9. August 2023
Mitarbeiterbeteiligung: Urteil zur stillen Beteiligung von Arbeitnehmer:innen
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Mitarbeiterbeteiligung?
- Warum sollte man eine Gewinnbeteiligung für Mitarbeitende einführen?
- Wie kann eine Mitarbeiterbeteiligung aussehen?
- Worum ging es in der Klage zur Mitarbeiterbeteiligung?
- Gewinnbeteiligung: Wie lautet das Urteil des Finanzgericht Baden-Württemberg?
- Wie begründet das FG seine Entscheidung zur Mitarbeiterbeteiligung?
- Unsere Einschätzung
Arbeitgeber:innen sollten sich gerade in Zeiten des akuten Fachkräftebedarfs überlegen, wie sie für Fachkräfte attraktiv sein können. Die Mitarbeiterbeteiligung kann dafür ein geeignetes Mittel sein. Erfahren Sie hier alles, was Sie zum Urteil rund um die stille Mitarbeiterbeteiligung wissen müssen.
Was ist Mitarbeiterbeteiligung?
International sind Programme zur Gewinnbeteiligung von Mitarbeitenden bereits Standard. Auch in Deutschland sind sie für Start-ups, Mittelstand und DAX-Unternehmen inzwischen ein Muss. Per Beteiligung partizipieren Mitarbeitende vertraglich am Vermögen (Kapital) oder am Gewinn des Unternehmens. Sie besitzen dann Anteile am Unternehmen oder Ansprüche auf bestimmte Zahlungen und werden zu stillen Teilhaber:innen. Damit wirkt sich die Qualität ihrer Arbeit direkt auf ihren Verdienst aus.
Warum sollte man eine Gewinnbeteiligung für Mitarbeitende einführen?
Bei Anteilen am Unternehmen können Mitarbeitende Einfluss auf Entscheidungen im Unternehmen nehmen und die weitere strategische Ausrichtung des Unternehmens mitbestimmen. Sie müssen sich aber auch bewusst sein: Um davon zu profitieren, muss ihre Arbeit das Unternehmen voranbringen. Damit schafft das Unternehmen eine höhere Identifikation und Motivation für Mitarbeitende. Sie binden sich damit an ihre Arbeitgeber:innen und sind nicht nur gefühlt ein Teil des Unternehmens.
Wie kann eine Mitarbeiterbeteiligung aussehen?
In der Praxis gibt es hierzu eine Vielzahl von Beteiligungsmöglichkeiten wie beispielsweise
- Tantiemen, also erfolgsorientierte Beteiligungen, neben den
- Kapitalbeteiligungen in Form von Besitz von Gesellschaftsanteilen oder
- Gewährung von partiarischen Darlehen also mit einer erfolgsorientierten Verzinsung.
Worum ging es in der Klage zur Mitarbeiterbeteiligung?
Das Finanzgericht (FG) Baden Württemberg verhandelte den Fall in Bezug auf die Mitarbeiterbeteiligung an einer GmbH. Der Kläger, ein Angestellter der GmbH, beteiligte sich am 06.12.2010 als typisch stiller Gesellschafter während seiner Anstellung am Unternehmen. Das Unternehmen gewährte diese Möglichkeit ausgewählten und besonders wichtigen Mitarbeiter:innen gegen die Leistung einer Einlage.
Das steuerliche Problem ergab sich, als das Finanzamt die erzielten Gewinnanteile des Klägers aus seiner stillen Beteiligung als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit klassifizierte. Der Kläger wollte diese Gewinnanteile stattdessen als Kapitaleinkünfte behandeln und zog vor Gericht.
Gewinnbeteiligung: Wie lautet das Urteil des Finanzgericht Baden-Württemberg?
Die Richter des Finanzgerichts beurteilten den Fall und gaben der Klage des Arbeitnehmers statt. Sie stuften die erzielten Gewinnanteile aus der stillen Beteiligung weder als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) ein noch als gewerbliche Einkünfte. Stattdessen qualifizierten sie die Gewinnanteile als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG.
Wie begründet das FG seine Entscheidung zur Mitarbeiterbeteiligung?
Das Gericht ordnete die Gewinnanteile Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu. Diese entstehen entweder aus einer stillen Beteiligung an einem Handelsgewerbe oder aus einem partiarischen Darlehen.
Der Kläger sei kein atypischer stiller Gesellschafter gemäß § 20 Abs. 8 i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Das Gericht kam zu dieser Erkenntnis, da der Mitarbeiter zwar am Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt sei, jedoch kein hohes Mitunternehmerrisiko trägt. Einen Anspruch an einer Beteiligung am Unternehmenswert und an den stillen Reserven des Betriebs gäbe es im Fall einer Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses auch nicht.
Unsere Einschätzung
Mitarbeiterbeteiligungen bieten Möglichkeiten der Gestaltung. Damit wird zum Beispiel die Ausprägung der Mitunternehmerinitiative gesteuert. Unternehmen sollten gut überlegen, welche Stimm- und Widerspruchsrecht sie dem oder der Mitarbeitenden zugestehen wollen. Wenn das feststeht, sollten steuerliche Konsequenzen geprüft werden. Die aktuelle Entscheidung zeigt, dass eine intensive Auseinandersetzung mit dem Vertragswerk geboten ist. Wollen Sie Ihre Mitarbeiter:innen am Firmengewinn beteiligen und haben Fragen dazu? Sprechen Sie uns gerne an!