BFH-Urteil: Einheitlicher Blockerwerb kann zur Steuerfreiheit für Beteiligungserträge führen
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26. Januar 2024

BFH-Urteil: Einheitlicher Blockerwerb kann zur Steuerfreiheit für Beteiligungserträge führen

Kategorien: Steuerberatung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 6. September 2023 (I R 16/21) entschieden: Der Begriff des unterjährigen Beteiligungserwerbs im Sinne des § 8b Abs. 4 Satz 6 Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist auch dann erfüllt, wenn die Beteiligungsschwelle von zehn Prozent des Grund- oder Stammkapitals durch einen wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang erreicht wird, an dem mehrere Veräußer:innen beteiligt sind. Dieses Urteil wirft Licht auf die steuerliche Behandlung von Beteiligungserwerben, die im Laufe eines Kalenderjahres von verschiedenen Veräußer:innen getätigt werden. Was das Urteil für Sie bedeuten kann, lesen Sie hier.

BFH-Urteil zum Beteiligungserwerb: Regelung zur Steuerfreiheit nach § 8b KStG

Unternehmen, die Beteiligungen an Kapitalgesellschaften tätigen, sehen sich oft mit komplexen steuerlichen Fragestellungen konfrontiert. Eine zentrale Regelung, die dabei eine entscheidende Rolle spielt, ist § 8b KStG. Diese Vorschrift gewährt unter bestimmten Bedingungen eine Steuerfreiheit für Beteiligungserträge aus Kapitalgesellschaften.

Gemäß § 8b KStG unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften grundsätzlich nicht der Körperschaftsteuer. Dieses sogenannte Schachtelprivileg soll verhindern, dass Erträge auf mehreren Ebenen besteuert werden. Um in den Genuss dieser Steuerfreiheit zu kommen, müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere ist hier die Beteiligungsschwelle zu Beginn eines Kalenderjahres von zehn Prozent des Grund- oder Stammkapitals entscheidend.

BFH-Urteil zum Beteiligungserwerb: Sachverhalt und Rechtsproblematik

Für Zwecke der Steuerbefreiung gilt der Erwerb einer Beteiligung von mindestens zehn Prozent als zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt und führt damit bereits im Jahr des Investments zur Begünstigung.

Im Urteilsfall erwarb die Klägerin unterjährig Anteile an einer Kapitalgesellschaft von insgesamt mehr als zehn Prozent, jedoch von mehreren Veräußer:innen, wobei die von den einzelnen Parteien erworbenen Beteiligungen jeweils weniger als zehn Prozent betrugen.

Das Finanzamt lehnte die Anwendung des rückwirkenden Beteiligungserwerbs ab, da die Beteiligungsschwelle nur dann erreicht sei, wenn in einem einzigen Erwerbsvorgang mindestens zehn Prozent erworben werden. Dabei stellte die Finanzverwaltung auf den Erwerb von jeweils einem/einer einzigen Verkäufer:in ab.

Was bedeutet das BFH-Urteil zum Beteiligungserwerb  

Der BFH schloss sich der Entscheidung des Finanzgerichts an. Dort wurde die Steuerbefreiung vorinstanzlich bereits bestätigt. Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Dabei betonte er, dass die Beteiligungsschwelle auch durch einen wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang erreicht werden kann, selbst wenn mehrere Veräußer:innen beteiligt sind.

Die höchstrichterlich bisher ungeklärte Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Erwerb von Anteilspaketen von verschiedenen Verkäufer:innen grundsätzlich von der Rückwirkungsfiktion erfasst wird, wurde offengelassen. Entscheidend war für den BFH, dass der Erwerb im vorliegenden Fall als wirtschaftlich einheitlicher Vorgang anzusehen ist, wenn er auf einem einheitlichen Entschluss und einem einheitlichen Erwerbszeitpunkt beruht.

Unsere Einschätzung

Das Urteil des BFH bestätigt die Möglichkeit, die Beteiligungsschwelle durch einen wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang zu erreichen, auch wenn mehrere Veräußer:innen beteiligt sind. Dadurch öffnet sich Raum für eine vorteilhafte und effektive steuerliche Planung.

Unser Rat: Unternehmer:innen sollten daher bei erstmaligen Beteiligungserwerben im Laufe des Jahres die Beteiligungsschwelle im Auge behalten und nach Möglichkeit ihre Strategien an die steuerlichen Regelungen anpassen.

Dieses Urteil verdeutlicht einmal mehr die Notwendigkeit einer sorgfältigen steuerlichen Beratung und zeigt, wie durchdachte steuerliche Planung zu erheblichen Vorteilen führen kann. Unser Team steht Ihnen bei Fragen zur steuerlichen Strukturierung und Optimierung jederzeit gerne zur Verfügung.

 

Tim Weyers

Prokurist, Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation)

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