werden können. „Ob Lücken in der Abfolge der Nummern der Ausgangsrechnungen eine Schätzungsbefugnis begründen, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig und damit nicht grundsätzlich bedeutsam (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 07.02.2017 – X B 79/16, BFH/NV 2017, 774).“
Bereits früher gelangte also der BFH zu der Auffassung, dass Lücken im Rechnungsnummernkreis im Einzelfall eine Hinzuschätzung begründen können. Allein der Umstand, dass Lücken aufgetreten sind, erfordert nicht grundsätzlich eine Hinzuschätzung. Es müssen zwingend weitere Umstände im Einzelfall vorliegen.
Diese Umstände können zu Hinzuschätzungen nach Betriebsprüfung führen
- Hohe Einlagen können nicht plausibel begründet werden.
- Eingebuchte Forderungen werden in größerem Umfang ohne plausible Begründung als Forderungsverluste ausgebucht.
- Bei einem Einnahmen-Überschuss-Rechner tauchen viele Rechnungsnummern nicht in den vereinnahmten Umsatzerlösen auf und Unternehmer :innen können das nicht plausibel begründen.
Unsere Einschätzung:
Der BFH stellt mit seinem neuerlichen Beschluss keinen Freifahrtschein aus – weder dem Finanzamt, noch den Unternehmer:innen. Das Finanzamt muss für Hinzuschätzungen gute Gründe darlegen, warum lückenhafte Rechnungsnummern auf eine nicht ordnungsgemäße Buchführung zurückzuführen sind. Fehlende Rechnungsnummern sind für Betriebsprüfer:innen immer ein Grund, genauer hinzuschauen. Für eine mögliche Hinzuschätzung haben Prüfer:innen dann „einen Fuß in der Tür“.
Vermeiden Sie Ärger und einen erheblichen Mehraufwand, indem Sie für funktionsfähige Prozesse und Strukturen für eine geordnete Rechnungsnummernvergabe sorgen. Dokumentieren Sie die Abläufe und Vorgaben. Das wird Ihnen dabei helfen, eine etwaige Betriebsprüfung entspannter angehen zu können.
Haben Sie Fragen? Brauchen sie Hilfe? Sprechen Sie uns gerne an.