30. Juli 2024
Gewerbesteuerausgleichsklauseln bei Personengesellschaften: Ein Leitfaden
Das Ziel von Personengesellschaften ist es, durch den Zusammenschluss mehrerer Personen gemeinsam ein Unternehmen zu führen und damit wirtschaftliche Ziele zu erreichen. Die Gesellschafter teilen sich Gewinne und Verluste und sind meist persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft verantwortlich. Im Gegensatz dazu ist die Haftung bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich auf die Stammeinlage beschränkt. Steuerlich betrachtet versteuern Mitunternehmer die eigenen Gewinne individuell im Rahmen der Einkommensteuer. Die Gewerbesteuer kann jedoch komplexer sein, da sie auf Gesellschaftsebene anfällt und Sonderbetriebseinnahmen der Mitunternehmer in diese einfließen.
Gewerbesteuerpflicht für Personengesellschaften
Personengesellschaften wie die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) unterliegen der Gewerbesteuerpflicht, wenn sie gewerblich tätig sind. Auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wird gewerbesteuerpflichtig, wenn sie eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Reine Vermögensverwaltende Gesellschaften, die beispielsweise Grundbesitz vermieten oder eigenes Vermögen verwalten, sind typischerweise von der Gewerbesteuer befreit. Die Gewerbesteuer wird von den Gemeinden erhoben und bemisst sich nach dem Gewerbeertrag der Personengesellschaft und dem jeweiligen Hebesatz der Gemeinden.
Sonderbetriebseinnahmen für Gesellschafter
Sonderbetriebseinnahmen sind zusätzliche Einkünfte, die Mitunternehmer einer Personengesellschaft neben dem Anteil am Gewinn der Gesellschaft erzielen. Diese Einnahmen resultieren aus besonderen Beziehungen zwischen Mitunternehmer und der Gesellschaft, die über das normale Gesellschaftsverhältnis hinausgehen. Ein typisches Beispiel ist die Vermietung einer Immobilie an die Gesellschaft. In einem solchen Fall erhalten sie Mieteinnahmen, die als Sonderbetriebseinnahmen gelten.
Sonderbetriebseinnahmen erhöhen den steuerlichen Gewinnanteil der Mitunternehmer, da sie zusätzlich zum regulären Gewinnanteil aus der Gesellschaft hinzugerechnet werden. Diese Einnahmen sind besonders relevant, da sie die steuerliche Gesamtbelastung beeinflussen können. Neben der Vermietung von Immobilien können auch Zinsen aus Darlehen, die Mitunternehmer der Gesellschaft gewährt haben, oder Einnahmen aus der Überlassung von anderen Wirtschaftsgütern als Sonderbetriebseinnahmen gelten.
Die Erfassung von Sonderbetriebseinnahmen erfolgt in der Regel in der Sonderbilanz.
Diese Bilanz bildet die Grundlage für die Ermittlung des steuerlichen Ergebnisses der Mitunternehmer aus deren Beteiligung an der Personengesellschaft. Daher ist es wichtig, dass alle Sonderbetriebseinnahmen korrekt und vollständig erfasst werden, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.
Notwendigkeit von Gewerbesteuerausgleichsklauseln
Die Problematik bei Personengesellschaften besteht darin, dass Aufwendungen und Erträge aus dem Sonderbetriebsvermögen oder Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter in die Gewerbesteuerberechnung einfließen. Da die Personengesellschaft der Schuldner der Gewerbesteuer ist, werden alle Mitunternehmer durch die Gewerbesteuer belastet, selbst wenn sie die Gewerbesteuer wirtschaftlich nicht verursacht haben. Dies betrifft auch die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen durch Kapital- oder Personengesellschaften nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG. Aufgrund eines begrenzten Anrechnungsvolumens nach § 35 EStG können diese Mehrbelastungen nicht vollständig kompensiert werden.
Beispiele für steuerliche Mehr- und Minderbelastungen
- Sonderbetriebseinnahmen: Mieteinnahmen von Gesellschafter, die als Sonderbetriebseinnahmen dem Gewinn der Personengesellschaft hinzugerechnet werden, führen zu einer höheren Gewerbesteuerbelastung.
- Veräußerung einer Beteiligung: Veräußerungsgewinne von Gesellschafter können im Einzelfall der Gewerbesteuer auf Ebene der Personengesellschaft unterliegen.
- Heterogene Gesellschafterstruktur: Unterschiede in der Besteuerung von natürlichen Personen und Kapitalgesellschaften innerhalb der Personengesellschaft führen zu unterschiedlichen Steuerbelastungen, die ungleichmäßig verteilt sind.
- Aufwendungen von Mitgesellschafter: Spezifische Aufwendungen wie Finanzierungszinsen mindern die Gewerbesteuerbelastung aller Gesellschafter, was zu Ungerechtigkeiten führen kann.
Lösungsansätze durch vertragliche Vereinbarungen
- Berücksichtigung im Gewinnverteilungsschlüssel: Anpassung der Gewinnanteile entsprechend der steuerlichen Mehr- oder Minderbelastung.
- Verpflichtung zur Leistung einer Einlage: Verursachende Gesellschafter leisten eine Einlage in Höhe der Mehrbelastung, um die von ihnen verursachte Mehrbelastung der Gesellschaft auszugleichen.
- Gesellschaftsvertraglicher Freistellungsanspruch: Verursacher:innen verpflichten sich, die Gesellschaft von zusätzlichen gewerbesteuerlichen Belastungen freizustellen.
Eine Kombination dieser Regelungen kann sinnvoll sein, um die steuerliche Belastung gerecht zu verteilen und Konflikte zu vermeiden.
Unsere Einschätzung
Personengesellschaften stehen vor der Herausforderung, die Gewerbesteuerbelastung auf Ebene der Gesellschaftergerecht zuzuordnen. Gewerbesteuerausgleichsklauseln sind notwendig, um steuerliche Ungerechtigkeiten zwischen den Gesellschaftern zu vermeiden und sollten im Gesellschaftsvertrag verankert werden. Unsere Expert:innen stehen Ihnen für Beratung zur Gestaltung des Gesellschaftsvertrages und anderen gesellschaftsrechtlichen Themen gerne zur Verfügung. Wenden Sie sich hierzu an Steuerberater Julian Heesemann oder Steuerassistent LL.B. Sven Spindelmann.
Vermerk: Bitte beachten Sie, dass in diesem Dokument bei den durch Gesetze festgeschriebenen Begriffen auf das Gendern verzichtet wird, um die juristische Präzision und Klarheit zu wahren. In allen anderen Textteilen wird eine gendergerechte Sprache verwendet, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern.