Diese Maßnahmen der Bundesregierung im Energiebereich sollten Sie kennen
© Budimir Jevtic / Adobe Stock

12. Januar 2024

Diese Maßnahmen der Bundesregierung im Energiebereich sollten Sie kennen

Nach und nach werden immer mehr Maßnahmen bekannt, wie die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 (2 BvF 1/22) entstandene Lücke in den Bundeshaushalten für 2023 und 2024 schließen will. Die Maßnahmen stehen im Zusammenhang mit den durch das vorgenannte Urteil präzisierten finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben Artikel 115 Absatz 2 des Grundgesetzes. Welche Maßnahmen im Energiesteuer- und Stromsteuerrecht sowie auch im Bereich Agrardiesel und bei der Luftverkehrsteuer geplant sind, erfahren Sie hier. 

Steuerentlastungen im Energiesteuer- und Stromsteuerrecht laufen aus

Weniger öffentlichkeitswirksam wurden folgende Steuervergünstigungen im Energiesteuerrecht und Stromsteuerrecht abgebaut oder sollen nach derzeitigem Kenntnisstand abgebaut werden:

Mit Bekanntmachungen vom 15. Dezember 2023 im Bundesgesetzblatt wurde das Auslaufen der Freistellungsanzeigen zum 31.12.2023 für folgende Steuerentlastungen bekannt gemacht:

  • BGBl. 2023 I Nr. 361: volle Energiesteuerentlastung nach § 53 Absatz 6 EnergieStG
  • BGBl. 2023 I Nr. 362: Spitzenausgleich nach § 55 EnergieStG
  • BGBl. 2023 I Nr. 363: Spitzenausgleich nach § 10 StromStG

Damit ist eine Gewährung dieser Entlastungen nach dem 31.12.2023 nicht mehr möglich. Zum 30.06.2024 sollen laut einer Fachmeldung des Zolls diese Steuervergünstigungen auslaufen:

  • § 3 EnergieStG: Steuerbegünstigung für begünstigte Anlagen
  • § 3a EnergieStG: Steuerbegünstigung für sonstige begünstigte Anlagen (Hafendiesel)
  • § 53a Abs. 1 und Abs. 4 EnergieStG: Teilweise Steuerentlastung für die gekoppelte Erzeugung von Kraft und Wärme

Ob und inwieweit diese Steuerentlastung evtl. über den vorgenannten Zeitraum hinaus gewährt werden, ist derzeit offen.

Unklarheit bei allgemeinen Steuerentlastungen für Energie

Eine gewisse Unklarheit besteht in Bezug auf die allgemeinen Steuerentlastungen nach § 9b StromStG und § 54 EnergieStG. Nach der Fachmeldung des Zolls vom 19.01.2023 sollen beide Steuerbegünstigungen ebenfalls zum 31.12.2023 auslaufen. In der Fachmeldung vom 19.12.2023 ist die ursprüngliche Tabelle bereits nicht mehr enthalten.

Derzeit fehlen auch vergleichbare Bekanntmachungen über das Auslaufen der jeweiligen Freistellungsanzeige im Bundesgesetzblatt, welche sowohl nach § 54 Absatz 5 EnergieStG als auch nach § 9b Absatz 4 StromStG zwingend vorzunehmen sind.

  • 9b StromStG wurde zudem erst kürzlich durch das am 29.12.2023 im Bundesgesetzblatt bekannt gemachten Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 vom 22. Dezember 2023 geändert und der Entlastungssatz für 2024 und 2025 temporär von 5,13 EUR/MWh auf 20,00 EUR/MWh erhöht. Ein Auslaufen würde ein Widerspruch zu den Neuregelungen sein.

Eine denkbare Erklärung wäre, dass vielleicht für § 54 EnergieStG und § 9b StromStG Freistellungsanzeigen in Vorbereitung sind, diese aber bisher noch nicht veröffentlicht wurden.

Die Fortgeltung des § 54 EnergieStG entgegen der oben genannten Fachmeldung könnte sich zudem aus dem Entwurf eines Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 ergeben, welches vom Bundeskabinett am 8.1.2024 beschlossen wurde. Durch den dortigen Artikel 3 soll § 3b Absatz 3 des EnergieStG geändert und § 54 EnergieStG auch weiterhin als staatliche Beihilfe qualifiziert werden. Eine derartige Regelung würde ins Leere laufen, sofern § 54 EnergieStG zum 31.12.2023 auslaufen würde. 

Es bleibt also die weitere Entwicklung abzuwarten.

Agrardiesel: Abbau der Energievergünstigung für Landwirte

Trotz der Forderungen des Bauernverbandes hält die Bundesregierung an dem Vorhaben fest, die Steuervergünstigung für den sogenannten Agrardiesel schrittweise auslaufen zu lassen. So soll den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft eine Übergangszeit gewährt werden. Die Förderung hat seit immerhin 1951 Bestand. Dieser Schritt ist nach der Gesetzesbegründung erforderlich, da die Verbilligung des Dieselkraftstoffs für landwirtschaftliche Betriebe nach der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie als klimaschädlich bewertet wird. 

