1. März 2024
Urteil des Finanzgerichts: Keine erweiterte Gewerbeertragskürzung bei Oldtimern im Anlagevermögen
Inhaltsverzeichnis
Die erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 S. 2ff Gewerbesteuergesetz (GewStG) ist regelmäßig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Grundstücksunternehmen sind nämlich lediglich dann von der Gewerbesteuer befreit, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen der erweiterten Kürzung und die Maßgaben von Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung genauestens einhalten. Im März 2023 hat das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) in einem Fall die erweiterte Kürzung versagt, bei dem es sich um die Einstufung und den Umfang der schädlichen Tätigkeiten für die erweiterte Kürzung handelt. Dabei spielte die Differenzierung von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit einer Tätigkeit eine besonders wichtige Rolle. Hier erfahren Sie mehr zum Hintergrund sowie zur Praxisrelevanz der Entscheidung.
Urteilsfall zur Gewerbeertragskürzung
Im Streitfall hielt eine GmbH in ihrem Anlagevermögen neben Immobilien ausschließlich zwei Oldtimer als Kapitalanlage. Das Unternehmen hat weder in den Streitjahren noch zuvor durch den Verkauf oder durch weitere Dienste der Fahrzeuge Einkünfte erzielt. Die GmbH vertrat die Auffassung, dass das bloße Halten und Verwalten von zwei Fahrzeugen ohne jegliche Handelsabsicht den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschreitet. Die Klägerin sah als wesentliches Merkmal der schädlichen Tätigkeiten, dass diese lediglich bei Entgeltlichkeit vorliegen können. Das Finanzamt sah darin jedoch einen Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot, da es nicht auf die Entgeltlichkeit ankommt, sondern ausschließlich auf die Tätigkeit an sich.
Grundsatz der erweiterten Gewerbeertragskürzung
Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 Prozent des Einheitswerts des Grundbesitzes gekürzt. Die sogenannte einfache Kürzung betrifft Besitz, der zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehört und nicht von der Grundsteuer befreit ist.
Anstelle der Kürzung tritt auf Antrag die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Die sogenannte erweiterte Kürzung ist bei Unternehmen möglich, die
- ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder
- daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern.
Alle in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht genannten Tätigkeiten sind für die erweiterte Kürzung grundsätzlich schädlich (Ausschließlichkeitsgebot).
Gewerbeertragskürzung: Schädlichkeit beweglicher Wirtschaftsgüter als Kapitalanlage
Auf den ersten Blick könnte die Haltung von Oldtimern neben Grundbesitz als Kapitalanlage eine unschädliche Tätigkeit darstellen. Der Begriff des Kapitalvermögens im Sinne der erweiterten Kürzung ergibt sich jedoch aus § 20 Einkommensteuergesetz (EStG). Danach gehören zum Kapitalvermögen insbesondere
- Wertpapiere aller Art,
- sonstige Anteile an Gesellschaften,
- Beteiligungen als stille:r Gesellschafter:in und
- andere Kapitalforderungen wie Darlehen oder Bankguthaben.
Bewegliche Wirtschaftsgüter wie Oldtimer, Uhren, Schmuck oder andere wertvolle Sammlerstücke können zwar eine wirtschaftliche Kapitalanlage darstellen, sind aber kein Kapitalvermögen im steuerlichen Sinne. Das Finanzgericht befasste sich daher mit der Frage, ob das bloße Halten von Anlagegütern ohne Erzielung von Erträgen gegen das Ausschließlichkeitsgebot verstößt.
Entscheidung des Gerichts zur Gewerbeertragskürzung
Das FG versagte der GmbH die erweiterte Kürzung. Es argumentierte mit dem Sinn und Zweck der Norm: Der Gesetzgeber habe lediglich grundstücksverwaltende Unternehmen gemeint. Diese seien nur aufgrund ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig und übten keine originär gewerbliche Tätigkeit aus. So soll auch eine Doppelbelastung mit Gewerbesteuer und Grundsteuer vermieden werden. Nach Auffassung des Gerichts entspricht es nicht dem Normzweck, auch andere vermögensverwaltende Tätigkeiten wie das Halten von Oldtimern in die erweiterte Kürzung einzubeziehen. Es komme nicht darauf an, ob die Tätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt werde. Die Tätigkeit an sich sei bereits schädlich, unabhängig davon, ob oder wann daraus Erträge zu erwarten sind.
Unsere Einschätzung
Zu dieser Entscheidung wird es aufgrund der Revision noch ein Urteil des Bundesfinanzhofs geben. Dennoch zeigt das Urteil des FG: Bei der Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung bei Vorhandensein anderer Wirtschaftsgüter als Immobilien ist besondere Vorsicht geboten.
Werden andere Wirtschaftsgüter als Grundvermögen oder Kapitalvermögen – auch ohne Erzielung von Einnahmen – gehalten, entfällt die erweiterte Kürzung. Das Urteil setzt damit das strenge Ausschließlichkeitsgebot konsequent durch. Damit ergeht ein weiteres Urteil, das die Erzielung von Einnahmen aus potenziell schädlichen Tätigkeiten (Entgeltlichkeit) nicht als Voraussetzung für die Aberkennung der erweiterten Kürzung sieht. Das Urteil lässt sich insoweit auf sämtliche Wirtschaftsgüter übertragen, sofern kein Zusammenhang zur Grundbesitzverwaltung nachgewiesen werden kann.
Scheiden die schädlichen Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen aus und sind alle übrigen Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung erfüllt, kann diese erst im nächsten Erhebungszeitraum wieder in Anspruch genommen werden.
Werden Wirtschaftsgüter im Anlagevermögen gehalten, liegen insoweit auch keine unschädlichen Tätigkeiten nach § 9 Nr. 1 Satz 3 GewStG vor. Das ist an ausgewählte begünstigte aktive Tätigkeiten geknüpft.
Wenn Sie Fragen zur Gewerbeertragskürzung haben, sprechen Sie uns gerne jederzeit an.