Wachstumschancengesetz: Ermäßigte Umsatzsteuer für gemeinnützige Zweckbetriebe
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15. April 2024

Wachstumschancengesetz: Ermäßigte Umsatzsteuer für gemeinnützige Zweckbetriebe

Kategorien: Steuerberatung

Körperschaften, die nach den §§ 52-54 AO gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, sind im deutschen Steuerrecht an verschiedenen Stellen steuerlich begünstigt. Sie sind zum Beispiel von der Körperschaftsteuer befreit, soweit kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG). Auch im Umsatzsteuerrecht gilt eine Begünstigung: Gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen Leistungen dieser Körperschaften grundsätzlich dem ermäßigten Steuersatz. Eine neu gefasste Formulierung im Wachstumschancengesetz soll den Anwendungsbereich weiter konkretisieren. Was Sie dazu wissen sollten, lesen Sie hier.

Steuerbegünstigte Körperschaften: Leistungen gemäß dem Wachstumschancengesetz

Die Leistungen von steuerbegünstigten Körperschaften werden gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a mit dem ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent besteuert. Ausgeschlossen von der steuerlichen Begünstigung sind Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Auch für Leistungen, die im Rahmen von Zweckbetrieben erfolgen, gibt es Einschränkungen.

Welche Einschränkungen für Leistungen des Zweckbetriebes gelten bei gemeinnützigen Körperschaften?

Die im Rahmen eines Zweckbetriebes ausgeführten Leistungen unterliegen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 3 UStG nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn

  •   der Zweckbetrieb nicht mit übrigen Unternehmen konkurriert,
  •   und deren Leistungen dem allgemeinen Steuersatz unterliegen.

Demnach muss eine Prüfung der Wettbewerbsrelevanz erfolgen, um keiner konkurrierenden Partei einen unangemessenen Vorteil zu verschaffen.

Einschränkungen unter dem Wachstumschancengesetz für gemeinnützige Zweckbetriebe

Vor dem Hintergrund der Einschränkung der Steuerbegünstigung für Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebes stellt sich eine entscheidende Frage: Für welche Arten von Zweckbetrieben werden Einschränkungen angewendet?

Gem. § 65 AO liegt ein allgemeiner Zweckbetrieb vor, wenn…

  1. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
  2. die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
  3. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

Darüber hinaus sind in den §§ 66-68 AO weitere spezielle Zweckbetriebe geregelt.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung wird der ermäßigte Steuersatz auf Zweckbetriebe nach § 65 AO uneingeschränkt angewendet. Eine umsatzsteuerliche Prüfung der Wettbewerbsrelevanz der ausgeführten Leistungen sei für diese Zweckbetriebe nicht erforderlich. Der Grund: Dem Wettbewerbsgedanken wird bereits durch die Definition des § 65 AO ausreichend Rechnung getragen. Eine Prüfung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 3 sei daher nur für Zweckbetriebe im Sinne des §§ 66-68 AO erforderlich.

Die Rechtsprechung ist dieser Auffassung aufgrund des anderslautenden Wortlautes der Vorschrift nicht gefolgt und wendet den S. 3 auf alle Zweckbetriebe – also auch Zweckbetriebe i.S.d. § 65 AO – an.

Unsere Einschätzung

Mit der nun erfolgenden Gesetzesänderung stellt der Gesetzgeber klar, dass die Anwendung des S. 3 nur für Zweckbetriebe des §§ 66-68 AO erfolgen soll. Im Ergebnis wird durch die neue Formulierung die Auffassung der Finanzverwaltung bekräftigt. Die neue Formulierung gilt ab dem Tag der Verkündung der Gesetzesänderung. 

Wilhelm Kollenbroich

Partner, Steuerberater, Zertifizierter Stiftungsberater und –manager (FS), Diplom-Kaufmann (FH)

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