Keine anschaffungsnahen Kosten bei Erwerb und Erhaltung von Immobilienanteilen in Erbengemeinschaft
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23. Februar 2024

Keine anschaffungsnahen Kosten bei Erwerb und Erhaltung von Immobilienanteilen in Erbengemeinschaft

Kategorien: Steuerberatung

Bei entgeltlicher Anschaffung eines Erbanteils, zu dem ein Grundstück gehört, und späterer Veräußerung dessen ist der Erwerb des Erbanteils nicht maßgeblich für die Frist eines privaten Veräußerungsgeschäfts. Oft werden im Erbfall auch vermietete Immobilien übertragen, die die Erb:innen dann renovieren. Ob an dieser Stelle das Risiko besteht, dass die Investition als anschaffungsnahe Herstellungskosten qualifiziert wird und damit nicht sofort abzugsfähige Werbungskosten darstellt, erfahren Sie hier.

Die Herausforderung anschaffungsnaher Herstellungskosten in Erbengemeinschaften

Erwerber:innen von Immobilien führen nach dem Erwerb oftmals Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen durch. So wollen sie 

  • die Immobilie nach den eigenen Vorstellungen anpassen, 
  • gesetzlichen Anforderungen entsprechen oder 
  • das Objekt attraktiver für potenzielle Mieter machen. 

Um den größtmöglichen Steuervorteil zu verwirklichen und alle Aufwendungen als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend zu machen, müssen sie die Grenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten beachten. Wird diese Grenze überschritten, werden die eigentlich sofort abzugsfähigen Aufwendungen umqualifiziert und müssen über die Nutzungsdauer der Immobilie linear abgeschrieben werden. Das passiert häufig über die Dauer von 50 Jahren.

Werden 

  1. innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt und 
  2. übersteigen die Kosten 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes (ohne Umsatzsteuer), 

so werden sie als anschaffungsnahe Herstellungskosten umqualifiziert.

Erwerb eines Erbanteils in der Erbengemeinschaft

Bei dem entgeltlichen Erwerb eines Erbanteils, zu dem eine Immobilie gehört, stellt sich die Frage, ob die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a) EStG anzuwenden ist. Dies wäre nur der Fall, wenn der entgeltliche Erwerb des Erbanteils auch als entgeltliche Anschaffung der Immobilie für Zwecke der Regelung zu verstehen ist.

Im dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.09.2023 wurde bereits klargestellt, dass der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft nicht zur anteiligen Anschaffung der Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens führt. Der BFH argumentiert, dass die „Anschaffung“ eine entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten voraussetzt. Es handelt sich bei einer gesamthänderischen Beteiligung – hier ein Erbanteil – dem Urteil nach nicht um ein Grundstück. Daraus lässt sich ableiten, dass eine entgeltliche Immobilienübertragung im Mantel eines Erbanteils keiner entgeltlichen Anschaffung der Immobilie gleichkommt. Dies ermöglicht einen vollständigen Werbungskostenabzug der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen ohne, dass der 15-Prozent-Grenze Beachtung geschenkt werden muss.

(Teil-)entgeltlicher Erwerb von einem Rechtsvorgänger in Erbengemeinschaften

Der Bundesfinanzhof hat darüber hinaus mit dem Urteil vom 17.06.1997 entschieden, dass die Grundsätze des anschaffungsnahen Aufwands nicht gelten, wenn ein Erbe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ein Grundstück in vollem Umfang unentgeltlich erwirbt. Diese Auffassung teilt auch die Finanzverwaltung in den Einkommensteuerrichtlinien: Anschaffungsnahe Herstellungskosten können nur vorliegen, soweit der Erwerb entgeltlich erfolgte.

Daraus resultiert, dass bei teilentgeltlichem Erwerb einer Immobilie nur anschaffungsnahe Herstellungskosten im Verhältnis zum entgeltlichen Teil des Erwerbsvorgangs vorliegen können. Damit ist die Anschaffung des Gebäudes in einen unentgeltlichen sowie entgeltlichen Teil aufzuteilen.

Es ist unerheblich, wann der Rechtsvorgänger die Immobilie erworben hat. Es kommt für den 3-Jahreszeitraum auf den Zeitpunkt der teilentgeltlichen Anschaffung an; also wann der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums erfolgte. Der Zeitraum beginnt genau an diesem Tag.

Nachträgliche Änderung des Steuerbescheids aufgrund anschaffungsnaher Herstellungskosten in Erbengemeinschaften

Wenn sich erst im zweiten oder dritten Jahr herausstellt, dass die 15-Prozent-Grenze überschritten wird und das erste Jahr bereits veranlagt wurde, macht dieser Umstand eine nachträgliche Bescheidänderung erforderlich. Meist erfolgt die Steuerfestsetzung innerhalb der ersten drei Jahre nach Anschaffung vorläufig. Bei der Überschreitung der Grenze spricht man von einem rückwirkenden Ereignis, das eine Bescheidänderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung rechtfertigt und entsprechend nach sich zieht.

Unsere Einschätzung

Wenn Sie eine Immobilie voll unentgeltlich erben oder Sie einen Erbanteil entgeltlich erwerben, müssen Sie die 15-Prozent-Grenze nicht beachten. Sämtliche Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen stellen im gleichen Jahr sofort abzugsfähige Werbungskosten dar und können somit die Steuerlast unmittelbar reduzieren.

Bei teilentgeltlichem oder vollentgeltlichem Erwerb einer Immobilie ist die 15-Prozent-Grenze jedoch von Bedeutung. Hier sollten Sie vorausschauend prüfen, ob bei vorgesehenen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen die Möglichkeit besteht, die Grenze nicht zu überschreiten oder die Investitionen zeitlich zu strecken. So vermeiden Sie die Qualifizierung als anschaffungsnahe Herstellungskosten.

Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Hilfe bei der steueroptimierten Sanierung Ihrer Immobilien benötigen.

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