13. Dezember 2024
Neuregelung des § 20 UmwStG bringt klare Regeln für Buchwertansätze bei Einbringungen
Inhaltsverzeichnis
Der Bundesrat hat mit Zustimmung zum Jahressteuergesetz 2024 vom 22.11.2024 auch die Einführung von § 20 Abs. 2 Satz 5 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) freigegeben. Der neue Satz 5
„Das eingebrachte Betriebsvermögen im Sinne von Satz 2 Nummer 2 und 4 sowie Satz 4 ermittelt sich unter Berücksichtigung der Entnahmen und Einlagen im Sinne des Absatzes 5 Satz 2.“
bringt Klarheit bezüglich der bisher kontrovers diskutierten Behandlung von Einlagen und Entnahmen im Rückwirkungszeitraum bei Einbringungen. Dieser Beitrag beantwortet zentrale Fragen zur neuen Regelung und beleuchtet die praktischen Auswirkungen für Unternehmen.
20 Abs. 2 UmwStG: Auswirkungen auf die Besteuerung von eingebrachtem Betriebsvermögen
Der Hauptzweck des neuen Satzes 5 in § 20 Abs. 2 UmwStG besteht darin, negative Anschaffungskosten gesetzlich auszuschließen und dadurch stille Reserven mindestens im Umfang eines etwaigen negativen Kapitals zum steuerlichen Übertragungsstichtag aufzudecken. Dies bedeutet, dass im Rahmen von § 20 UmwStG eingebrachtes Betriebsvermögen (Einzelunternehmen, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile) nicht mehr mit seinem Buchwert angesetzt werden darf, wenn aufgrund von Entnahmen im Rückwirkungszeitraum negatives Betriebsvermögen bzw. Kapitalkonto entsteht. Stattdessen müssen die Buchwerte so aufgestockt werden, dass ein negativer Wert vermieden wird. Der Gesetzgeber möchte mit dieser Änderung die seitens der Finanzverwaltung angenommene ursprüngliche Intention des Gesetzes sicherstellen und den Konflikt zwischen anderslautender BFH-Rechtsprechung sowie Kommentarliteratur und der Finanzverwaltung beseitigen.
BFH und Finanzverwaltung legen § 20 UmwStG unterschiedlich aus
Auffassung der Finanzverwaltung
Nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG darf das eingebrachte Betriebsvermögen zwar grundsätzlich negativ sein, in entsprechender Höhe ist jedoch eine Buchwertfortführung ausgeschlossen, sodass stille Reserven grundsätzlich aufzudecken sind. Dies ist unstreitig.
Gemäß § 20 Abs. 5 Sätze 1 bis 3 UmwStG ist das übergehende Vermögen auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zu ermitteln. Zur Vermeidung von verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen sind davon nicht Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum betroffen. Diese sollen sich stattdessen mindernd und erhöhend auf die Anschaffungskosten der Geschäftsanteile auswirken.
Die Finanzverwaltung legt das Gesetz jedoch bisher so aus, dass entsprechende Entnahmen und Einlagen auch für Zwecke der Ermittlung des Betriebsvermögens im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG zu berücksichtigen sind. Das bedeutet, dass ein positives Kapital durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum negativ werden konnte bzw. Ein negatives Kapital sich noch erhöht. Entsprechend sollten nach Auffassung der Finanzverwaltung in solchen Fällen stets stille Reserven aufgedeckt werden, bis das Kapital nicht mehr negativ war.
Eine in letzter Zeit wahrnehmbare zunehmende Aufweichung der bisher restriktiv gehandhabten Auffassung seitens der Finanzverwaltung wird nun durch die Gesetzesänderung beendet.
Auffassung des Bundesfinanzhofs zu § 20 UmwStG
Die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) weicht von der Auffassung der Finanzverwaltung ab. Nach dem Urteil vom 7. März 2018 (BFH I R 12/16) konnten negative Anschaffungskosten entstehen, wenn diese auf Entnahmen im Rückwirkungszeitraum zurückzuführen waren. Eine Auswirkung auf das Betriebsvermögen gem. § 20 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG solle sich danach nicht ergeben.
Entnahmen und Einlagen müssen im Rückwirkungszeitraum berücksichtigt werden
Mit der Neuregelung wird erstmals gesetzlich festgelegt, dass Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum zwingend bei der Ermittlung des Werts des Betriebsvermögens im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG zu berücksichtigen sind. Entnahmeüberhänge im Rückwirkungszeitraum können also zu negativem Betriebsvermögen führen. In diesem Fall wären stille Reserven anteilig aufzudecken.
Bewertung des Betriebsvermögens: Präzision im Rückwirkungszeitraum
Die Änderung beeinflusst unmittelbar die Bewertung des Betriebsvermögens. Der Ansatz eines Zwischenwertes wird in Fällen erforderlich, in denen Entnahmen im Rückwirkungszeitraum zu negativen Betriebsvermögen führen. Dies bedeutet, dass der steuerliche Rückwirkungszeitraum nun noch sorgfältiger dokumentiert werden muss, insbesondere in Bezug auf die Einlagen- und Entnahmetransaktionen.
Neuregelung des § 20 UmwStG: Praktische Auswirkungen für Unternehmen
Die Gesetzesänderung hat weitreichende Konsequenzen für die steuerliche Planung und Bewertung bei Umwandlungen. Unternehmen müssen künftig Folgendes beachten:
- Höhere steuerliche Belastung: Durch die erforderliche Aufstockung der Buchwerte können nicht kalkulierte Steuerbelastungen entstehen.
- Erhöhte Planungskomplexität: Die Berücksichtigung von Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum erfordert eine frühzeitige und präzise Analyse und Dokumentation.
- Risikominimierung durch frühzeitige Planung: Unternehmen sollten ihre Umwandlungsstrategie prüfen lassen, um potenziell nachteilige steuerliche Effekte zu vermeiden.
Die Einführung des § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG schafft Klarheit und beseitigt Unsicherheiten in der Praxis. Gleichzeitig erhöht sich die Komplexität der steuerlichen Planung, insbesondere bei Einbringungen mit relevanten Entnahmen im Rückwirkungszeitraum. Unternehmen sind gut beraten, frühzeitig die steuerlichen Auswirkungen zu prüfen und eine optimale Strategie zu entwickeln.
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Vermerk: Bitte beachten Sie, dass in diesem Dokument bei den durch Gesetze festgeschriebenen Begriffen auf das Gendern verzichtet wird, um die juristische Präzision und Klarheit zu wahren. In allen anderen Textteilen wird eine gendergerechte Sprache verwendet, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern.