Die Fortführungsklausel im Gesellschaftsvertrag einer GbR 
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6. Mai 2025

Die Fortführungsklausel im Gesellschaftsvertrag einer GbR

Kategorien: Rechtsberatung

Inhaltsverzeichnis

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist eine weit verbreitete Rechtsform für kleinere Unternehmen und Personenzusammenschlüsse in Deutschland. Ihre einfache Gründung und flexible Gestaltung machen sie besonders attraktiv.  

Doch gerade im Hinblick auf Veränderungen im Gesellschafterbestand stellt sich oft die Frage, was mit der Gesellschaft passiert, wenn ein Gesellschafter ausscheidet oder verstirbt. Die sogenannte Fortführungsklausel spielt dabei eine entscheidende Rolle, da die Frage der Fortführung nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters erhebliche rechtliche Unsicherheiten mit sich bringen kann.  

Warum hat sich die Rechtslage zur Fortführung einer GbR geändert? 

Mit der Reform des Personengesellschaftsrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) zum 1. Januar 2024 hat sich auch die Rechtslage zur Fortführung der GbR nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters verändert.  

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29. Oktober 2024 (Az. II ZR 222/21) konkretisiert nun die Bedeutung von Fortführungsklauseln und verdeutlicht, dass deren individuelle Formulierung entscheidend für den Fortbestand der Gesellschaft sein kann.  

Was ist der Sinn von Fortführungsklauseln in einer GbR? 

Die Fortführungsklausel regelt, was mit der GbR passiert, wenn ein Gesellschafter ausscheidet – sei es durch Kündigung, Tod oder aus anderen Gründen. Ohne eine solche Regelung führte das Ausscheiden eines Gesellschafters nach alter Rechtslage (§ 727 BGB a.F.) in der Regel zur Auflösung der Gesellschaft.  

Seit dem MoPeG gilt jedoch eine neue gesetzliche Regelung: Eine GbR besteht mit den verbleibenden Gesellschaftern fort, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht. Das bedeutet, dass eine ausdrückliche Fortführungsklausel grundsätzlich nicht mehr zwingend erforderlich ist.  

Auslegung einer Fortführungsklausel im Gesellschaftervertrag: Worüber hatte der BGH zu entscheiden? 

In der Entscheidung vom 29.10.2024 (Az. II ZR 222/21) hatte der BGH über die Frage zu entscheiden, ob das Vermögen einer GbR nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters auf den letzten verbleibenden Gesellschafter übergeht. Entscheidend dabei war die Auslegung einer Fortführungsklausel im Gesellschaftervertrag.  

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um eine Anwaltssozietät in Form einer GbR. Der Kläger und der Streithelfer hatten die Gesellschaft gegründet. Der Gesellschaftsvertrag enthielt eine Fortführungsklausel, nach der die Gesellschaft bei Ausscheiden eines Gesellschafters von den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt werden könne, wenn mindestens zwei Gesellschafter verbleiben und diese die Fortführung beschließen.  

Warum hat der BGH das Urteil des Kammergerichts in der Frage der Gesamtrechtsnachfolge der GbR aufgehoben?

Der Streithelfer kündigte seine Mitgliedschaft zum Ende des Jahres 2017. Kurz vor seinem Ausscheiden widerrief er die zuvor erteilte Alleinverfügungsberechtigung des verbleibenden Gesellschafters über die Sozietätskonten bei der Bank. Der verbleibende Gesellschafter verlangte daraufhin von der Bank, die Konten auf ihn als alleinigen Verfügungsberechtigten und Gesamtrechtsnachfolger der GbR umzuschreiben – die Bank verweigerte dies, was zur Klage führte. Während das Landgericht die Klage abwies, entschied das Kammergericht zugunsten des Klägers und erkannte ihn als Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft an.  

Der BGH hingegen hob dieses Urteil auf und stellte klar, dass die Fortführungsklausel des Gesellschaftsvertrages der Sozietät ausdrücklich voraussetze, dass mindestens zwei Gesellschafter verbleiben müssen, damit die Gesellschaft fortbesteht. Durch Auslegung der Fortführungsklausel lasse sich nicht ermitteln, dass die Fortführung durch den letztverbleibenden Gesellschafter erfolgen könne.  

Aus diesem Grund könne auch nicht angenommen werden, dass das Gesellschaftsvermögen auf den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger übergegangen sei.  

Maßgeblich ist die Privatautonomie der Gesellschafter: Was sind die Folgen des Urteils für Ihre GbR? 

Das Urteil des BGH unterstreicht, dass das Schicksal einer GbR nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters entscheidend von der konkreten Formulierung der Fortführungsklausel abhängt. Grundsätzlich gilt zwar, dass das Gesellschaftsvermögen beim Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters auf den letzten Gesellschafter übergeht. Allerdings hat der BGH klargestellt, dass die Privatautonomie der Gesellschafter hier eine entscheidende Rolle spielt. Es kommt darauf an, welche Regelung die Gesellschafter bei Vertragsabschluss tatsächlich gewollt und vereinbart haben.  

Bestehende GbRs sind gut beraten, ihre Gesellschaftsverträge zu überprüfen und sicherzustellen, dass die Fortführungsklausel klar definiert, was im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters passieren soll. Insbesondere ist zu regeln, ob die Gesellschaft auch mit nur einem verbleibenden Gesellschafter fortbestehen soll oder ob sie in diesem Fall automatisch endet. Eine unpräzise oder unbedachte Formulierung kann dazu führen, dass eine Gesellschaft entgegen der Absicht der Gesellschafter aufgelöst wird.   

Wie Sie Risiken vermeiden und die Fortführung Ihrer GbR gewährleisten:Unsere Einschätzung 

Wer auf eine langfristige Fortführung der GbR angewiesen ist, sollte daher sorgfältig prüfen, ob der bestehende Gesellschaftsvertrag entsprechend ausgestaltet oder ob eine Anpassung erforderlich ist. Eine unklare oder ungünstige Formulierung kann unbeabsichtigt dazu führen, dass die Gesellschaft vorzeitig endet.  

Um die Auflösung einer GbR zu vermeiden beziehungsweise ihren sicheren Fortbestand zu gewährleisten, sollten Sie sich bei Unsicherheiten rechtlichen Rat einholen. Sie haben Fragen zur Fortführung Ihrer GbR oder zur Gestaltung Ihres Gesellschaftsvertrages? Unsere Expertin Paola Koudela unterstützt Sie bei all Ihren Anliegen. Nehmen Sie einfach Kontakt auf.  

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Paola Koudela

Associate Partnerin, Rechtsanwältin

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