Steuerliche Veränderungen durch das Wachstumschancengesetz
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30. August 2023

Steuerliche Veränderungen durch das Wachstumschancengesetz

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Das Wachstumschancengesetz soll die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie und geopolitischer Spannungen mildern und den unternehmerischen Wachstumsgeist stärken. Welche steuerlichen Vereinfachungsregelungen das Gesetz vorsieht und wie die Investitionsprämie für Klimaschutz funktioniert, erfahren Sie hier.

Wachstumschancengesetz: Investitionsprämie für Klimaschutz

Die Klimaschutz-Investitionsprämie ist als einfache und gewinnunabhängige Steuerprämie vorgesehen. Im Gesetzentwurf wird sie ab 2024 Unternehmen gewährt, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die Prämie soll planbar sein, da Unternehmen bei Erfüllung der Voraussetzungen einen festen Anspruch darauf haben. Der Prämiensatz beträgt 15 Prozent der beantragten Bemessungsgrundlage von maximal 200 Millionen Euro. Das bedeutet eine maximale Prämie von 30 Millionen Euro. Die Investitionsprämie ergänzt die bestehende Umwelt- und Klimaschutzförderung.

Was ist durch die Investitionsprämie förderfähig?

Förderfähig sind Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Die Kosten pro Wirtschaftsgut müssen mindestens 10.000 Euro betragen. Ausgenommen sind Investitionen in Kraft-Wärme-Kopplung, Fernwärme/-kälte und Energieanlagen, die fossile Brennstoffe einsetzen. Die Wirtschaftsgüter müssen in ein Einsparkonzept eingebunden sein, die Energieeffizienz verbessern und fast ausschließlich betrieblich genutzt werden.

Wer erstellt Einsparkonzepte für die Investitionsprämie?

Das Einsparkonzept muss von einem bzw. einer zertifizierten externen Energieberater:in oder einem/einer betrieblichen Energiemanager:in erstellt werden. Die Investitionen müssen vor dem 1. Januar 2028 begonnen und abgeschlossen worden sein oder es müssen Teilherstellungskosten entstanden oder Anzahlungen geleistet worden sein.

Welche Fristen gelten bei der Investitionsprämie?

Unternehmen müssen den Antrag auf Investitionsprämie unabhängig von der Steuererklärung bis spätestens 31. Dezember 2029 beim Finanzamt stellen. Die Bemessungsgrundlage pro Antrag liegt bei mindestens 50.000 Euro. Pro Antragsteller:in können maximal zwei Anträge im Förderzeitraum gestellt werden. Die Auszahlung der Investitionsprämie erfolgt innerhalb eines Monats nach Erhalt des Prämienbescheids.

Das Wachstumschancengesetz revolutioniert die Zinsschranke

Der Gesetzesentwurf sieht auch eine Reform der Zinsschranke gemäß § 4h EStG vor. Die bisherige Schwelle von drei Millionen Euro für Nettozinsaufwendungen wird durch einen Freibetrag ersetzt. Während der Freibetrag sich in Einzelfällen positiv auswirkt, kann sich aufgrund der zukünftigen Gruppenbetrachtung auch eine schlechtere Darstellung für Konzerne ergeben. Der Begriff der Zinsaufwendungen und Zinserträge wird weiter definiert.

Eine Ausnahme von der Zinsschranke setzt für die Finanzierung langfristiger öffentlicher Infrastrukturprojekte ein. Diese Änderungen bei der Zinsschranke sollen ab 2024 gelten.

Zusätzlich soll dann zur Zinsschranke eine Zinshöhenschranke kommen, die nur auf Zinsaufwendungen bei Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen anwendbar ist. Zinsen über einem bestimmten Höchstsatz sind dann nicht mehr abzugsfähig. Eine Substanzausnahme gilt für Gläubiger:innen mit wesentlicher wirtschaftlicher Tätigkeit im Wohnsitzstaat.

