Die Steuerpflicht beschränkt steuerpflichtiger Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsmitglieder in Deutschland
© alfa27 / Adobe Stock

16. Februar 2024

Die Steuerpflicht beschränkt steuerpflichtiger Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsmitglieder in Deutschland

Kategorien: Steuerberatung

Der Wissenstransfer auf dem internationalen Wirtschaftsmarkt ist nur einer der Vorteile der Globalisierung. Nicht selten sitzen Menschen aus dem Ausland in den Aufsichts- und Verwaltungsräten deutscher Unternehmen. Verfügen diese weder über einen Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, unterliegen sie der beschränkten Einkommensteuerpflicht. Sie sind nur dann in Deutschland steuerpflichtig, wenn sie Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielen. Hierunter fällt eine Vergütung als Aufsichts- oder Beiratsmitglied nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Beschränkt steuerpflichtige Aufsichtsrats- oder Verwaltungsmitglieder finden hier alle Informationen.

Das gesonderte Besteuerungsverfahren

Einkünfte von beschränkt steuerpflichtigen Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsmitgliedern, die im Zuge der Überwachung der Geschäftstätigkeit inländischer Unternehmen erzielt werden, unterliegen einem Steuerabzug von 30 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag. Das inländische auszahlende Unternehmen ist für den Steuerabzug verantwortlich. Durch den Steuereinbehalt des auszahlenden Unternehmens entfällt eine Veranlagung des Aufsichts- oder Verwaltungsratsmitglieds in Deutschland. Der/die Vergütungsschuldner:in muss die in einem Kalendervierteljahr einbehaltene Steuer bis zum zehnten Tag des folgenden Monats elektronisch beim Bundeszentralamt für Steuern anmelden und abführen.

Besondere Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA)

Artikel 16 des OECD-Musterabkommens regelt, dass nahezu alle geltenden DBAs das Besteuerungsrecht für Aufsichts- und Verwaltungsratsvergütungen dem Staat zuordnen, in dem die zahlende Gesellschaft ansässig ist. Damit eine Doppelbesteuerung der Einkünfte vermieden wird, folgt der Wohnsitzstaat des Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsmitglieds entweder 

  • der Freistellungsmethode (keine Besteuerung der Einkünfte im Wohnsitzstaat) oder 
  • der Anrechnungsmethode (Anrechnung der in Deutschland gezahlten Steuer). 

Die jeweils anzuwendende Methode richtet sich nach dem geltenden DBA in Verbindung mit den steuerrechtlichen Vorschriften des Wohnsitzstaates. 

Unabhängig hiervon müssen Unternehmen in Deutschland in jedem Fall zunächst den Steuerabzug nach § 50a Abs. 2 S. 1 HS 2 EStG vornehmen. Eine Steuererstattung kann zu einem späteren Zeitpunkt auf Antrag erfolgen. Wenn es aufgrund eines fehlenden Besteuerungsrechts in Deutschland keinen Steuerabzug geben soll, besteht die Möglichkeit der Beantragung einer Freistellungsbescheinigung. Das inländische Unternehmen muss dem Aufsichts- oder Verwaltungsratsmitglied auf Anfrage eine Steuerbescheinigung gemäß den gesetzlichen Vorgaben ausstellen.

Aufsichtsratstätigkeit in anderen Staaten

Die deutsche Aufsichtsrat- oder Verwaltungsrattätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG wird in anderen Ländern wie 

  • Großbritannien, 
  • Ungarn oder 
  • Tschechien 

als Einkunft aus nichtselbstständiger Arbeit qualifiziert. In diesen Ländern besteht neben der Verpflichtung zum Lohnsteuereinbehalt auf die Vergütung auch die Verpflichtung zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen nach nationalem Recht. Eine entsprechende Anrechnung der abgeführten Steuern und Beiträge soll im Rahmen der Vergütungsschreiben des deutschen Unternehmens erfolgen.

Deklaration von Kosten

In Fällen, in denen Deutschland das Besteuerungsrecht für die erzielten Einkünfte in Abhängigkeit des geltenden DBAs innehat, wird ein Steuerabzug im Sinne des § 50a Abs. 2 S. 1 HS 2 EStG bedingt. Beschränkt steuerpflichtige Aufsichtsrats- oder Verwaltungsmitglieder können dann einen Abzug der Betriebsausgaben und Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Ihrer Tätigkeit entstanden sind, vornehmen.

Das gilt, wenn sie hierfür einen entsprechenden Nachweis in Form von 

  • Rechnungen, 
  • Zahlungsbelegen, 
  • Flugtickets, 
  • etc. erbringen können. 

Die Voraussetzung hierfür ist: Das Aufsichtsratsmitglied ist Staatsangehörige:r eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums und hat in einem dieser Staaten seinen/ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt.

Unsere Einschätzung

Beschränkt steuerpflichtige Aufsichtsrats- oder Verwaltungsmitglieder, die in Deutschland tätig sind, unterliegen einem gesonderten Steuerabzug. Damit die Kommunikation gegenüber den betroffenen Personen sowie der Finanzbehörde reibungslos verläuft, sollte von Beginn an eine Prüfung der Steuerpflicht in den betroffenen Ländern durchgeführt werden. Darüber hinaus empfiehlt es sich bereits zu Beginn einen klar definierten Prozess zur Wahrung der steuerlichen Pflichten aufzusetzen. Wenn Sie Fragen zum Verfahren oder zur Kommunikation gegenüber den Aufsichtsrats- oder Verwaltungsmitgliedern oder dem Finanzamt haben, sprechen Sie uns gerne an.

Expert:innen zu diesem Thema

Keine passenden Personen gefunden.

Das könnte Sie auch interessieren

  • Einkommensteuergesetz: Änderung des § 50d EStG geplant

    Der Gesetzgeber plant erneut eine Änderung des § 50d Einkommensteuergesetzes (EStG), die weitreichende Folgen für die Besteuerung von Arbeitslohn bei Arbeitsfreistellungen haben könnte. Sind Sie betroffen? Dann sollten Sie unbedingt weiterlesen. Denn wie so oft im Steuerrecht gilt auch hier: [...]

    Johannes Landow

    31. Jul 2024

  • Steuerliche Rahmenbedingungen für Sanierungserträge: § 3a EStG und § 41 MinStG im Vergleich

    Sanierungserträge spielen eine entscheidende Rolle, wenn Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und auf eine Sanierung angewiesen sind. Solche Erträge entstehen häufig durch den Erlass von Verbindlichkeiten im Rahmen einer Sanierung.  Hieraus ergibt sich ein Dilemma, da ein solcher Schuldenerlass das [...]

    Andreas Claes

    06. Sep 2024

  • Steuergestaltung und die neuen gesetzlichen Meldepflichten: Auswirkungen auf Unternehmen und Berater:innen.

    Die Bundesregierung hat am 24.07.2024 das Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG) 2024 beschlossen. Insbesondere soll in dem vorgesehenen Entwurf die geplante Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen eingeführt werden. Diese neue Regelung ist das nationale Pendant zur bereits bestehenden Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen, die 2019 [...]

    Julian Heesemann

    28. Aug 2024