16. Oktober 2023
Geleistete Anzahlungen sind kein Verwaltungsvermögen
In den §§ 13a und 13b des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) existiert eine Steuerbefreiung für Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften. Diese gibt es, um ein Unternehmen nicht mit den im Rahmen einer unentgeltlichen Übertragung des Betriebes anfallenden Steuerschulden zu überlasten. Davon profitiert allerdings nur der begünstigte Teil des Betriebsvermögens. Der übrige Teil ist als steuerpflichtiges Verwaltungsvermögen von der Begünstigung ausgeschlossen. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden: Die als Forderungen in der Bilanz aktivierten „geleisteten Anzahlungen“ zählen dann nicht zum Verwaltungsvermögen, wenn Sie nicht für ein Wirtschaftsgut geleistet wurden, das nach der Fertigstellung oder Auslieferung selbst kein Verwaltungsvermögen darstellt. Hier erfahren Sie alles zu der Entscheidung.
Verwaltungsvermögen: Eine kurze Definition
Um diese Frage zu beantworten, haben wir das nachfolgende, stark vereinfachte Schaubild vorbereitet:
Dabei muss man das gesamte Unternehmen betrachten. Im Sinne dieser Vorschrift wird das Unternehmensvermögen in das sogenannte Produktivvermögen (erbschaft-/schenkungsteuerlich gutes Vermögen) und das Verwaltungsvermögen (erbschaft-/schenkungsteuerlich schlechtes Vermögen) unterteilt.
Dafür muss auch das Verwaltungsvermögen zu gemeinen Werten herangezogen werden. Wird zum Beispiel ein Grundstück an Dritte überlassen oder hält das zu übertragende Unternehmen Anteile an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft mit einer Beteiligungsquote von 25 Prozent oder weniger, muss sowohl das Grundstück als auch die Kapitalgesellschaft bewertet und entsprechend als Verwaltungsvermögen berücksichtigt werden.
Geleistete Anzahlungen sind kein Verwaltungsvermögen
Die Frage nach der Auslegung des Begriffes der „anderen Forderungen“ war lange Zeit umstritten. Nun hat der BFH entschieden, dass damit in erster Linie Forderungen gemeint sind, die auf Zahlungsmittel gerichtet sind. Dies ergibt sich nach Ansicht des BFH daraus, dass die übrigen, mit den „anderen Forderungen“ in einer Vorschrift zusammengefassten Aktiva, ausnahmslos Finanzmittel darstellen.
Auch der Gesetzeszweck spricht für diese Ansicht: Die Regelung soll eine missbräuchliche Gestaltung verhindern. Nach dieser könnten Gelder aus dem Privatvermögen in einen Betrieb eingelegt werden und somit von nicht begünstigtem Privatvermögen in steuerbegünstigtes Betriebsvermögen umgewandelt werden. Daher wurden die in einem Betrieb enthaltenen Finanzmittel als Verwaltungsvermögen eingestuft. Finanzmittel sind vereinfacht ausgedrückt erst ab einer unternehmensindividuellen Höhe schädlich für diese Steuerbefreiung. Der Gesetzeszweck unterstreicht, dass in erster Linie Forderungen gemeint sind, die auf Zahlungsmittel gerichtet sind.
Bei den in der Bilanz als Forderung aktivierten „geleisteten Anzahlungen“ handelt es sich allerdings nicht um eine Forderung, die in erster Linie auf eine Geldzahlung gerichtet ist. Die Bilanzposition stellt vielmehr den Anspruch auf Erfüllung der Gegenleistung dar. Im Ergebnis handelt es sich also um einen Sachleistungsanspruch, der aus den oben genannten Gründen nicht zu den Finanzmitteln zählt.
Verwaltungsvermögen: Was bedeutet die Entscheidung für die aktuelle Gesetzesfassung?
Obwohl der vom BFH entschiedene Streitfall noch das alte, bis zum 30.06.2016 gültige Recht betraf, sind die Grundsätze des Urteils auch auf das aktuell geltende Recht übertragbar, da sich die Grundsätze der Regelungen für Finanzmittel als Verwaltungsvermögen nicht geändert haben.
Unsere Einschätzung
Aus Sicht aller Unternehmer:innen ist es erfreulich, dass durch das Urteil Klarheit für die betroffenen Fälle geschaffen wurde. Die Argumentation des BFH ist schlüssig, da die Aktivierung der „geleisteten Anzahlung“ für das Unternehmen im Regelfall nicht bedeutet, dass ernsthaft mit einem Geldzufluss zu rechnen ist. Somit handelt es sich nicht um ein Finanzmittel, das als Verwaltungsvermögen die Steuerbegünstigung gefährden kann. Entgegen der sonst eher restriktiven Rechtsprechung des BFH zu den §§ 13a und 13b mit nachteiligen Folgen für die Betriebe tendieren wir dazu, die Auswirkungen dieser Entscheidung als positiv anzusehen. Wenn Sie weitere Fragen zum Verwaltungsvermögen haben, sprechen Sie Akram Juja gerne an