Der Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) – Möglichkeiten und Voraussetzungen
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20. August 2024

Der Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV)

Kategorien: Rechtsberatung

Für viele Arbeitnehmer:innen stellt sich mit zunehmendem Alter die Frage, ob es einen Weg zurück in die gesetzliche Krankenkasse (GKV) gibt. Schließlich sind die Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse auch in der Rente einkommensabhängig, während die – vereinfacht gesagt- risikoabhängigen Beiträge zur privaten Krankenkasse (PKV) erheblich steigen können. 

Ein beliebiger Wechsel von der PKV in die GKV ist nach den gesetzlichen Regelungen daher ausgeschlossen. Eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung ist in der Regel nur dann möglich, wenn wieder Versicherungspflicht in der GKV eintritt. 

Wann liegt Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse vor?

Die gesetzliche Krankenversicherungspflicht nach § 5 SGB V gilt für verschiedene Gruppen von Personen, darunter nicht nur Beschäftigte, sondern u.a. auch Arbeitslose, Rentner:innen sowie Studierende, sofern sie ein Entgelt erhalten. Bei Arbeitnehmer:innen besteht GKV-Versicherungspflicht, wenn das Bruttojahresgehalt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in Höhe von 69.300,00€ (2024) nicht mehr überschreitet.  

Sind alle Arbeitnehmer:innen betroffen?

Nicht bei allen Personen tritt bei Unterschreitung der Jahresentgeltgrenze Versicherungspflicht in der GKV ein. Die betroffene Person muss außerdem in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Ob ein solches Beschäftigungsverhältnis vorliegt, muss im Einzelfall geprüft werden. Angestellte Arbeitnehmer:innen sind in aller Regel abhängig beschäftigt. Aber wie sieht das bei Geschäftsführern, Gesellschaftern und Gesellschafter-Geschäftsführern aus? 

Auch angestellte Geschäftsführer, die weder Anteile am Stammkapital halten noch über eine umfassende Sperrminorität verfügen, sind regelmäßig abhängig beschäftigt. 

Gesellschafter-Geschäftsführer sind hingegen nur dann abhängig beschäftigt, wenn sie nicht die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen. Diese Einflussmöglichkeit liegt in der Regel vor, wenn sie mehr als 50 % der Anteile am Stammkapital als Mehrheitsgesellschafter halten. Ist der betroffene Geschäftsführer kein Mehrheitsgesellschafter, ist die Rechtsmacht ausnahmsweise trotzdem anzunehmen, wenn er genau 50 % der Anteile am Stammkapital hält oder bei einer noch geringeren Kapitalbeteiligung.  

Bei Gesellschaftern, die zwar im Unternehmen tätig sind, aber nicht Geschäftsführer sind, kann hingegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis angenommen werden, wenn sie wie gewöhnliche Arbeitnehmer:innen weisungsgebunden beschäftigt werden und das Stimmrecht in der Gesellschaft weniger als 50% beträgt. 

Wie können abhängig Beschäftigte in die GKV wechseln?

Abhängig Beschäftigte können einen Wechsel in die GKV herbeiführen, wenn durch eine vorübergehende Entgeltminderung die Versicherungspflicht eintritt. Hierzu muss insbesondere die Jahresentgeltgrenze unterschritten werden und die Minderung mindestens 3 Monate anhalten. Die Minderung des Entgelts lässt sich z.B. durch Reduzierung der Arbeitszeit oder Entgeltumwandlung als betriebliche Altersvorsorge erreichen. Ist die Änderung des Entgelts nur vorübergehend, muss nach der Rückkehr zu den ursprünglichen Einkommensverhältnissen die Versicherungspflicht erneut beurteilt werden. Ergibt diese Beurteilung, dass die Jahresarbeitsentgeltgrenze wieder überschritten wird, endet die Versicherungspflicht frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres.  

