Hausärztliche Leistungen: Endbudgetierung und Honorar im Jahr 2024
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25. Januar 2024

Hausärztliche Leistungen: Endbudgetierung und Honorar im Jahr 2024

Kategorien: Steuerberatung

Das kam für viele überraschend: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) kündigte Mitte Januar einen Umbau der Systematik der Vergütung hausärztlicher Leistungen an. Tatsächlich wurde bereits im Koalitionsvertrag der Ampelregierung die Endbudgetierung im hausärztlichen Bereich versprochen. Das vorgestellte „Maßnahmenpaket zur Stärkung der ambulanten ärztlichen Versorgung“ sieht im Wesentlichen drei Punkte vor, die im Rahmen des “Versorgungsgesetzes I” umgesetzt werden sollen. Hier finden Sie einen Ausblick auf die Änderungen in Zusammenarbeit mit Dr. Christopher F. Büll, Fachanwalt für Medizinrecht, von Mereba.

Was ändert sich bei den hausärztlichen Leistungen und wann passiert das?

Konkret sieht der Entwurf vor, dass die Krankenkassen in den Bezirken der Kassenärztlichen Vereinigungen Ausgleichszahlungen leisten, in denen die Leistungen der hausärztlichen Versorgung nicht vollständig vergütet werden. Dies soll schon ab dem ersten Tag nach Verkündung des Gesetzes des folgenden Kalenderquartals gelten. Sollte das Gesetzgebungsverfahren also noch im Quartal 1/2024 abgeschlossen werden, würde der Endbudgetierungsmechanismus bereits ab Juli 2024 greifen.

Endbudgetierung in der allgemeinen hausärztlichen Versorgung

Dies bedeutet zunächst die Beendigung der Festsetzung von Regelleistungsvolumen für Ärzte, die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen. Die hausärztlichen Leistungen des Kapitels 3.2 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) sollen dabei in eine „hausarzt-morbiditätsorientierte Gesamtvergütung (MGV)“ überführt und insoweit ohne Budgetierungsmaßnahmen vollumfänglich vergütet werden.

Hausärztliche Leistungen: Einführung einer jahresbezogenen hausärztlichen Versorgungspauschale

Versicherte, die

  • erwachsen
  • chronisch krank und 
  • auf eine kontinuierliche Arzneimittelgabe angewiesen sind,

sollen ab dem ersten Arzt-Patienten-Kontakt eine jährliche Pauschale erhalten. Diese ist unabhängig von der Anzahl weiterer Kontakte in diesem Jahr. Die Absenkung vermeidbarer Praxisbesuche in den Hausarztpraxen ist das zentrale Ziel. Die Hausärzte entscheiden letztendlich selbst, wie häufig die Patient:innen tatsächlich vorstellig werden müssen. Auch eine telefonische Beratung und die damit einhergehende ärztliche Diagnostik werden zulässig sein.

Die hausärztliche Vorhaltepauschale

Für Praxen, die maßgeblich die hausärztliche Versorgung aufrechterhalten, soll es eine Vorhaltepauschale geben. Ähnlich wie bei der Krankenhausreform geplant, soll den Praxen dann unabhängig vom Patientenaufkommen eine Pauschale für das Vorhalten bestimmter Leistungen bereitstehen. Dafür müssen die Praxen bestimmte Kriterien erfüllen, wie beispielsweise:

  • Hausbesuche, 
  • Betreuung von Alten- und Pflegeheimen sowie 
  • bestimmte Mindestzahlen an Versicherten in der Behandlung.

Hausärztliche Leistungen: Was ändert sich noch?

Der Gesetzgeber plant neben diesen drei Kernpunkten auch eine Bagatellgrenze bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Bei bestimmten Arzneimittelverordnungen, die bislang im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung regressiert wurden, kann ab einer bestimmten Summe kein Verfahren mehr eingeleitet werden. Dies soll unnötige Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Regresse mit erheblichem bürokratischen Aufwand verhindern.

Unklarheiten bei den Maßnahmen zu hausärztlichen Leistungen

Der aktuell kursierende Gesetzesentwurf enthält noch keine Regelungsinhalte für die Versorgungs- und Vorhaltepauschalen. Insoweit ist noch nicht klar, welche Voraussetzungen für die Abrechnung dieser beiden neuen Pauschalen vorgegeben werden. Auch die Höhe der Pauschalen steht noch nicht fest. Ob auch tatsächlich alle hausärztlichen Leistungen von der Budgetierung ausgeschlossen werden, ist ebenfalls noch unklar. Grundsätzlich wird dies im Rahmen der jeweiligen Honorarverteilungsmaßstäbe der Kassenärztlichen Vereinigungen passieren.

 

Es stellt sich die Frage, ob die Jahrespauschale für Patient:innen mit chronischen Erkrankungen den erhofften Effekt haben wird. Denn schon jetzt können die Hausärzt:innen entscheiden, wie oft sie die Patient:innen tatsächlich sehen wollen. Ärzt:innen müssen die Wirtschaftlichkeit ihrer Tätigkeit noch mehr als bisher beeinflussen.

Unsere Einschätzung

Bei der Jahrespauschale wäre ein Mechanismus sinnvoll gewesen, in dem der Arzt-Patienten-Kontakt nicht nur einmal im Jahr vergütet wird. Mehrere Arzt-Patienten-Kontakte, möglicherweise gestaffelt, würden aus unserer Sicht mehr Sinn ergeben.

Sobald die Bundesregierung den Entwurf des Versorgungsgesetzes final zur Abstimmung im Bundestag vorlegt, werden wir Ihnen ein Update zu den tatsächlichen Regelungen geben. Bis dahin können Sie uns auch jederzeit gerne für spezielle Fragen im Zusammenhang mit der Abrechnung und der zukünftigen Vergütung kontaktieren. 

 

Stefanie Anders

Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin Gesundheitswesen (IBG/ HS Bremerhaven), Fachberaterin für Controlling und Finanzwirtschaft (DStV e.V.)

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Stefanie Anders

Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin Gesundheitswesen (IBG/ HS Bremerhaven), Fachberaterin für Controlling und Finanzwirtschaft (DStV e.V.)

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