Sozialversicherung - Ist jede Dienstreise ins Ausland eine Entsendung?
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23. November 2023

Sozialversicherung – Ist jede Dienstreise ins Ausland eine Entsendung?

Eine kurze Antwort auf die Frage, ob jede Dienstreise ins Ausland eine Entsendung ist, gibt es leider nicht. Vielmehr erfordert diese Frage eine detaillierte Prüfung arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Aspekte. Diese sollten Arbeitgeber:innen bei Dienstreisen ins Ausland von Mitarbeitenden auf keinen Fall außer Acht lassen. Hier erfahren Sie alles, was Sie über Dienstreisen und Entsendungen wissen müssen.

Wie sind Dienstreisen und Entsendungen definiert?

Das Bundesreisekostengesetz bezeichnet gemäß § 2 Dienstreisen als Reisen, die zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststätte erfolgen. Im internationalen Kontext sucht man vergeblich nach einer einheitlichen Definition der Entsendung. Verschiedene Regelungen zur Entsendung finden sich zwar im Sozialgesetzbuch IV, in der EU-Verordnung 883/2004 sowie in zahlreichen Doppelbesteuerungs- und Sozialversicherungsabkommen. Der Gesetzgeber gibt jedoch keine konkreten zeitlichen Mindestanforderungen an eine Entsendung. 

Entsendungstypen

In der Praxis haben sich zwei Typen der Entsendung etabliert.

Eine kurzzeitige Entsendung erstreckt sich üblicherweise auf 3 bis 12, teilweise 18 Monate, während eine langfristige Entsendung bei einer Dauer von 12 bis 60 Monaten angenommen wird.

Dienstreisen

Davon zu unterscheiden sind Dienstreisen von bis zu 90 Tagen. Trotz dieser Kategorisierung wäre es ein Trugschluss, Entsendungsvorschriften bei Dienstreisen von bis zu 90 Tagen im Ausland zu ignorieren.

So können die sozialversicherungsrechtlichen Folgen einer Entsendung schon an Tag eins eintreten. Arbeitsrechtliche Konsequenzen bezüglich des anwendbaren Rechts tauchen erst nach einer gewissen Dauer im Ausland auf. Auch aus steuerlicher Sicht dürfen die Beteiligten die 183-Tage-Regelung nicht aus den Augen verlieren.

Beispielsweise muss der/die entsandte Mitarbeitende bei einer dreitägigen Dienstreise nach Spanien schon über eine A1-Bescheinigung über die Zugehörigkeit zur deutschen Sozialversicherung verfügen. Er/Sie muss diese bei einer Kontrolle im EU-Ausland vorlegen können. Spanisches Arbeitsrecht findet hier noch keine Anwendung.

Was ist eine A1-Bescheinigung? Und wie beantrage ich sie?

Die A1-Bescheinigung dient als Nachweis für den/die Beschäftigte:n, dass er/sie in seinem/ihrem Heimatland sozialversichert ist. Hierdurch wird verhindert, dass doppelte Sozialversicherungsbeiträge  gezahlt werden. Die A1-Bescheinigung gilt innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums sowie der Schweiz. 

Die Beantragung der A1-Bescheinigung erfolgt grundsätzlich über die Lohnabrechnungssoftware des/der Arbeitgeber:in oder über die Eingabe ins SV-Meldeportal (ehemals sv.net). Wo die A1-Bescheinigung beantragt wird, hängt davon ab, wie der/die betroffene Mitarbeiter:in krankenversichert ist. Bei gesetzlich krankenversicherten Mitarbeiter:innen erfolgt die Beantragung bei der zuständigen Krankenkasse. Bei privat Versicherten erfolgt die Beantragung über die deutsche Rentenversicherung. 

Wann beginnt und wo endet die Dienstreise?

Der Beginn einer Dienstreise ist die Abfahrt vom Dienst- oder Wohnort. Die Rückkehr an den Dienst- oder Wohnort zum Schluss der Reise bildet das Ende. Die notwendigen Fahrzeiten zählen als Arbeitszeit. Während der Dienstreise fällt die Zeit unter Arbeitszeit, die für geschäftliche Angelegenheiten aufgewendet wird. Für Arbeitnehmer:innen ist es grundsätzlich zumutbar, eine Dienstreise ab 06:00 Uhr anzutreten und sie bis 24:00 Uhr zu beenden.

Unsere Einschätzung

Um die Herausforderungen von Entsendungen und Dienstreisen ins Ausland zu meistern, bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtung des Einzelfalls. Rückschlüsse aus pauschalen Aussagen, ohne Bezug zu anderen Rechtsgebieten zu ziehen, kann zu erheblichen Problemen führen. Bei der Planung Ihrer kommenden Mitarbeitereinsätze im Ausland begleiten wir Sie gerne.

 

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