17. Februar 2023
Praxisformen für Ärztinnen und Ärzte: Medizinisches Versorgungszentrum – Teil 1
Nächstes Kapitel der Reihe zu den Praxisformen. Das medizinische Versorgungszentrum MVZ ist eine gängige Praxisform für Ärzt:innen. Die Gründung ist seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der GKV (01.01.2004) möglich. Es handelt sich um eine Organisationsform im Rahmen der ambulanten ärztlichen Versorgung. Dieser Beitrag wird in zwei Teilen veröffentlicht.
Ursprünglich handelte es sich beim MVZ um einen Zusammenschluss von Ärzt:innen unterschiedlicher Fachgruppen. Seit 2015 sind auch die Gründung fachgruppengleicher MVZ als Zusammenschluss mehrerer Ärzt:innen gleicher Fachrichtungen möglich. Im privatärztlichen Bereich ist eine MVZ-Gründung ausgeschlossen, da es sich um ein Konstrukt der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) handelt.
Wer kann ein MVZ gründen?
Diese Berufsgruppen können ein MVZ gründen:
- zugelassene Ärzt:innen bzw. Psychotherapeut:innen
- zugelassene Krankenhäuser
- Erbringer:innen nichtärztlicher Dialyseleistungen
Welche Rechtsform darf ein MVZ haben?
Grundsätzlich kann ein medizinisches Versorgungszentrum in jeder Rechtsform betrieben werden, die für Ärzt:innen zulässig ist. Das sind:
- Personengesellschaften: Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder Partnerschaftsgesellschaften (PartG)
- Kapitalgesellschaften: Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Aktiengesellschaft (AG)
Bei den Kapitalgesellschaften müssen die Gesellschafter-Ärzt:innen eine selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung abgeben. Sie haften gegenüber Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigung mit ihrem Privatvermögen. Im Regelfall wird ein MVZ in Form einer GbR oder einer GmbH betrieben, die MVZ-GmbHs überwiegen.
MVZ: Das bedeutet Angestellten- und Vertragsarztvarianten organisatorisch
Sowohl beim medizinischen Versorgungszentrum in Form einer Personen- als auch in Form einer Kapitalgesellschaft wird nach der Angestellten- und Vertragsarztvariante unterschieden:
Personengesellschaft-MVZ (MVZ-GbR):
In der Angestelltenvariante überträgt der Vertragsarzt oder die Vertragsärztin die Zulassung im Zuge der Gründung auf das MVZ und ist dort fortan als angestellte:r Arzt oder Ärztin tätig.
In der Vertragsarztvariante wird die bisherige Einzelpraxis gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten in die MVZ-Personengesellschaft eingebracht. Die Kassenzulassung geht jedoch nicht mit über.
Kapitalgesellschaft-MVZ (MVZ-GmbH):
In der Angestelltenvariante überträgt der Vertragsarzt bzw. die Vertragsärztin die Zulassung im Zuge der Gründung auf die MVZ-GmbH und ist dort fortan als angestellter Arzt bzw. angestellte Ärztin tätig.
In der Vertragsarztvariante wird die Zulassung nicht auf die MVZ-GmbH übertragen, sondern verbleibt beim Vertragsarzt.
Jedes MVZ braucht eine ärztliche Leitung
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass ein medizinisches Versorgungszentrum zwingend durch eine Ärztin bzw. einen Arzt geleitet werden muss. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V kann es sich bei dem oder der Leiter:in entweder um eine:n angestellte:n Ärzt:in oder eine:n Vertragsarzt bzw. Vertragsärztin handeln, der bzw. die selbst auch im MVZ praktiziert. Die Leitung des MVZ ist weisungsfrei und verantwortlich für die ärztliche Steuerung der Betriebsabläufe in fachlich-medizinischer Hinsicht. Bei einem fachübergreifenden MVZ ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die administrativen und organisatorischen Aufgaben werden in der Regel zentral von nichtärztlichem Personal, wie etwa von einem bzw. einer Praxismanager:in, erledigt.
MVZ: Die Stempeltheorie gilt für die Anstellung von Ärzt:innen
Grundsätzlich ist die Beschäftigung einer unbegrenzten Anzahl von angestellten Ärzt:innen in einem MVZ möglich. Ein MVZ in Form einer Personengesellschaft, wie zum Beispiel einer GbR, muss die sogenannte Stempeltheorie beachten, wonach die Gesellschafter:innen des MVZ ihre angestellten Ärzt:innen fachlich leiten und überwachen. In den Augen der Finanzverwaltung ist das ab einer zunehmenden Anzahl von angestellten Ärzt:innen nicht mehr möglich. Dann ist die Stempeltheorie nicht mehr erfüllt und das Finanzamt versagt die Freiberuflichkeit der gesamten MVZ-GbR. Die MVZ-GbR wird dann als Gewerbebetrieb eingestuft und der gesamte im MVZ erzielte Gewinn unterliegt der Gewerbesteuer. Bei angestellten Ärzt:innen muss es sich zudem um fachidentische Gesellschafter:innen Ärzt:innen handeln, da ansonsten keine Überwachung möglich ist. Bei einer Kapitalgesellschaft-MVZ (MVZ-GmbH) ist die Einhaltung der Stempeltheorie unerheblich, da sie ohnehin gewerbliche Einkünfte erzielt.
Wie funktionieren Buchführung und Gewinnermittlung in einem MVZ?
Auch bei Buchführung und Gewinnermittlung wird nach der Rechtsform des MVZ unterschieden:
Für Personengesellschaften-MVZ (MVZ-GbR) besteht keine Pflicht zur Buchführung, sondern lediglich zur Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle in der Praxis. Allerdings empfiehlt sich eine freiwillige Buchführung aus Praktikabilitätsgründen. Die Gewinnermittlung erfolgt im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). Hierbei gilt das Zufluss- und Abfluss-Prinzip. Praxiseinnahmen stellen in dem Zeitpunkt eine Einnahme dar, in dem der Zahlungseingang erfolgt ist, und Praxisausgaben stellen in dem Zeitpunkt eine Ausgabe dar, in dem sie geleistet werden.
Kapitalgesellschaft-MVZ (MVZ-GmbH) sind zur doppelten Buchführung und Bilanzierung verpflichtet. Sie müssen einen Jahresabschluss aus Bilanz sowie Gewinn-und-Verlust-Rechnung aufstellen. Die Bilanz muss zudem im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Das Zufluss- und Abfluss-Prinzip greift hier nicht. Praxiseinnahmen gelten nach Abschluss der Behandlung als erbracht, ungeachtet vom Zeitpunkt der Fakturierung und Begleichung der Rechnung. Bei den Praxisausgaben kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Rechnungsbegleichung, sondern auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Zugehörigkeit an.
Erfahren Sie im zweiten Teil mehr über die steuerrechtlichen Eigenschaften eines MVZ, seine Vor und Nachteile und die Unterschiede zwischen MVZ und BAG.