Auch Arbeitslosigkeit führt zur Versicherungspflicht in der GKV.

Ein weiterer, jedoch komplizierterer Weg ist ein Wechsel infolge eines mindestens 12-monatigen Auslandsaufenthalts. In vielen europäischen Ländern gilt eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse. Nach dem Auslandsaufenthalt bestünde dann die Möglichkeit, von der ausländischen gesetzlichen Krankenkasse in die deutsche gesetzliche Krankenkasse zu wechseln. 

Mit Nachweis einer Pflichtversicherung besteht gegenüber der privaten Krankenversicherung ein Sonderkündigungsrecht zum Beginn der Pflichtversicherung.

Was gilt für Selbstständige, die in die GKV wechseln wollen?

Selbstständige können zwar grundsätzlich freiwillig in der GKV versichert sein, ein Wechsel von der PKV in die GKV gestaltet sich jedoch schwieriger. 

Eine Möglichkeit bietet die Ausübung der Selbstständigkeit im Nebenberuf, neben einer abhängigen Beschäftigung im Hauptberuf. Der Verdienst im Anstellungsverhältnis muss dabei mehr als 520 Euro monatlich betragen, darf die Entgeltgrenze jedoch nicht übersteigen. Damit die abhängige Beschäftigung auch tatsächlich der Hauptberuf ist, muss dieser den Hauptteil der Einnahmen und Arbeitszeit ausmachen. 

Bei Geschäftsaufgabe ist außerdem die Rückkehr über die Familienversicherung des Ehegatten möglich. 

Krankenversicherung ab 55: Ist ein Wechsel noch möglich?

Die gesetzlichen Strukturen sollen verhindern, dass Arbeitnehmer:innen während der Erwerbstätigkeit zunächst von den günstigen PKV-Beiträgen und im Alter dann von den günstigen GKV-Beiträgen profitieren.  

Daher gelten die beschriebenen Rückkehr-Möglichkeiten nicht für Personen, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und in den letzten fünf Jahren nicht gesetzlich versichert waren. Auch gelten diese Möglichkeiten nicht für Personen, die mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder hauptberuflich selbstständig waren. 

In diesen Fällen ist ein Wechsel fast nur noch über die Familienversicherung des Lebens- oder Ehepartners möglich. Voraussetzung ist dabei aktuell, dass der Ehegatte gesetzlich krankenversichert ist und die Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 SGB IV nicht überschritten wird. Das Monatseinkommen der Person über 55 Jahren darf 505 € nicht übersteigen oder mit einem Minijob maximal 538 € betragen. Rentner:innen können diese Grenze insbesondere unterschreiten, indem sie vorübergehend von einer Voll- auf eine Teilrente wechseln. Wenn dann wieder die Vollrente beantragt wird, bleibt der gesetzliche Versicherungsschutz bestehen. Dieses Spezialmodell kann derzeit für den Wechsel in jede gesetzliche Krankenkasse angewendet werden. 

Unsere Einschätzung

Informieren Sie sich rechtzeitig bei Ihrer privaten Krankenkasse, ob Sie schon in jungen Jahren regelmäßige Ausgleichszahlungen für die Beiträge im Alter leisten können. So können Sie gegebenenfalls die steigenden Beiträge in der Rente abfedern. 

Sollten Sie einen Wechsel von der PKV in die GKV anstreben, sollte dies vor Vollendung des 55. Lebensjahres in entsprechender Gestaltung des Arbeitsverhältnisses oder der Selbstständigkeit geschehen. Wenn Sie weitere Fragen zu dem Thema haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an Rechtsanwältin Julia Brey. 

Vermerk: Bitte beachten Sie, dass in diesem Dokument bei den durch Gesetze festgeschriebenen Begriffen auf das Gendern verzichtet wird, um die juristische Präzision und Klarheit zu wahren. In allen anderen Textteilen wird eine gendergerechte Sprache verwendet, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern.  

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