Differenzbesteuerung im Gebrauchtwagenhandel: Was Autohändler:innen über § 25a UStG und die Sonderregelung wissen müssen  
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12. Mai 2025

Differenzbesteuerung im Gebrauchtwagenhandel: Was Autohändler:innen über § 25a UStG und die Sonderregelung wissen müssen  

Kategorien: Steuerberatung

Die Differenzbesteuerung gemäß § 25a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist eine spezielle steuerliche Regelung, die insbesondere im Gebrauchtwagenhandel Anwendung findet. Sie ermöglicht es Händler:innen, die Umsatzsteuer nicht auf den gesamten Verkaufspreis, sondern lediglich auf die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis zu berechnen. Das reduziert die Steuerlast und mildert Wettbewerbsnachteile ab, die der/die gewerbsmäßige Unternehmer:in beim Verkauf von Gebrauchtgegenständen gegenüber einer Privatperson als Verkäufer:in hatte. Verkäufe zwischen Privatpersonen unterliegen nicht der Umsatzsteuer, da private Verkäufer:innen keine Unternehmer:innen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sind. Gewerbliche Händler:innen mussten hingegen vor der Einführung des § 25a UStG auch dann die volle Umsatzsteuer auf ihre Verkäufe abführen, wenn sie die Waren zuvor von Privatpersonen gekauft hatten – obwohl sie dafür keinen Vorsteuerabzug geltend machen konnten. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. Dezember 2024, XI R 15/51 bringt für Gebrauchtwagenhändler:innen wichtige Klarstellungen zur Differenzbesteuerung. 

Was ist die Differenzbesteuerung überhaupt? 

Die Differenzbesteuerung gemäß §25a UStG ist einschlägig, wenn Wiederverkäufer:innen gebrauchte Fahrzeuge von Privatpersonen, Kleinunternehmern oder anderen Verkäufer:innen ohne Umsatzsteuer erwerben. In solchen Fällen fällt beim Erwerb keine Umsatzsteuer an, sodass die:der Händler:in beim Weiterverkauf die Umsatzsteuer lediglich auf die Handelsspanne – also die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis – entrichten muss.  

Diese Berechnung unterscheidet die Differenzbesteuerung  von der Regelbesteuerung. Denn bei Letzterer wird die Umsatzsteuer auf den gesamten Verkaufspreis erhoben.   

Welche Voraussetzungen müssen für die Anwendung der Differenzbesteuerung vorliegen? 

Für die korrekte Anwendung der Differenzbesteuerung im Kfz-Handel müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:   

  1. Erwerb ohne Umsatzsteuer: Das Fahrzeug muss von einer Privatperson, Kleinunternehmer:in oder einem Unternehmen im Gemeinschaftsgebiet erworben worden sein, welche/r beim Verkauf berechtigterweise keine Umsatzsteuer ausgewiesen hat.   
  2. Nachweisführung: Wer die Differenzbesteuerung in Anspruch nehmen will, trägt die Feststellungslast dafür, dass sein Vorlieferant die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 UStG objektiv-rechtlich erfüllt. Die:der Händler:in ist verpflichtet, den Erwerb und die entsprechenden Belege sorgfältig zu dokumentieren, um im Falle einer Prüfung die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung nachweisen zu können.   
  3. Keine separate Umsatzsteuerausweisung: Bei Anwendung der Differenzbesteuerung darf auf der Rechnung keine separate Umsatzsteuer ausgewiesen werden.   

Der Streitfall vor dem BFH 

Ein Gebrauchtwagenhändler hatte ausschließlich Umsätze nach der Differenzbesteuerung gemeldet. Bei einer späteren Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass viele Fahrzeuge von angeblichen “Privatpersonen” gekauft worden waren, deren Angaben jedoch Zweifel aufwarfen – z. B. weil sie nicht mit dem letzten eingetragenen Halter übereinstimmten. Auch fehlerhafte Fahrgestellnummern in der Dokumentation warfen Fragen auf. Das Finanzamt unterstellte daher, dass in mehreren Fällen keine Privatverkäufe vorlagen und wendete die Regelbesteuerung an. Der Händler klagte dagegen – ohne Erfolg. 

Welche Rolle spielen Vertrauensschutz und Gutgläubigkeit für die Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung? 

Ein zentraler Aspekt bei der Differenzbesteuerung ist der Vertrauensschutz, der auf der Gutgläubigkeit der Händler:innen basiert. Sollte sich nachträglich herausstellen, dass die/der Vorbesitzer:in des Fahrzeugs zum Vorsteuerabzug berechtigt war und die/der Händler:in dennoch die Differenzbesteuerung angewendet hat, kann dies zu steuerlichen Nachforderungen führen.  

