5. Oktober 2023
Steuerbefreiung eines Familienheims nur für das tatsächlich bebaute Flurstück
Inhaltsverzeichnis
Das Finanzgericht Niedersachsen hat in einem Urteil die Steuerbefreiung für Familienheime eingeschränkt. Die Steuerbefreiung gilt für die Grundstücksfläche des tatsächlich mit dem Familienheim bebauten Flurstücks. Das Urteil weicht von der im Gesetzeswortlaut beschriebenen Betrachtung der wirtschaftlichen Einheit ab, die auch mehrere Flurstücke zusammenfassen könnte. Die Fakten zum Thema und wie das Urteil begründet wird, erfahren Sie hier.
Was sagt §13 Erbschaftsteuergesetz?
Aus finanzieller Sicht können Erbfälle aufgrund einer daraus resultierenden hohen erbschaftsteuerlichen Belastung erhebliche Folgen für die Erwerber:innen haben. Damit ein gemeinsamer familiärer Lebensraum nicht zur Begleichung der Erbschaftssteuer veräußert werden muss, sieht das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) im § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG eine Steuerbefreiung im Erbfall vor, sofern ein Kind in das bisherige Familienheim der/des Erblasser:in einzieht. Bei Kindern ist die Steuerbefreiung bis max. 200 qm Wohnfläche nur bei Erwerben von Todes wegen anzuwenden. Dies ist eine Folge des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes des gemeinsamen familiären Lebensraumes. Das FG Niedersachsen hat nun in einem Urteil vom 12.07.2023 den Umfang der Steuerbefreiung zunehmend restriktiv definiert.
Was ist ein Familienheim?
Ein begünstigtes Familienheim liegt vor, soweit die/der Erblasser:in bis zu ihrem/seinem Tod eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Es ist allerdings in äußersten Ausnahmefällen unschädlich, wenn die/der Erblasser:in aus objektiv zwingenden Gründen, zum Beispiel bei Pflegebedürftigkeit, an der Selbstnutzung gehindert war. Um die Voraussetzungen der Begünstigung als Familienheim zu erfüllen, müssen auch die Erwerber in der erworbenen Wohnung unverzüglich eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aufnehmen.
Befreiung von der Erbschaftssteuer des Familienheims nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ist der Erwerb von Todes wegen eines
- im Inland,
- einem Mitgliedstaat der Europäischen Union
- oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen,
nach den oben genannten Grundsätzen begünstigten Familienheims durch Kinder der/des Erblasser:in steuerfrei, sofern es von diesen als Familienheim fortgeführt wird. Die Steuerbefreiung ist jedoch auf eine Wohnfläche von 200 qm begrenzt.
13 Erbschaftsteuergesetz: Grundstücksfläche
Fraglich war, ob es für die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG auf die zivilrechtliche oder auf die bewertungsrechtliche Grundstücksdefinition ankommt. Zivilrechtlich beschreibt ein Grundstück einen vermessenen, im Liegenschaftskataster bezeichneten Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als ein Grundstück eingetragen ist. Aus Sicht des Bewertungsgesetzes wird auf die wirtschaftliche Einheit, mit möglicherweise mehreren Flurstücken, abgestellt, die sich nach der Verkehrsanschauung bestimmt. Die Frage ist hier: Wie wird mit Familienheimen verfahren, dessen Grund und Boden sich über mehrere Flurstücke erstreckt?
13 Erbschaftsteuergesetz: Welche Fläche ist für die Steuerbefreiung maßgebend?
Das Finanzgericht Niedersachsen hat nun entschieden, dass für die Steuerbefreiung weder auf die zivilrechtliche, noch auf die bewertungsrechtliche Grundstücksfläche abgestellt werden kann. Stattdessen wird die Steuerbefreiung nur für die Grundfläche des tatsächlich mit dem Familienheim bebauten Flurstücks gewährt. Bei größeren Flurstücken wird die Steuerbefreiung nur für eine Teilfläche von diesem einen Flurstück gewährt.
Das FG begründet seine Entscheidung damit, dass der Grundstückseigentümer oder die Grundstückseigentümerin anderenfalls die Möglichkeit hätte, durch die Betrachtung von nebeneinanderliegenden Flurstücken als eine wirtschaftliche Einheit Einfluss auf den Umfang der Steuerbefreiung zu nehmen. Auch die bewertungsrechtliche Sichtweise könne nicht zu einem der Gesetzesbegründung entsprechenden Ergebnis führen. Dadurch würden auch selbständige, nicht unmittelbar als Wohnraum genutzte Flurstücke der Steuerbefreiung unterliegen. Der Gesetzeszweck hingegen sieht nur den Schutz des gemeinsamen familiären Lebensraumes vor. Das Finanzgericht führte weiter aus, dass auch im Fall eines Familienheims auf einem einzigen sehr großen Flurstück die Steuerbefreiung nur für eine Teilfläche zu gewähren ist.
Unsere Einschätzung
Die Begrenzung der Steuerbefreiung auf die Grundfläche des tatsächlich mit dem Familienheim bebauten Grundstücks weicht von der im Gesetzeswortlaut beschriebenen Betrachtung der wirtschaftlichen Einheit ab. Sie ist eine verschärfende Einschränkung der Familienheimbefreiung. Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof in der Revision entscheidet. Bisherige Urteile zur Familienheimbefreiung an Ehepartner, zu Lebenszeiten oder von Todes wegen, als auch an Kinder von Todes wegen, sind jedoch restriktiv geurteilt worden. Wir halten Sie über den Fortgang auf dem Laufenden.
Bei Fragen steht Ihnen Akram Juja gerne zur Verfügung.