
21. Mai 2025
Die Zulässigkeit des Einsatzes von WhatsApp bei Gesellschafterbeschlussfassungen
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine virtuelle Gesellschafterversammlung?
- Wann ist eine virtuelle Gesellschafterversammlung rechtlich zulässig?
- Wie kann eine virtuelle Gesellschafterversammlung durchgeführt werden?
- Wer muss der Durchführung einer virtuellen Gesellschafterversammlung zustimmen?
- Wie erfolgt die Einladung zu einer virtuellen Gesellschafterversammlung?
- Welche Herausforderungen können bei virtuellen Gesellschafterversammlungen auftreten?
- Wie wird das Protokoll einer virtuellen Gesellschafterversammlung erstellt und verteilt?
- Unsere Einschätzung
Die Zulässigkeit des Einsatzes von WhatsApp bei der Beschlussfassung von Gesellschaftern hängt von den gesetzlichen Vorgaben und den Regelungen im Gesellschaftsvertrag ab. Grundsätzlich werden Beschlüsse der Gesellschafter in Versammlungen gefasst, die auch fernmündlich oder mittels Videokommunikation abgehalten werden können, wenn sämtliche Gesellschafter sich damit in Textform einverstanden erklären oder der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Regelung vorsieht.
Was ist eine virtuelle Gesellschafterversammlung?
Die Frage der Zulässigkeit virtueller Gesellschafterversammlungen ist von der Art der Beschlussfassung zu unterscheiden. Eine virtuelle Gesellschafterversammlung ist eine Versammlung der Gesellschafter, die nicht physisch an einem Ort stattfindet, sondern über elektronische Kommunikationsmittel abgehalten wird. Diese Form der Versammlung ermöglicht es den Gesellschaftern, ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen, ohne physisch anwesend sein zu müssen.
Maßgeblich ist jedoch nicht, ob die Versammlung physisch oder virtuell durchgeführt wird, sondern auf welchem Weg die Gesellschafterbeschlüsse gefasst werden.
Auch im Rahmen einer Präsenzversammlung können elektronische Hilfsmittel – etwa digitale Abstimmungstools oder Videokonferenzplattformen mit Abstimmungsfunktionen – zur Beschlussfassung eingesetzt werden. Umgekehrt kann eine virtuelle Versammlung klassische Abstimmungsformen beinhalten, etwa das sichtbare Handheben über eine Videokonferenz.
Für die Wirksamkeit der Beschlussfassung ist entscheidend, dass der Gesellschaftsvertrag die gewählte Form der Beschlussfassung zulässt oder eine gesetzliche Grundlage diese ermöglicht. Dabei ist sicherzustellen, dass alle Gesellschafter in gleicher Weise an der Willensbildung teilnehmen können und ihre Mitgliedschaftsrechte – insbesondere Informations- und Mitwirkungsrechte – uneingeschränkt wahrgenommen werden können. Der Gesellschaftsvertrag muss insofern hinreichend bestimmt regeln, in welcher Form Beschlüsse wirksam gefasst werden können.
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Wann ist eine virtuelle Gesellschafterversammlung rechtlich zulässig?
- Gesetzliche Regelungen: Seit der Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) und ergänzt durch das Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG), wurde § 48 GmbHG angepasst. Gesellschafterversammlungen können seitdem nach § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG fernmündlich oder mittels Videokommunikation abgehalten werden, wenn sämtliche Gesellschafter sich damit in Textform einverstanden erklären.
- Satzungsregelung: Der Gesellschaftsvertrag kann die Möglichkeit einer virtuellen Gesellschafterversammlung vorsehen. Diese Regelung muss hinreichend konkret sein und den grundsätzlichen Durchführungsweg der virtuellen Teilnahme beschreiben, um sicherzustellen, dass alle Gesellschafter ihre Informations- und Mitwirkungsrechte wahrnehmen können.
Werden bestimmte rechtliche Rahmenbedingungen und Anforderungen nicht eingehalten, so ist eine virtuelle Gesellschafterbeschlussfassung anfechtbar. Die Anfechtung muss in der Regel innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen und bedarf einer Begründung, warum die Beschlüsse unwirksam sein sollen.
Wie kann eine virtuelle Gesellschafterversammlung durchgeführt werden?
Die virtuelle Versammlung kann über verschiedene Kommunikationsmittel wie Videokonferenzen oder andere digitale Plattformen abgehalten werden. Wichtig ist, dass die Kommunikation so gestaltet ist, dass sie eine vergleichbare Teilnahme wie bei einer physischen Versammlung ermöglicht.
Wer muss der Durchführung einer virtuellen Gesellschafterversammlung zustimmen?
Die Durchführung einer virtuellen Gesellschafterversammlung erfordert in der Regel die Zustimmung der Gesellschafter. Die Zustimmung kann entweder durch eine entsprechende Regelung in der Satzung oder durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung erfolgen.
Wie erfolgt die Einladung zu einer virtuellen Gesellschafterversammlung?