Die/der Händler:in kann sich auf den Vertrauensschutz berufen. Voraussetzung hierfür ist, dass sie/er nachweisen kann, beim Erwerb gutgläubig gewesen zu sein und alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen zu haben, um die Richtigkeit der Angaben der Verkäufer:innen überprüft zu haben. 

Der Bundesfinanzhof bestätigte nun in letzter Instanz: Die Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung müssen eindeutig nachweisbar sein. Der Händler konnte nicht belegen, dass die Verkäufer:innen tatsächlich Privatpersonen oder Kleinunternehmer:innen waren. Allein die Nutzung eines Mustervertrags reiche dafür nicht aus. Zudem sei es ihm zumutbar gewesen, z. B. eine Verkaufsvollmacht des letzten Halters zu verlangen, wenn Verkäufer:in und Halter:in nicht identisch waren. Weil er dies unterlassen habe, fehle es an der notwendigen Sorgfalt – und damit an einem möglichen Vertrauensschutz. 

Zwar erkennt auch der BFH grundsätzlich an, dass ein Händler auf den guten Glauben vertrauen kann – etwa wenn er nicht erkennen konnte, dass etwas mit der Geschätspartnerin oder dem Geschäftspartner nicht stimmt. Doch dieser Vertrauensschutz greift nur, wenn der Händler alle zumutbaren Maßnahmen unternimmt, um Betrug auszuschließen. Das war im vorliegenden Fall nicht geschehen. Damit hat der Händler keinen Anspruch auf die Differenzbesteuerung und muss die Umsatzsteuer auf Basis der vollen Verkaufspreise abführen. 

Praktische Hinweise: Was der Autohandel nach dem BFH-Urteil beachten sollte 

Das Urteil zeigt deutlich: Die Differenzbesteuerung ist kein Selbstläufer. Wer sie nutzen möchte, muss sorgfältig dokumentieren, von wem das Fahrzeug stammt, und die Identität der Verkäuferin oder des Verkäufers plausibel prüfen. Um die Differenzbesteuerung korrekt anzuwenden und steuerliche Risiken zu minimieren, sollten Autohändler:innen folgende Punkte berücksichtigen:   

  • Sorgfältige Prüfung der Vorbesitzer:innen: Es ist essenziell, die Identität und den Status der Verkäufer:innen genau zu überprüfen.   
  • Dokumentation: Alle Transaktionen und die Herkunft der Fahrzeuge sollten lückenlos dokumentiert werden, um im Bedarfsfall den Nachweis der Gutgläubigkeit erbringen zu können.   
  • Schulung und Weiterbildung: Regelmäßige Schulungen zum Thema Umsatzsteuerrecht und Differenzbesteuerung helfen, Fehler zu vermeiden und auf dem aktuellen Stand des Umsatzsteuerrechts zu bleiben.  

Wie Sie bei § 25a UStG auf Nummer sicher gehen: Unsere Einschätzung 

Die Differenzbesteuerung ist ein essentielles Instrument für Gebrauchtwagenhändler:innen, um  wettbewerbsfähige Preise anzubieten zu können. Wichtig ist jedoch, dass die Voraussetzungen des §25a UStG sorgfältig geprüft und eingehalten werden.  

Verlassen Sie sich nicht allein auf die Angaben der Verkäufer:innen. Prüfen Sie sorgfältig, ob diese tatsächlich nicht zum Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt sind. Eine schriftliche Bestätigung oder ein unterschriebener Kaufvertrag, in dem dieser Status vermerkt ist, kann im Falle einer Betriebsprüfung entscheidend sein. Achten Sie außerdem auf eine saubere Buchführung und trennen Sie klar zwischen differenzbesteuerten und regelbesteuerten Fahrzeugen oder Kfz-Teilen.  

Bei Unsicherheiten empfiehlt sich die Rücksprache mit einer Steuerberaterin oder einem Steuerberater oder die Abstimmung mit dem für Sie zuständigen Finanzamt. Die richtige Anwendung der Differenzbesteuerung ist nicht nur eine Frage der Gesetzestreue – sie kann auch bares Geld sparen und Ihr Geschäft nachhaltig absichern. Wenden Sie sich bei Fragen an unsere Experten Marcus Sauer und Sebastian Raphael Vogt, diese beraten Sie gerne.  

Vermerk: Bitte beachten Sie, dass in diesem Dokument bei den durch Gesetze festgeschriebenen Begriffen auf das Gendern verzichtet wird, um die juristische Präzision und Klarheit zu wahren. In allen anderen Textteilen wird eine gendergerechte Sprache verwendet, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern. 

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Marcus Sauer

Partner und Steuerberater

Sebastian Raphael Vogt

Prokurist, Head of Indirect Tax, Rechtsanwalt (Syndikusanwalt)

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