Kompetenz der CSR-Berichterstattung liegt beim Vorstand einer Aktiengesellschaft
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15. Dezember 2023

Kompetenz der CSR-Berichterstattung liegt beim Vorstand einer Aktiengesellschaft

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Ein Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig hat die Kompetenzverteilung bei der Berichterstattung in einer Aktiengesellschaft neu definiert. Durch die steigende Relevanz von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung (Corporate Social Responsibility) in Unternehmen wächst auch die Verpflichtung zur Berichterstattung. Hier erfahren Sie, welche Auswirkungen das Urteil des OLG Braunschweig für Ihr Unternehmen hat und welche Rechte und Pflichten für Ihren Aufsichtsrat und Vorstand bezüglich der nichtfinanziellen Berichterstattung gelten.

CSR-Berichterstattung einer Aktiengesellschaft

Kapitalmarktorientierte Unternehmen sind seit 2017 dazu angehalten, über nichtfinanzielle Themen zu berichten. Dies kann in Form einer nichtfinanziellen Erklärung, als Teil des Lageberichts oder als gesonderter nichtfinanzieller Bericht geschehen.

Der Aufsichtsrat ist durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) befähigt und verpflichtet, die nichtfinanzielle Berichterstattung aktienrechtlich zu prüfen. Bisher wurde nicht geklärt, wie die Kompetenzen in Bezug auf die CSR-Berichterstattung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand einer Aktiengesellschaft verteilt sind.

Das Urteil des OLG Braunschweig vom Mai 2023 zur CSR-Berichterstattung

Im Mai 2023 hat das OLG Braunschweig die Aufgabenverteilung erklärt: Der Vorstand kann nicht dazu verpflichtet werden, in der nichtfinanziellen Berichterstattung nach §§289b, 315b HGB offenzulegen, welche klimarelevanten Lobbyaktivitäten das Unternehmen verfolgt.

Weitergehend hat das Gericht durch sein Urteil geklärt, dass der Vorstand durch die Satzung der Aktiengesellschaft nicht angewiesen werden kann mitzuteilen, 

  • inwiefern die Aktivitäten der Konzerngesellschaft der Verringerung der Risiken des Klimawandels dienen und 
  • wie diese zur Erfüllung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens beitragen.

Die Hauptversammlung einer weltweit agierenden Aktiengesellschaft im Bereich des Automobilsektors hatte einen Beschlussantrag auf eine Änderung der Satzung gestellt. Sie wollte den Vorstand zu einer Offenlegung verpflichten, 

  • welche auf das Thema Klimawandel gerichteten Lobbyaktivitäten unterstützt werden und 
  • welche Zahlungen an Verbände oder Interessengruppen getätigt werden, die sich mit der Verringerung der Klimarisiken beschäftigen. 

Ferner sollte der Vorstand durch die Satzungsergänzung darlegen, wie diese Vorgänge der Konzerngesellschaft dienen und zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens beitragen.

Als der Vorstand des Autoherstellers den Beschlussantrag als unzulässig zurückwies, beantragte der Aufsichtsrat eine Bekanntmachung der Satzungsänderung in der nächsten Hauptversammlung.

Das Gericht lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die Verantwortlichkeit der Unternehmensleitung in den Händen des Vorstands liegt. Der Vorstand solle die Gesellschaft nach eigenem Ermessen leiten. Durch diese Weisungsunabhängigkeit darf die Satzung eines Unternehmens keine konkreten Anweisungen an die Geschäftsführung enthalten.

Unsere Einschätzung

Der Grat zwischen rechtswidriger Beeinflussung der Geschäftsführung und des Anstoßgebens in einer Satzung ist schmal. Daher ist es wichtig, die nichtfinanziellen Erklärungen und Berichte mit den Unternehmenszielen und -vorstellungen in Einklang zu bringen. Die wachsende Bedeutung der CSR-Berichterstattung fordert eine intensive Auseinandersetzung mit der bestehenden Satzung einer Gesellschaft.

Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen zur CSR-Berichterstattung und den hiermit einhergehenden Verpflichtungen für Ihr Unternehmen haben.

Paola Koudela

Prokuristin, Rechtsanwältin

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