Die Einladung zu einer Gesellschafterversammlung erfolgt in der Regel durch eingeschriebenen Brief, sofern im Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung getroffen wurde. Eine Einladung auf anderem Wege, wie etwa per E-Mail oder über andere elektronische Kommunikationsmittel, setzt eine ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag voraus. Sollte der Gesellschaftsvertrag eine elektronische Einladung zulassen, kann diese in der Regel auf elektronischem Wege erfolgen. Ein Gesellschafter, der keine Einladung auf diesem Weg erhalten möchte, hat jedoch nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf die Möglichkeit, durch Widerspruch und Angabe seiner Postanschrift eine Einladung auf dem Postweg zu erhalten (OLG Düsseldorf Beschl. v. 8.7.2024 – I–3 Wx 69/24).
Welche Herausforderungen können bei virtuellen Gesellschafterversammlungen auftreten?
- Rechtliche Rahmenbedingungen: Die Satzung der Gesellschaft muss die Möglichkeit virtueller Versammlungen vorsehen, oder es muss eine gesetzliche Grundlage bestehen, die solche Versammlungen erlaubt. Ohne eine entsprechende Regelung können rechtliche Unsicherheiten entstehen.
- Technische Anforderungen: Die Bereitstellung der notwendigen technischen Infrastruktur ist entscheidend. Dies umfasst geeignete Plattformen für Videokonferenzen und die Sicherstellung, dass alle Teilnehmer über die erforderlichen technischen Mittel verfügen.
- Identitätsfeststellung: Die Identität der Teilnehmer muss sichergestellt werden, um die Teilnahme nur von berechtigten Personen zu gewährleisten.
- Ermächtigung und Zustimmung: In einigen Fällen ist eine Ermächtigung durch die Gesellschafterversammlung erforderlich, um virtuelle Versammlungen durchzuführen. Dies kann zu organisatorischen Herausforderungen führen.
Wie wird das Protokoll einer virtuellen Gesellschafterversammlung erstellt und verteilt?
Das Protokoll einer virtuellen Gesellschafterversammlung wird in der Regel von einem Protokollführer erstellt, der entweder von den Teilnehmern der Versammlung bestimmt wird oder bereits im Vorfeld festgelegt wurde. Das Protokoll sollte alle wesentlichen Punkte der Versammlung festhalten, einschließlich der gefassten Beschlüsse, der Abstimmungsergebnisse und der Teilnehmer der Versammlung. In der Praxis sind sog. Ergebnisprotokolle üblich, Wortprotokolle werden eher selten verfasst. Das Protokoll dient als formaler Nachweis über Art und Inhalt der Beschlüsse sowie die ordnungsgemäße Beschlussfassung. Das Protokoll muss von den Personen unterschrieben werden, die in der Satzung oder durch Beschluss der Versammlung dazu bestimmt wurden. In der Regel sind dies der Versammlungsleiter und der Protokollführer. Die Verteilung des Protokolls erfolgt in der Regel an alle Gesellschafter. Dies kann elektronisch per E-Mail oder über andere digitale Kommunikationsmittel geschehen, sofern dies in der Satzung vorgesehen ist oder von den Gesellschaftern akzeptiert wird. Die Gesellschafter haben dann die Möglichkeit, Einwendungen gegen die Richtigkeit des Protokolls innerhalb einer bestimmten Frist geltend zu machen.
Unsere Einschätzung
Auf den ersten Blick wirkt die Nutzung von WhatsApp in der GmbH-Kommunikation praktisch: Es ist schnell, unkompliziert, direkt und wird von nahezu allen genutzt.
Allerdings genügt WhatsApp bei genauerem Hinsehen nicht den rechtlichen Anforderungen:
- Nachweisbarkeit: WhatsApp-Nachrichten lassen sich löschen oder manipulieren. Die Beweiskraft ist deutlich geringer als bei einer schriftlichen Beschlussfassungen im sog. Umlaufverfahren oder unter Verwendung spezialisierter Sitzungs-Software.
- Identitätsprüfung: Wie lässt sich sicherstellen, dass die Nachricht tatsächlich vom Gesellschafter stammt? Besonders problematisch wird es, wenn mehrere Personen Zugriff auf ein Endgerät haben.
- Unklare Abstimmungen: Die Kommunikation kann irreführend sein. Beispielsweise kann bei der Verwendung von Emojis nicht immer von einer klaren Willensbekundung ausgegangen werden. Rechtssichere Beschlüsse benötigen eindeutige Ja-/Nein-Formulierungen.
- Datenschutzrisiken: WhatsApp verarbeitet Daten über Server außerhalb der EU. Die Verwendung für geschäftskritische Entscheidungen kann datenschutzrechtlich bedenklich sein.
WhatsApp eignet sich für den informellen Austausch oder vorbereitende Diskussionen zwischen Gesellschaftern. Für wichtige oder streitträchtige Entscheidungen ist der sicherere Weg über formelle digitale oder schriftliche Verfahren dringend zu empfehlen.
Haben Sie Fragen zum Einsatz von WhatsApp bei Gesellschafterbeschlussfassungen oder allgemeine Fragen zum Thema „Virtuelle Gesellschafterversammlungen“? Unsere Experten Paola Koudela und Patrick Bank stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.