Technisch wird das so umgesetzt:

Die Steuerentlastung beträgt für 1.000 Liter Gasöle nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 EnergieStG

  • bis zum 29. Februar 2024 214,80 Euro,
  •  vom 1. März 2024 bis zum 31. Dezember 2024 128,88 Euro,
  •  vom 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2025 64,44 Euro,

jeweils unvermischt mit anderen Energieerzeugnissen, ausgenommen Biokraftstoffen oder Additiven der Position 3811 der kombinierten Nomenklatur.

Wichtig zu wissen: Seit dem 1. Januar 2024 ist nur noch eine Online-Beantragung der Steuerentlastung nach § 57 Energiesteuergesetz für den vorangegangenen Entlastungsabschnitt möglich. Das Gesetzespaket enthält folglich die verfahrensrechtlichen Regelungen für die elektronische Antragstellung.

Hoher Energieverbrauch: Erhöhung der Luftverkehrsteuer 

Mit Artikel 1 des zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 sollen die in § 11 Absatz 1 LuftVStG geregelten Steuersätze wie folgt erhöht werden: 

Die Steuer beträgt je Fluggast für Flüge mit einem Zielort

1. in einem Land der Anlage 1
LuftVStG
von 13,03 Euro auf   15,53 Euro
2. in einem Land der Anlage 2
LuftVStG
von 33,01 Euro auf 39,34 Euro
3. in anderen Ländern von 59,43 Euro. auf 70,73 Euro

 

Dies entspricht einer Erhöhung um 16 Prozent.

Derzeit ist geplant, dass der Gesetzentwurf zunächst im Haushaltsausschuss beraten wird. Zudem führt der Finanzausschuss am 15.01.2024 eine öffentliche Anhörung zum Entwurf des zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes durch. Federführend für den

Gesetzentwurf ist der Haushaltsausschuss; der mitberatende Finanzausschuss

befasst sich aber mit den steuerlichen Aspekten. Ende Januar 2024 soll dann der Bundeshaushalt 2024 beschlossen werden. Denkbar ist, dass der Bundesrat in seiner Sitzung am 2. Februar 2024 das Gesetzgebungsverfahren abschließt. 

Unsere Einschätzung 

Einige der steuerlichen Veränderungen wurden öffentlichkeitswirksam präsentiert. Andere Veränderungen, insbesondere das Auslaufen der vollen Steuerentlastung für hocheffiziente KWK-Anlagen, wurden durch einfache Bekanntgabe im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Teilweise besteht etwas Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG. Wir vermuten, dass diese Vorschrift über die allgemeine Steuervergünstigung in Höhe von 25 Prozent weiterhin gilt, da bisher ein Auslaufen der Freistellungsanzeige nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde.

Gerade vor dem Hintergrund der übrigen gestiegenen Preise für CO2-Zertifikate wäre eine Rechtssicherheit zur  Planungssicherheit wünschenswert. Wir stellen fest, dass die Bundesregierung ihr Ziel weiterverfolgt und Subventionen auf klimaschädliche fossile Brennstoffe abbaut. Man wird aber abwarten müssen, ob der Gesetzentwurf in dieser vom Bundeskabinett beschlossenen Fassung das Gesetzgebungsverfahren passiert. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

 

Tino Wunderlich

Associate Partner, Rechtsanwalt, Steuerberater, Bereich Energiesteuern

Expert:innen zu diesem Thema

Keine passenden Personen gefunden.

Das könnte Sie auch interessieren

  • Die Steuerpflicht beschränkt steuerpflichtiger Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsmitglieder in Deutschland

    Der Wissenstransfer auf dem internationalen Wirtschaftsmarkt ist nur einer der Vorteile der Globalisierung. Nicht selten sitzen Menschen aus dem Ausland in den Aufsichts- und Verwaltungsräten deutscher Unternehmen. Verfügen diese weder über einen Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, unterliegen sie [...]

    Meike Ringel

    16. Feb 2024

  • Biomasse, Klär- und Deponiegas ist keine erneuerbare Energie mehr

    Unsere Bauern sind derzeit präsenter denn je. Sie kämpfen zum Beispiel gegen die Streichung der Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer und den stufenweisen Abbau des sogenannten Agrar-Diesels durch das Zweite Haushaltsfinanzierungsgesetz; das befindet sich aber noch im Gesetzgebungsverfahren. Die Ampelkoalition will [...]

    Tino Wunderlich

    05. Feb 2024

  • Können Arbeitgeber:innen die Energiepreispauschale zurückfordern?

    Im Zuge des Steuerentlastungsgesetzes 2022 hat die Bundesregierung die einmalige Auszahlung einer Energiepreispauschale (EPP) in Höhe von 300 Euro durch Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen beschlossen. Ziel ist, Arbeitnehmer:innen bei den derzeit stetig steigenden Energie- und Heizkosten zu entlasten. Hier erfahren Sie [...]

    Stefanie Anders

    24. Jan 2024