Wachstumschancengesetz: Optimierung des Verlustabzuges

Im Sinne der Flexibilität dehnt das BMF den Zeitraum für den rücktragbaren Verlust bei Einkommens- und Körperschaftssteuer von derzeit zwei auf drei Jahre aus. Der maximale Betrag für einen solchen Verlustrücktrag beläuft sich dauerhaft auf zehn Millionen Euro (bzw. 20 Millionen Euro bei gemeinsamer Besteuerung). Das gilt unabhängig von der bisherigen Begrenzung für Verluste, die Unternehmen zwischen 2020 und 2023 erwirtschaften. Für den Bereich der Gewerbesteuer bleibt der Verlustrücktrag weiterhin nicht zulässig.

Die sogenannte Mindestgewinnbesteuerung, die die Verrechnung von Verlustvorträgen mit aktuellen Jahresgewinnen einschränkt, soll in den Veranlagungszeiträumen von 2024 bis 2027 ausgesetzt werden. In diesen Zeiträumen wird es voraussichtlich keine Begrenzung für die Verlustverrechnung geben. 

Ab 2028 wird die Mindestbesteuerung nur für den Gesamtbetrag der Einkünfte über zehn Millionen Euro (bzw. 20 Millionen Euro bei gemeinsamer Besteuerung) wiedereingeführt und damit zum bisher geltenden Betrag von einer Million Euro (bzw. zwei Millionen Euro bei gemeinsamer Besteuerung) deutlich erhöht. Analog wird auch die beschränkte Verlustverrechnung bei der Gewerbesteuer in den Erhebungszeiträumen von 2024 bis 2027 ausgesetzt und danach auf maximal zehn Millionen Euro angehoben.

Vereinfachte Abschreibungsregeln im Wachstumschancengesetz

Aktuell ist es möglich, die Kosten für geringwertige Wirtschaftsgüter vollständig im Jahr der Anschaffung oder Herstellung abzusetzen, wenn sie den Betrag von 800 Euro nicht überschreiten. Zukünftig ist vorgesehen, diesen Betrag auf 1.000 Euro zu erhöhen.

Für bewegliche Wirtschaftsgüter im Anlagevermögen besteht momentan die Möglichkeit, einen Sammelposten zu bilden, sofern die jeweiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zwischen 250 Euro und 1.000 Euro liegen. Geplant ist eine Anpassung dieser Grenze auf 5.000 Euro und eine Verkürzung der Auflösungsdauer des Sammelpostens von fünf Jahren auf drei Jahre. Wirtschaftsgüter, die in einem Sammelposten zusammengefasst sind, müssen nicht separat erfasst werden, sondern lediglich in der Buchhaltung vermerkt werden.

Diese neuen Regelungen sollen für Wirtschaftsgüter gelten, die Unternehmen nach dem 31. Dezember 2023 anschaffen.

Des Weiteren erlaubt die derzeitige Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 5 EStG eine Abschreibung von bis zu 20 Prozent der Investitionskosten und gilt für Betriebe, die im Jahr vor der Investition nicht mehr als 200.000 Euro Gewinn erzielen. In Zukunft soll es möglich sein, bis zu 50 Prozent der Investitionskosten als Sonderabschreibung geltend zu machen.

Auch diese Änderung soll Anschaffungen von Wirtschaftsgütern betreffen, die nach dem 31. Dezember 2023 getätigt werden.

Unsere Einschätzung:

Die Klimaschutz-Investitionsprämie bietet Unternehmen eine attraktive Möglichkeit für umweltfreundliche Investitionen und gleichzeitig eine fixe Prämie von bis zu 30 Millionen Euro. Durch klare Kriterien und den Fokus auf Energieeffizienz fördert sie nachhaltiges Wachstum, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und schafft einen weiteren Anreiz für die Verbesserung der internen Energieeffizienz. Vereinfachte Abschreibungsregelungen entlasten Unternehmer:innen und Behörden. Wir begrüßen die Aussetzung der Mindestbesteuerung, denn so werden Unternehmen, die aus einer Krise kommen in erfolgreichen Jahren nicht zusätzlich belastet.

Wenn Sie Fragen zum Wachstumschancengesetz haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Julian Heesemann

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für die Umstrukturierung von Unternehmen (IFU /ISM gGmbH), Diplom-Finanzwirt, LL.M.

Sven Spindelmann

Dipl. Finanzwirt, Steuerassistent

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